Fußball-Bundesliga: Sonntagsspiele:Favre findet es phantastisch

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Mönchengladbach patzt früh, gewinnt dann aber umso eindrucksvoller mit 2:1 gegen Schalke - dem neuen Trainer Lucien Favre fehlen danach fast die Worte. Seinen Stuttgarter Kollegen Bruno Labbadia plagen beim 2:4 in Leverkusen arge Schmerzen.

Lucien Favre hatte Mühe, über den 2:1 (2:1)-Sieg gegen Schalke zu sprechen. Das lag zum einen an der höllischen Lautstärke, verursacht von der Gladbacher Fantribrüne. Zum anderen war das Deutsch des Schweizers in den 511 Tagen seit seiner Demission bei Hertha BSC etwas eingerostet. Also sagte er auf die Frage, was ihm bei seinem Debüt als Trainer von Borussia Mönchengladbach besonders gut gefallen habe: "Das 1:1 und das 2:1. Das war phantastisch!"

Nach 511 Tagen Abstinenz wieder in der Bundesliga an der Seitenlinie: Lucien Favre, neuer Trainer von Borussia Mönchengladbach. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Favre fand ziemlich vieles "phantastisch", und die Gladbacher Fans fanden das auch. Mit dem ersten Heimsieg der Saison hat sich die Borussia zum Einstand des Trainers ein bisschen Luft verschafft, der Rückstand auf den Relegationsplatz der Fußball-Bundesliga beträgt nur noch vier Punkte.

Marco Reus (12. Minute) mit seinem sechsten Saisontor und Mohamadou Idrissou (23.) trafen für die überraschend starken Gastgeber. Vor 51 592 Zuschauern im nicht ganz ausverkauften Borussia-Park hatte der frühere Gladbacher Peer Kluge (2.) mit seinem ersten Bundesliga-Tor überhaupt für Schalke die Gäste früh in Führung gebracht.

Ansonsten enttäuschte die Mannschaft von Trainer Felix Magath fünf Tage nach dem überzeugenden Champions-League-Auftritt beim 1:1 in Valencia und präsentierte sich lustlos und desolat wie zu schlechtesten Zeiten in dieser Saison. Mit der Pleite schwindet beim Tabellenzehnten fast schon die letzte Hoffnung auf Platz fünf und die Qualifikation für das internationale Geschäft.

Das 0:1 durch den Ex-Borussen Kluge schreckte die Gladbacher nur kurz. Vier Minuten nach dem frühen Gegentreffer zwang Idrissou Nationaltorwart Manuel Neuer zu einer Parade (6.), Reus scheiterte kurz darauf an der Latte (7.). Nach der dritten Großchance innerhalb von fünf Minuten durfte der frühere Hertha-Coach Favre dann jubeln: Mit seinem Schuss aus 13 Metern ließ Reus Neuer keine Abwehrchance.

Auf der anderen Seite des Platzes stand wie erwartet Logan Bailly zwischen den Pfosten. Der Belgier war von Michael Frontzeck im Oktober durch Christofer Heimeroth ersetzt worden und zeigte bei seiner Rückkehr eine gute Vorstellung. Bei Kluges Treffer war er machtlos, im weiteren Verlauf der Partie nahezu beschäftigungslos.

Der Tabellenletzte hatte die Hoheit im Mittelfeld, stand - von Dantes Patzer vor dem Gegentor abgesehen - sicher in der Abwehr und entwickelte mit Reus und Idrissou permanent Torgefahr. Die Schalker dagegen waren im Vergleich zum 1:1 beim FC Valencia in der Champions League am vergangenen Dienstag nicht wiederzuerkennen.

Raul bekam kaum Bälle, Klaas-Jan Huntelaar fand wie in den vergangenen zehn Bundesliga-Partien wieder nicht den Weg zum Tor. Das gelang dafür Idrissou nach gut 20 Minuten, als er eine feine Kombination über Filip Daems und Juan Arango gekonnt per Kopf abschloss.

Obwohl Schalke, das nach einer halben Stunde den verletzten Christoph Metzelder durch Joel Matip ersetzen musste, nach dem Wechsel etwas zulegte, blieben die Offensivaktionen viel zu harmlos. Idrissou (54./57.) und Patrick Herrmann (78.) hätten alles klar machen können - Favre musste bis zum Schlusspfiff warten, ehe der Sieg perfekt war. Sein Fazit: "Wir haben sehr gut gespielt. Nur die ersten Minuten waren nicht phantastisch. Der Rest war wunderbar."

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Vier Grad plus zeigte das Thermometer am Sonntagnachmittag in Leverkusen. Das waren 19 Grad mehr als am vergangenen Donnerstag im ukrainischen Charkow, wo die Leverkusener ihr Europa-League-Spiel bei eiskalter Chancenverwertung 4:0 gewonnen hatten; das waren aber auch zehn Grad weniger als in Lissabon, wo die Stuttgarter bei Benfica 1:2 unterlegen gewesen waren.

