Fußball-Bundesliga:Der halbe Kuchen bleibt liegen

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Dementieren, dass sie im Clinch lagen: FC-Trainer Peter Stöger (l.) und Manager Jörg Schmadtke. (Foto: Mika Volkmann/imago)

Warum der 1. FC Köln und Jörg Schmadtke sich getrennt haben.

Von Philipp Selldorf, Köln

Der Tag nach der Trennung zwischen dem 1. FC Köln und seinem Sportgeschäftsführer Jörg Schmadtke, 53, war der Tag der Gerüchte und der irrlichternden Hypothesen. Unter anderem hieß es, dass Schmadtke gegangen sei, weil Mitglieder von Vereinsgremien den Trainer Peter Stöger hätten entlassen wollen, was er, Schmadtke, nicht billigen wollte - während andere wiederum zu wissen meinten, er habe den Trainer entlassen wollen, was dann aber der Verein nicht zulassen wollte.

Zwecks Aufklärung fand sich um viertel vor zwölf der Präsident Werner Spinner am Geißbockheim ein. Er verwies auf das lange Gespräch, das er am Montagnachmittag mit Schmadtke geführt hatte. Darin habe der Sportchef "signalisiert, dass er bereit wäre, einen Impuls zu geben, und möglicherweise dadurch etwas zu bewegen". Woraus sich dann die Verabredung zur Vertragsauflösung ergeben habe, als unter diesen unguten Umständen "beste Lösung".

Anhänger des 1. FC Köln machten sich deswegen nicht nur Sorgen, wie es weitergehen soll in der sportlichen Führung des Tabellenletzten. Mancher FC-Fan rechnete auch die vermeintliche Abfindungslast von vielen Millionen Euro zusammen, die nun zwangsläufig das Transferbudget einschränken würde - Schmadtkes Vertrag war bis ins Jahr 2023 datiert. Doch die Vereinbarung enthielt Obergrenzen, die Scheidung wird den Klub finanziell nicht schwer belasten. Zumal die Initiative offenkundig vom Sportchef ausging. Dieser hatte, so heißt es, zwar nicht seine Kündigung auf den Tisch des Besprechungszimmers gelegt, aber die Tendenz zum Rückzug in die Unterhaltung eingeführt. Spinner hatte davon am Montagmorgen noch nichts geahnt. Da saß er noch mit einem Reporter des Kölner Stadt-Anzeiger in einer Bäckerei zusammen und war gerade im Begriff, einen Streuselkuchen zu essen, als er einen Anruf des Finanz-Geschäftsführers Alexander Wehrle erhielt. Weshalb die zweite Hälfte des Streuselkuchens zurückblieb, während Spinner zum Krisen-Treffen mit Wehrle eilte.

Dass Schmadtke getroffen war von der seit Wochen anhaltenden Kritik an seiner Manager-Arbeit und seiner Transferpolitik, das war offensichtlich. Er ist weitaus empfindlicher, als er durch sein manchmal auch ruppiges Auftreten zu erkennen gibt. Als Fans am vorigen Donnerstag nach der 0:1-Niederlage im weißrussischen Borissow seinen Rauswurf forderten, tat er gelassener, als er war. In Wahrheit war er davon überzeugt, dass er das Vertrauen des Kölner Publikums verloren habe. Ob Spinner noch um sein Bleiben gekämpft hat, das hat der Präsident nicht verraten. Fragen der Journalisten wollte er am Geißbockheim nicht beantworten. Auf die neue Situation sei man "nicht vorbereitet" gewesen. Woraus folgt, dass der 1. FC Köln unvermutet zwischen die Extreme geraten ist: So wie der Verein am Ende der vorigen Saison vom Erfolg überrascht wurde, so wird er nun vom Misserfolg überwältigt.

Auch Peter Stöger gehörte nicht zu den Eingeweihten, als Schmadtke über seine Situation in Köln nachdachte. "Es gab kein Gespräch mit Jörg, ich wusste nichts und bin überrascht. Ich hatte auch keinen Kontakt zu ihm. Ich könnte spekulieren, aber das ist nicht meine Stärke", sagte der Trainer. Die Gerüchte über Differenzen mit seinem Chef wies er ebenso zurück, wie das Schmadtke während der vergangenen Tage immer wieder getan hatte. "Die Gerüchte, dass es seit Sommer zwischen Jörg und mir nicht gestimmt haben soll, stimmen nicht", betonte Stöger. Er sei "traurig über diese neue Entwicklung". Viel Zeit zum Bedauern bleibt nicht. Am Mittwoch müssen die Kölner, personell noch geschwächter als am vorigen Sonntag beim 0:0 gegen Bremen, in Berlin zum Pokalspiel antreten. Keine leichte Aufgabe in einer, wie Stöger selbst sagte, "ganz entscheidenden Phase". Am Samstag spielt der FC in Leverkusen.

Wie lange Schmadtke noch an Stöger festgehalten hätte, wird jetzt niemand mehr erfahren. Aber der Druck wird für den Trainer durch den Rückzug des Sportchefs nicht kleiner. Das Sportgeschäft wird derweil in nächster Zukunft der Sportdirektor Jörg Jakobs, 43, übernehmen. Dieser war einst Assistent von Schmadtke bei Alemannia Aachen und bei Hannover 96, ein Jahr vor Schmadtke hatte er als Hauptverantwortlicher die sportliche Arbeit in Köln aufgenommen. Das große Aufräumen nach dem Abstieg 2012 fiel in sein Ressort. Im Sommer 2013 war er es, der die Kontakte zu Peter Stöger knüpfte, der Wechsel nach Köln erforderte damals Überredungskunst: Der Trainer war mit der Wiener Austria gerade österreichischer Meister geworden.

Zuletzt war Jakobs offenbar nicht mehr so eng verbunden mit seinem Kompagnon Schmadtke. Er übernahm die Aufsicht über die Nachwuchsabteilung, die Nachricht über Schmadtkes Rückzug empfing er auf einer Dienstreise in Amerika. Dort erfuhr er dann auch, dass er vorerst an dessen Stelle treten muss - es ist nicht der Job, den sich Jakobs unbedingt gewünscht hat. Zumal im aktuell herrschenden Ausnahmezustand. Ein Nachfolger für Schmadtke werde "mit Sorgfalt" gesucht, sagte Präsident Spinner.

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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