Frauenfußball:Und Korpela hält

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Geschlossene Mannschaftsleistung: Die Frauen des FC Bayern bejubeln den Treffer von Vivianne Miedema, der den glücklichen 1:0-Erfolg im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Paris Saint-Germain sichert. (Foto: Johannes Simon/Getty Images)

Überraschung vor 7300 Zuschauern: Der FC Bayern bezwingt den Favoriten aus Paris im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League 1:0 - auch dank einer überragenden Leistung von Torhüterin Korpela.

Von Anna Dreher

Noch bevor das Spiel angefangen hatte, war klar, dass es eines dieser eher ungewöhnlichen Spiele werden würde. Nicht, dass es solche Szenen vor dem Grünwalder Stadion nicht schon gegeben hätte: Lange Zuschauerschlangen, volle Trambahnen und überall Fans in Trikots und mit Schals, die vorfreudig in alle möglichen Richtungen gestikulierten. Und doch waren diese Szenen besondere, weil sie in dieser Konstellation noch immer selten sind: Vor einem Frauenfußballspiel, diesmal am Donnerstagabend beim Viertelfinale in der Champions League zwischen dem FC Bayern München und Paris Saint-Germain.

Über 5000 Karten waren bereits im Vorfeld verkauft worden, am Ende kamen 7300. Der Verein hatte früh und viel für dieses Spiel geworben - Präsident Uli Hoeneß unter anderem mit Umarmungen für jeden einzelnen Stadiongast, sollten es über 10 000 werden. Dieses stundenlange Drücken blieb dann aus, die Extra-Energie aber, die Münchens Trainer Thomas Wörle sich vor dem Spiel vom Publikum erhofft hatte, war da. Und die paar Minuten, die er seiner Mannschaft geben wollte, um die Nervosität abzulegen, zogen schnell vorbei. Der FC Bayern nahm den Rhythmus des klatschenden und singenden Publikums auf und ging das hohe Tempo von Paris Saint-Germain in einer Intensität von Anfang an mit, die dem Spiel auch nach dem Anpfiff eine besondere Note verlieh - und den Gastgeberinnen den etwas glücklichen 1:0 (0:0)-Sieg im Hinspiel brachte.

"Das ist uns heute nicht leichtgefallen", gestand Wörle nach dem Spiel. "Gegen so eine Top-Mannschaft alles richtig zu machen, ist schwer. Aber wir haben alles rausgeholt, was ging." Nach sechs Minuten hätte die bis vergangene Saison noch in München beschäftigte Verónica Boquete für einen frühen Rückstand ihres ehemaligen Arbeitgebers sorgen können. Die über den ganzen Abend stark geforderte Tinja-Riikka Korpela drückte den Ball gerade noch so über die Latte und wehrte nur zwei Minuten später zwei Chancen der französischen Nationalspielerin Marie-Laure Delie ab. "Paris ist der absolute Favorit, das ist eine der besten drei Mannschaften Europas mit sehr starken, international viel erfahreneren Einzelspielerinnen", hatte Wörle noch vor dem Spiel gesagt. "Wir müssen sie von Beginn an unter Kontrolle bringen, wenn wir eine Chance haben wollen."

"Tini hat heute das Spiel ihres Lebens gemacht", sagt Behringer über ihre Torhüterin

Es gelang. Meistens. Die gefährlicheren Chancen erspielte sich zwar immer wieder Paris, das mit Delie oder der brasilianischen Ausnahmespielerin Cristiane immer wieder Lücken in die Münchner Abwehr trieb, um Korpela zu Höchstleistungen zu zwingen. Die Versuche der Münchnerinnen, von Nicole Rolser (10.), Vivianne Miedema (12.) und dann wieder Rolser (18.) zeigten aber, dass hier eine andere Mannschaft auf dem Platz stand als noch vergangene Woche. Die Vorbereitung auf dieses historische Spiel - noch nie hatten die Fußballerinnen des FC Bayern das Viertelfinale der Champions League erreicht und noch nie waren Vereinspräsident Uli Hoeneß, Männer-Trainer Carlo Ancelotti und dessen Hoffenheimer Pendant Julian Nagelsmann zum Zuschauen vorbei gekommen -, war mit zwei Niederlagen gegen den VfL Wolfsburg in Pokal und Liga nicht gerade planmäßig ausgefallen.

Mit jeder gespielten Minute aber zeigte sich, dass Münchens Fußballerinnen diese Enttäuschungen abgestreift hatten. Der FC Bayern ließ sich vom druckvollen Spiel der Französinnen nicht einschüchtern und hielt auch in den Zweikämpfen so gut dagegen, dass der Champions-League-Finalist von 2015 immer intensiver nach Räumen fahnden musste - und nach 72 Minuten schließlich der Münchner Mannschaft beim Jubeln zuschaute. Korpela hatte gerade wieder eine Chancen vereitelt, da legte Sara Däbritz einen Ball präzise quer auf Miedema, die schnörkellos ins rechte untere Eck traf. Dass die Gäste Paris nicht noch den Ausgleich erzielten, angetrieben von der starken Cristiane, lag immer wieder an Korpela, klar.

"Ich glaube, Tini hat heute das Spiel ihres Lebens gemacht. Was die alles für Bälle rausgefischt hat, war der Wahnsinn", sagte Melanie Behringer: "Wir mussten uns erst an das Tempo gewöhnen, aber am Ende hatten wir den stärkeren Willen." Diese Kulisse, sagte die Kapitänin mit einem Lächeln, sei Wahnsinn gewesen. Am liebsten würde sie alle 7300 Zuschauer nächste Woche nach Paris mitnehmen. Vielleicht hat ja zumindest Uli Hoeneß seine Verfügbarkeit in seinem Kalender geprüft.

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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