Frankfurt - Mönchengladbach (15.30 Uhr):Der Immerspieler

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Ebenso robust wie durchsetzungsfähig: Frankfurts Rechtsverteidiger Danny da Costa (Mitte) im Luftkampf gegen die Leipziger Yussuf Poulsen (links) und Matheus Cunha. (Foto: Robert Michael/AFP)

Danny da Costa ist aus der Anfangsformation bei Eintracht Frankfurt nicht wegzudenken. Aber auch als Integrationsfigur ist der Rechtsverteidiger inzwischen unverzichtbar.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Danny da Costa hat erst zum Jahreswechsel wieder betont, wie gut aufgehoben sich der Fußballprofi in Frankfurt im Allgemeinen und bei der Eintracht im Besonderen fühlt. Hier eine Multikulti-Metropole, in der Herkunft oder Hautfarbe fürs berufliche Fortkommen in den meisten Branchen unwichtig sind. Dort ein Fußball-Bundesligist, der seit zweieinhalb Jahren unter dem Sportvorstand Fredi Bobic eine extrem internationale Personalpolitik betreibt. Mehrere Jugendspieler hat der Klub mit Profiverträgen ausstatten müssen, um auf das vorgeschriebene Dutzend Lizenzspieler mit deutschem Pass zu kommen.

Das Eintracht-Aufgebot ist ein Schmelztiegel aus 18 Nationen und eine Art Abziehbild des globalisierten Kicker-Betriebs. Der in Neuss geborene da Costa - Sohn eines Angolaners und einer Kongolesin - findet es fast schon ulkig, wie die Kommunikation im Alltag abläuft. Es sei sehr laut und werde viel geschrien. "Der eine auf Serbisch, der andere auf Kroatisch, zwischendurch ruft noch einer auf Französisch oder Spanisch. Wir haben ein sehr interessantes Deutsch in der Kabine", sagt der 25-Jährige.

Da Costa ist in Frankfurt einer der beliebtesten Spieler, unverzichtbare Stammkraft und anerkannt als Frohnatur und Integrationsfigur. Letztere Rolle füllt er zwar nicht so extrovertiert aus wie in der Vorsaison der glamouröse und inzwischen beim FC Barcelona angestellte Kevin-Prince Boateng, aber eine Einladung ins ZDF-Sportstudio bekam Frankfurts Abwehrspieler in der Vorwoche auch deshalb, weil er zu Themen wie Rassismus Stellung bezieht, weil er da aus eigener Erfahrung berichten kann.

Ein Schienbeinbruch gefährdete die Fortsetzung seiner Karriere

Am 18. August 2013 beleidigten Zuschauer den damals zum Zweitligisten FC Ingolstadt ausgeliehenen da Costa in der Partie beim TSV 1860 München. Als die Beschimpfungen und Affenlaute dem Spieler zu viel wurden, beschwerte er sich beim damaligen Schiedsrichter Florian Meyer, das Spiel wurde für eine Durchsage unterbrochen. Der DFB-Kontrollausschuss nahm Ermittlungen auf. Da Costa erhielt viel Lob für seine eindeutigen Reaktionen, zumal er im Nachgang sehr besonnen blieb - und beispielsweise ein generelles Rassismusproblem im deutschen Fußball wie in den 80er Jahren negierte: "Ich glaube, das war ein Einzelfall, das ist so noch nie vorgekommen. Ich kannte so etwas nicht, ich bin ja hier geboren und aufgewachsen", sagte er damals.

In seine Zeit bei den Schanzern fiel auch die Phase, in der seine Karriere nach einem Schienbeinbruch auf der Kippe stand. Ein Neurologe prophezeite ihm, er würde nie mehr auf dem alten Level Fußball spielen können. Denn er konnte die Bewegung seines Fußes nicht mehr steuern, nicht mehr normal zu Fuß gehen, geschweige denn ein Auto lenken. Er brauchte viel Optimismus, um sich aus diesem Tief heraus zu kämpfen - und Mannschaftsärzte, die daran glauben, das Nervensystem über Elektroimpulse ansprechen zu können. Die fast einjährige Zwangspause hat ihn demütiger gemacht. "Ich betrachte es nicht mehr als Selbstverständlichkeit, Woche für Woche Bundesliga zu spielen."

Bisher war er in allen 30 Pflichtspielen der Eintracht in der Startelf

Genau das aber tut der im Sommer 2017 von Bayer Leverkusen an den Main gewechselte Rechtsverteidiger inzwischen. In keinem der bisherigen 30 Pflichtspiele - 21 in der Bundesliga, sieben in der Europa League, eine im Supercup und DFB-Pokal - fehlte die Nummer 24 bislang in der Startelf und ist natürlich auch für das Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach am Sonntag gesetzt. Da gibt einer im Offensivkonzept von Trainer Adi Hütter eine Idealbesetzung, weil beide Außenverteidiger fast wie Flügelstürmer agieren, Antreiber und Absicherung in Personalunion. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die ihn auch für die Nationalmannschaft interessant machen würden, wenn da Costa in der Präzision beim Passspiel und den Flanken noch ein höheres Niveau erreicht - dieses Manko räumt er selbstkritisch ein.

Da Costa spielt auch deshalb die Saison fast ohne Atempause, weil lange die Alternativen fehlten: Der mit einem Knorpelschaden ausgefallene US-Nationalspieler Timothy Chandler trainiert erst seit kurzem wieder, erst am letzten Tag der Transferperiode kamen zwei andere Spieler für diese Position: der Franzose Almamy Touré (AS Monaco) und der Brasilianer Tuta (FC São Paulo). Hütter wechselt seinen Dauerrenner und Dauerbrenner nur selten aus, einmal am 9. November vergangenen Jahres beim Europa-League-Auswärtsspiel bei Apollon Limassol. Da Costa kam damals auf die Idee, sich selbst zu interviewen. Reporter kamen erst gar nicht dazu, die Fragen zu stellen - das erledigte er. Der Dialog ging dann so: "Bin ich froh, dass wir eine Runde weiter sind? Ja. Finde ich es cool, dass die Fans uns so unterstützen? Ja, das finde ich sehr cool." In Windeseile verbreitete sich die Sequenz über die sozialen Netzwerke. Kürzlich bekam der Aushilfsentertainer da Costa dafür sogar einen Comedy-Preis. Seine Erklärung? "Mir hilft es, dass ich bei vielen Dingen auch über mich selbst lachen kann. Wenn man fast jede Woche vor 50.000 Fans spielt, von vielen Menschen beurteilt wird und jede Bewegung auseinandergenommen wird, muss man sich schon hin und wieder auf die Schippe nehmen können." Den Humor habe er übrigens von seiner Mutter.

Da Costa kam bereits mit acht Jahren in die Jugendabteilung von Bayer Leverkusen, ging auf ein für Sportförderung spezialisiertes Gymnasium, wo er auch sein Abitur machte. Bereits am 16. Dezember 2010 debütierte er im Europapokal gegen Atlético Madrid für die Werkself. Als einen seiner wichtigsten Förderer nennt er bis heute Peter Hermann, den Co-Trainer des FC Bayern, der damals mit Jupp Heynckes unter dem Bayer-Kreuz arbeitete. An die Gespräche nach den Zusatzschichten erinnert sich da Costa bis heute so gut, dass er dieselben Ratschläge inzwischen an die jüngeren Spieler bei der Eintracht weitergibt.

© SZ vom 17.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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