Frauenfußball:Kunstrasen-Streit

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Die Weltmeisterinnen aus den USA sagen ein Spiel auf Hawaii kurzfristig ab. Was als Werbetour geplant war, endet im Eklat. Die Fußballerinnen erheben schwere Vorwürfe.

Von Kathrin Steinbichler, Honolulu/München

Die Frauenfußball-Nationalelf der USA hat wenige Stunden vor dem Anpfiff eines Länderspiels am Sonntag auf Hawaii für einen Eklat gesorgt und erstmals eine Partie auf Drängen der Spielerinnen abgesagt - wegen des schlechten Zustands des Kunstrasens im Stadion von Honolulu. "Es ist schwer, weil uns niemand schützen wird, außer wir uns selbst", sagte Stürmerin Alex Morgan dem TV-Sender Fox Sports kurz vor der Absage des Spiels gegen Trinidad und Tobago, das im Rahmen der seit August laufenden, landesweiten Werbetour der Weltmeisterinnen hätte stattfinden sollen. Morgan warf dem US-Verband indirekt vor, die Fußballerinnen nicht ernst zu nehmen. Sie und ihre Kolleginnen seien "in eine sehr schwierige Position gebracht worden, weil wir natürlich vor unseren Fans spielen wollen", sagte die Weltmeisterin, "aber Verletzungen passieren, wenn du dich nicht selbst schützt und wenn du nicht geschützt wirst von denen über dir."

Tags zuvor hatte sich Mittelfeldspielerin Megan Rapinoe beim Training ohne Gegner-Einwirkung einen Kreuzbandriss im rechten Knie zugezogen. Das Training lief zwar auf Naturrasen, Nationaltrainerin Jill Ellis stellte allerdings die Vermutung an, die Verletzung sei passiert, als Rapinoe auf die Plastikplatten getreten sei, die den Trainingsplatz umgeben. Die 30-Jährige fehlt den USA damit in der Olympia-Qualifikation im Frühjahr; ob sie es bis zu den Sommerspielen im August in Rio zurück schafft, ist fraglich. "Die uns zugewiesenen Trainingsplätze und die Spielfläche des Stadions waren schrecklich", sagte Morgan und vertiefte ihre Kritik: "Ich weiß nicht, warum acht oder neun unserer zehn Victory-Tour-Spiele auf Kunstrasen stattfinden müssen, während die Männer in diesem Jahr kein einziges Spiel auf Kunstrasen gespielt haben."

Bei einer Platzbegehung am Samstag hatte Ellis den Offiziellen des US-Verbands ihre Bedenken mitgeteilt. Öffentlich sagte sie später: Ihre Erwartung sei, dass die Platzauswahl nach qualitativen Gesichtspunkten erfolge. "Man muss ihren Auswahlprozess hinterfragen", meinte Ellis, "den verstehe ich wirklich nicht."

Schon die Entscheidung, die WM im Sommer in Kanada komplett auf Kunstrasen spielen zu lassen, hatte für Kritik gesorgt. Eine internationale Gruppe von rund 60 Spielerinnen unter Führung der inzwischen zurückgetretenen Abby Wambach hatte deshalb zunächst gegen den Fußball-Weltverband Fifa geklagt, diese Klage aber nach einer Unterredung mit der Fifa im Januar zurückgezogen.

© SZ vom 07.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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