Fortuna Düsseldorf:Wunder­tüte mit Tor­garant

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Dynamisch, routiniert, gut: Torjäger Rouwen Hennings. (Foto: Sascha Steinbach/Getty)

Düsseldorf kann mit einem Sieg bei Union auch ohne Schützenhilfe des Erzrivalen Köln die Relegation sichern - der Trumpf der Fortuna ist der Stürmer Rouwen Hennings.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Auf Köln vertrauen? Da muss der Trainer Uwe Rösler lachen. Dieser Reflex folgt dem Klischee der rheinischen Rivalität: Köln und Düsseldorf - das ist eine ebenso historische wie erfrischende Daueranimosität. Während Röslers Fortuna nächsten Samstag bei Union Berlin antritt, gastiert der 1. FC Köln bei Werder Bremen. Spielt Düsseldorf in Berlin unentschieden, muss Bremen gegen den FC hoch gewinnen, um noch die Relegation zu erreichen und Düsseldorf in die zweite Liga zu schicken. Gewinnt Düsseldorf jedoch in Berlin, dann kann sich Werder strecken, wie es will, dann spielt die Fortuna in der Relegation, und Bremen steigt ab. Insofern wäre die Fortuna von der Kölner Gemütslage nächsten Samstag unabhängig. "Selbst ist der Mann", sagt Rösler daher mit einer Kernigkeit, die gut in die Werbung für einen Baumarkt passen würde.

Es ist jedenfalls eine aussichtsreiche Perspektive, dass die Fortuna am übernächsten Donnerstag im eigenen Stadion das Relegations-Hinspiel gegen den noch unbekannten Dritten der zweiten Liga bestreiten darf. Dann würde der Düsseldorfer Stadtteil Stockum endgültig zum sommerlichen Erlebniszentrum. Die Arena und der Aquazoo sind hier dauerhaft beheimatet, doch wegen Corona unterhält man zusätzlich auf dem Arena-Parkplatz ein Autokino und baut zwischen den Messehallen eine Kirmes auf. Die Stimmung in der Stadt allerdings wird entscheidend vom Ausgang der Fußballsaison geprägt. Drei Spiele bleiben als Hoffnung, um auch eine dritte Saison nacheinander in der Bundesliga verbleiben zu dürfen. Drei Jahre Bundesliga am Stück, das gab es in Düsseldorf zuletzt von 1989 bis 1992.

Beim mauen 1:1 gegen Augsburg fehlt der Fortuna die Frische. Doch auch diesmal trifft Hennings

"So bleibt jetzt wenigstens der Fokus geschärft", sagte am Samstag Torjäger Rouwen Hennings beim Versuch, dem mauen und etwas unbefriedigenden 1:1-Unentschieden gegen Augsburg etwas Positives abzugewinnen. Damit, das meinte Hennings, stehe aber fest, dass sich die Fortuna, die mit einem Sieg den direkten Abstieg bereits verhindert hätte, auch in Berlin noch mal richtig anstrengen wird. Der 32-jährige Hennings hält die Fortuna mit seinen Treffern am Leben. Seinen 15. hat er zum 1:1 gegen Augsburg erzielt, das ist nahezu die Hälfte der 36 Düsseldorfer Saisontreffer. Damit hat es Hennings auch bis auf Platz fünf der Bundesliga-Torschützenliste geschafft.

Hennings ist ein Torgarant, doch die Fortuna ist eine Wundertüte. Wie in den roten Tütchen mit den Panini-Klebebildern anlässlich des 125. Jubiläums des Vereins weiß man nie, was man bekommt. Von den 14 Ligaspielen unter dem neuen Trainer Rösler sind neun unentschieden ausgegangen. Langweilig war es dabei nie, auch nicht gegen Augsburg. Das vermeintliche Führungstor durch Hennings (6.) wurde zurückgenommen, weil Fortunas Kaan Ayhan zuvor den Ball mit der Hand touchiert hatte, sich selbst allerdings beschwerte, dabei geschubst worden zu sein. Das 0:1 durch Augsburgs Florian Niederlechner (10.) glich Hennings früh (25.) zum Endstand aus. "Heute hat uns die Frische gefehlt", sagte der neue Fortuna-Sportdirektor Uwe Klein, der den kürzlich verabschiedeten Lutz Pfannenstiel ersetzt hat, "aber die Jungs glauben weiter daran."

Bei 16 dieser gläubigen Jungs läuft nächste Woche der Vertrag aus. Am 30. Juni enden turnusgemäß Fußballerpapiere, doch wegen Corona verzögert sich die Relegation bis in den Juli hinein. Müsste Düsseldorf also mit Ersatz- und Nachwuchsspielern antreten? Nein. Mit allen fraglichen Fußballern - und bei den Leihspielern mit den zuständigen Klubs - wurde eine kurze Vertragsverlängerung vereinbart, erklärt ein Fortuna-Sprecher. Das Relegationsrückspiel wäre am 6. Juli, es geht also nur um sechs Tage. Alles Weitere klärt man, wenn die künftige Liga bekannt ist.

Gemessen daran, dass so viele Spieler nicht wissen, wie es danach weitergeht, geht es um viel. An die Relegation hat man in Düsseldorf immerhin beste Erinnerungen. 2012 besiegte die Fortuna als Zweitligist den Bundesligisten Hertha BSC. Damals stürmten die Fans Sekunden vor dem Abpfiff das Spielfeld. Diesmal wären keine Zuschauer erlaubt.

© SZ vom 22.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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