Gesichter der Leichtathletik-WM:Der Weltmeister-Macher

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Das Beweisfoto: Storls Fuß steht gerade nicht auf der Begrenzung. (Foto: REUTERS)

Kugelstoßer David Storl muss bei der Leichtathletik-WM in Moskau zittern, ehe die Kampfrichter seinen entscheidenden Versuch gelten lassen. Die Beweisfotos liefert ein Fotograf. Sein Name: Kai Pfaffenbach.

Von Johannes Mitterer

Es war spät geworden im Moskauer Luschniki Stadion, als bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft das Finale im Kugelstoßen der Männer stattfand. Als sich die deutsche Medaillenhoffnung David Storl gerade für seinen vierten und entscheidenden Versuch fertigmachte, beschloss Kai Pfaffenbach, der für die Nachrichtenagentur Reuters Fotos von der Leichtathletik-Weltmeisterschaften macht, noch einmal einen Perspektivenwechsel. Und schießt ein paar folgenreiche Bilder. "Ich habe mich kurzfristig entschieden, eine andere Fotoposition zu nehmen, von der Seite, von wo der ganze Körper drauf ist", sagte Pfaffenbach später im Interview mit der ARD.

Dass der Fotograf plötzlich selbst in den Fokus der Kameras gerückt war, lag daran, dass er mit seinen Aufnahmen Kugelstoßer Storl gerade zur Goldmedaille verholfen hatte. Denn die Kampfrichter hatten den entscheidenden Versuch des Chemnitzers zunächst als ungültig gewertet, weil sie glaubten, er habe übertreten. Doch Storl protestierte vehement, und Pfaffenbach lieferte kurzerhand die Beweisfotos. Nach einer 20-sekündigen Beratung zogen die russischen Wettkampfrichter die Entscheidung zurück, die 21,73 Meter zählten. Storl wurde Weltmeister.

Seit fast 20 Jahren ist Pfaffenbach für Reuters im Einsatz, seine Fotos gehen um die Welt. Er stand bei der Fußball-Europameisterschaft 2012 hinter dem Tor, als Mario Balotelli mit seinem Doppelpack die deutschen Titelhoffnungen beerdigte. Er knipste vom Rand der Bahn, als Usain Bolt die 200 Meter mit 19,19 Sekunden in Weltrekordzeit meisterte. Doch nicht nur bei Sportevents ist Pfaffenbach unterwegs, als Kriegsfotograf reiste er beispielsweise nach Afghanistan und in den Irak. Sein Foto von einem Erdbeben in der Türkei landete einst auf dem Cover des Time-Magazins.

Derart in den Mittelpunkt rückte Pfaffenbach aber selten, der Dank des neuen Kugelstoß-Weltmeisters war ihm dafür sicher. "Er hat sich ganz herzlich bei mir bedankt und in den Arm genommen", sagte der Fotograf über die Reaktion Storls. Er habe den Chemnitzer schon bei der WM in Daegu und bei den Olympischen Spielen in London fotografiert, die beiden kannten sich bereits. "Das war bestimmt das Verrückteste bei der Leichtathletik, in das ich selbst involviert war", sagte Pfaffenbach.

Der Beweis: Pfaffenbach (vorne) zeigt seine Bilder. (Foto: dpa)

Als Gefallen für einen alten Bekannten wollte er sein Einschreiten aber nicht einordnen. "Ich hätte die Bilder bei jedem anderen Athleten auch hergezeigt."

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