Frauenfußball:0:6 im Spitzenspiel

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Es sollte eine "Standortbestimmung" werden. Stattdessen geriet das Auswärtsspiel beim Meister und Pokalsieger VfL Wolfsburg für den bisherigen Tabellenführer FC Bayern München zu einem Debakel.

Von Daniel Böldt

Verena Schweers konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Es sprach keine Freude aus diesem Lachen, sondern einfach die pure Ungläubigkeit - und ein Schuss Sarkasmus. Soeben hatte die Linksverteidigerin des FC Bayern München unbedrängt einen Rückpass in Richtung eigenes Tor gespielt. Das Problem: Ihre Torhüterin Manuela Zinsberger hatte sich da, wie es im modernen Torwartspiel üblich ist, bereits neben dem Tor positioniert. Und so kullerte der Ball in dieser 57. Minute in Schritttempo über die Münchner Torlinie. Zinsberger rannte dem Ball zwar noch hinterher, konnte das Gegentor - das vierte an diesem Sonntagnachmittag - aber nicht mehr verhindern.

Es hätte das lang erwartete Topspiel in der Frauenfußball-Bundesliga werden sollen. Zweiter gegen Erster, Meister gegen Vizemeister. Es wurde stattdessen: eine Demonstration der Stärke des amtierenden Meisters und Pokalsiegers VfL Wolfsburg und ein Debakel für den bisherigen Tabellenführer FC Bayern München. 6:0 (2:0) hieß es nach 90 Minuten am dritten Spieltag der Saison. Und das Ergebnis spiegelte die Kräfteverhältnisse an diesem Sonntagnachmittag treffend wieder. Mehr noch: Es fiel sogar noch etwas zu gering aus.

Seine Mannschaft müsse "als Kollektiv gut und harmonisch auftreten", hatte Trainer Thomas Wörle vor dem Spiel noch gefordert und es eine "Standortbestimmung" genannt. Was er dann sah, sprach nicht für einen guten Standort: Es war die wohl schlechteste Leistung der Frauen des FC Bayern in der jungeren Vereinsgeschichte. Keine seiner Spielerinnen erreichte auch nur annähernd Normalform. Stattdessen reihten sich individuelle Fehler aneinander, die die Wolfsburgerinnen konsequent auszunutzen wussten.

Nachdem sich beide Mannschaften zu Beginn noch langsam abtasteten, machte Wolfsburg nach etwa zehn Minuten ernst und ließ die Münchnerinnen fortan kaum noch kontrolliert über die Mittellinie kommen. Den Torreigen eröffnete nach 16 Minuten Ewa Pajor; nachdem sie sich gegen drei Münchnerinnen durchgesetzt hatte, kam sie aus zentraler Position ungedeckt zum Abschluss. Die polnische Nationalspielerin stellte die Bayern-Abwehr immer wieder vor unlösbare Aufgaben. So auch in der 28. Minute: Ihren strammen Schuss konnte Zinsberger diesmal zwar noch abwehren, Dominika Skorvankova stellte sich beim folgenden Klärungsversuch jedoch so ungeschickt an, dass sie die Wolfsburgerin Caroline Hansen von den Beinen holte. Den fälligen Elfmeter verwandelte Pernille Harder sicher (29.).

Was immer Thomas Wörle seiner Mannschaft dann in der Pause mit auf den Weg gegeben hat: Genützt hat es wenig. Neben dem Eigentor von Schweers sorgten Alexandra Popp (55.) und die alles überragende Pajor (73., 89.) für den 6:0-Endstand. Der FC Bayern verzeichnete vor den Augen des Noch-Bundestrainers Horst Hrubesch während des ganzen Spiels nicht eine erwähnenswerte Torchance. Wolfsburg rutscht durch den überraschend klaren Sieg auf Tabellenplatz eins der Frauen-Bundesliga. Der FC Bayern, wie der VfL vor dem Spiel mit fünf Pflichtsiegen aus fünf Spielen, fällt dagegen auf den dritten Platz hinter dem SC Freiburg zurück.

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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