Ansprechende Leistung, null Punkte: Stuttgarter Tristesse nach dem 2:4 gegen Bayer Leverkusen. (Foto: REUTERS)

Die einen kamen aus der Kälte, die anderen aus der Wärme, und sie trafen sich in der Mitte in Leverkusen, wo die Gastgeber keinen Hitzeschock erlitten und sich gegen die abstiegsbedrohten Schwaben gleich wohlig ins Spiel brachten. Eine Punkteteilung wäre somit logisch und nach dem Spielverlauf auch gerecht gewesen, doch trotz einer ansprechenden Leistung unterlag der VfB durch zwei späte Leverkusener Tor noch 2:4 (1:2). "Das ist sehr, sehr ärgerlich. Das tut weh heute", sagte Trainer Bruno Labbadia.

Nachdem Leverkusens Torwart René Adler in der dritten Minute einen strammen Schuss des Stuttgarter Nationalstürmers Cacau noch mühsam über die Latte hatte lenken müssen, brachte der von Bayer-Trainer Jupp Heynckes diesmal für die Startelf nominierte Stefan Kießling seine Leverkusener in Führung (7.). Die vom Lissabon-Gastspiel namentlich unveränderte VfB-Elf ließ sich von diesem Schock aber nicht irritieren, sie spielte unbeirrt weiter munter mit und kam neun Minuten nach dem Rückstand zum 1:1-Ausgleich - als der Österreicher Martin Harnik einen ansehnlichen Steilpass des Ungarn Tamas Hajnal aus vollem Lauf ins Leverkusener Tor verlängerte.

Ein großer Unterschied war in diesem Duell des Tabellenzweiten mit dem Vorletzten in der ersten Halbzeit nicht zu erkennen. Aber das passiert diesem qualitativ eigentlich hochwertigen VfB derzeit ja häufiger, auch in Portugal hatte man gut ausgesehen und doch verloren. Nur einem feinen Pass von Kapitän Simon Rolfes war es zu verdanken, dass die eher Stückwerk verrichtenden Leverkusener vier Minuten vor der Pause doch wieder in Front gingen: Dem Steilpass von Rolfes auf den flankenden Linksverteidiger Michal Kadlec verdankte Gonzalo Castro jene Hereingabe, die er VfB-Torwart Sven Ulreich erst zur Parade hinschoss, ehe er den zurückprallenden Ball kunstvoll auch noch selbst ins Tor köpfte.

Nun waren wieder die Stuttgarter am Zug, die im Abstiegskampf jeden Punkt bitter benötigen, und tatsächlich gelang Zdravko Kuzmanovic ein wütender Fernschuss, der aus etwa 25 Metern in den linken oberen Winkel des Leverkusener Tores fand - dies aber auch deshalb, weil Adler keine gute Figur machte (52.). Andreas Köpke, der Torwarttrainer der Nationalelf, registrierte das Malheur auf der Tribüne. Leverkusen geriet wegen schludriger Vorträge weiter unter Druck und hatte Glück, als Stuttgarts neuer Japaner Shinji Okazaki hauchdünn am Tor vorbeischoss (57.).

Mit der Hereinnahme von Stürmer Eren Derdiyok für Rechtsverteidiger Daniel Schwaab brachte Heynckes nach einer Stunde einen neuen Impuls. Doch das half zunächst nichts, vielmehr traf Cacau nur eine Minute später den linken Pfosten des Bayer-Tors. Danach tauschte Heynckes sein Mittelfeld aus: Lars Bender kam für den Chilenen Arturo Vidal, für Rolfes schickte er wenig später Michael Ballack aufs Feld, der somit für die restlichen 25 Minuten mitwirken durfte. Mehr Offensivdrang zeigten jedoch die Schwaben, Cacau erzielte sogar ein Tor, doch bei der Flanke stand er recht deutlich im Abseits (72.). Dennoch erstaunten die Leverkusener mit Stellungsfehlern in der Deckung, eigene Angriffe verpufften früh wegen einfacher Abspielfehler.

Doch auf eine Stärke können sich die Leverkusener verlassen, es sind die Standards. Und so resultierte das wegweisende 3:2 folgerichtig aus einem Eckball, dem Innenverteidiger Stefan Reinartz kraftvoll entgegen sprang und auch dank Kuzmanovic' Unachtsamkeit mit der Stirn ins Tor köpfte (81.). Bayer04 musste danach noch mehrfach zittern, ehe Kießling in der Nachspielzeit nach Sidneys Sams feiner Vorarbeit zum 4:2 einschob. "Das war ein wichtiger Sieg mit dem wir unsere Position gefestigt haben. In einer Woche fragt niemand mehr danach, wie er zustande gekommen ist", sagte Kapitän Rolfes.

(Ulrich Hartmann)

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