Frankenderby:Stabile Seitenlage

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Trost nach Schlusspfiff: Jens Keller versucht, den verhinderten Helden Iuri Medeiros wieder aufzubauen. (Foto: Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Jens Keller gelingt es im Frankenderby in Fürth, dem 1. FC Nürnberg die Ängstlichkeit zu nehmen. Beim 0:0 trauern beide Teams den verpassten Chancen nach.

Von Thomas Gröbner

Nürnbergs neuer Trainer Jens Keller gilt als einer, der schnell helfen kann, gerade einer Mannschaft, deren Spiel vorne und hinten krankt. Und er hat in dem zuvor vereinslosen Felix Dornebusch im Tor auch jemanden dazu bekommen, der sich ebenfalls als Ersthelfer auszeichnen sollte. Die Situation in Nürnberg war ja angespannt vor diesem Frankenderby in Fürth, acht Gegentore in den letzten zwei Spielen hatten die Mannschaft durchgeschüttelt, auch deshalb hat es diese zwei Männer nun zum Club geführt. Das 0:0 am Sonntag durften die Nürnberger immerhin als stabile Seitenlage werten.

Dabei hatte es lange danach ausgesehen, als würde die Nürnberger auch unter Keller weiter ein Patient bleiben. "Klar, dann ist die Brust nicht so breit. Man hat Angst vor Fehlern und weicht zurück", sagte der Neue. Fürth erdrückte die Nürnberger zeitweise, hatte in der ersten Hälfte fast 70 Prozent Ballbesitz. "Da hat man gemerkt, dass die Mannschaft nicht richtig stabil ist, dass sie verunsichert ist", sagte Keller. Die Ausnahme: Der neue Torhüter Dornebusch, 25, zuletzt ohne Verein und Wettkampfpraxis. Er strahlte die Ruhe aus, die seine Vorderleute nicht hatten.

Vorne hatte Keller auf den schnellen Nikola Dovedan gesetzt, einen der Lieblingsschüler seines Vorgängers Damir Canadi, der an der Seite des massiven Schweizers Michael Frey aber unsichtbar blieb. Kellers Plan, mit langen Bällen auf den wuchtigen Frey Löcher in den Verbund der Fürther zu reißen, ging zunächst nicht auf. Die SpVgg war ballsicherer und wirkte reifer. Der Kniff mit Seguin, der sich zwischen die Innenverteidigung fallen ließ und den Spielaufbau besorgte, ging in der ersten Hälfte auf, Nürnberg verlor den Faden.

Mavraj fragt sich, ob Hrgota "ganz Nürnberg ausdribbeln" will

Sein Team habe "Eindruck beim Gegner gemacht", stellte Fürths Trainer Stefan Leitl fest. "Aber wenn du so spielst, dann muss am Ende auch etwas rauskommen." Und so ging es nach dem Spiel viel um das Wort "Belohnung". Ob es die Mannschaft zu schön machen wollte? "Vielleicht", sagte Leitl nach dem Spiel, der dann meinte, man müsse sich eben mit dem 0:0 begnügen. Fürths Abwehrmann Mergim Mavraj hatte da schon einen andere These vertreten: "Wir sind an einem Punkt angelangt, dass wir uns mit einem 0:0 nicht mehr zufrieden geben." Man müsse nach der Belohnung, nach dem Tor "lechzen", forderte er.

Er hat wohl damit auch Branimir Hrgota gemeint: "Ich weiß nicht, will er ganz Nürnberg ausdribbeln? Wir müssen viel mehr aufs Tor schießen." Tatsächlich verzettelte sich Fürths Angreifer ein ums andere Mal.

In der Halbzeit hatte Keller die Ängstlichkeit seiner Spieler angesprochen - und "sie haben dann die Läufe gemacht, die ich mir vorstelle". Nun spielten der Club so, wie sich das seine Anhänger gewünscht hatten, von denen über 1000 zum Abschlusstraining gepilgert waren. "Das war selbst für mich beeindruckend - ich war in Schalke, da hatte ich das auch, aber nicht in diesem Ausmaß", sagte Keller.

Von der Rivalität auf den Rängen war auf dem Rasen wenig zu spüren, nur Mavraj legte sich mit der halben Nürnberger Mannschaft an. "Hat Spaß gemacht", lachte er danach. Der Fürther Abwehrmann war zuletzt verletzt ausgefallen und witterte gezielte Attacken gegen seine lädierte Schulter: "Alle haben es versucht, Dovedan, Frey auch." Und trotzdem ging es sonst gelassen zu auf dem Platz: "Es sind wenige gestandene Männer da, auf beiden Seiten." Die neue Generation sei eben auf andere Dinge spezialisiert, nicht auf den "Infight", den Mavraj so gut beherrscht.

Nur am Ende wäre dieses 265. Frankenderby fast noch gekippt, erst in die eine, dann in die andere Richtung. Erst verhinderte Nürnbergs Stürmer Frey im eigenen Strafraum mit einem Fallrückzieher ein spätes Tor des eingewechselten Fürthers Jamie Leweling; im Gegenzug spielte der ebenfalls neu gekommene Fabian Schleusener einen Pass in die Gasse - aber Iuri Medeiros versagten die Nerven. "Es ist ein sensibler Spieler, die Mannschaft hat ihn in der Kabine aufgerichtet", berichtete Keller danach. Es wird in der nächsten Wochen noch mehr Aufbauarbeit auf den Trainer warten.

© SZ vom 25.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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