Fortuna Düsseldorf:Eine Stadt leidet

Lesezeit: 2 min

In Düsseldorf nicht mehr unumstritten: Trainer Frank Kramer. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Die traditions- und ruhmreiche Fortuna aus Düsseldorf zittert um den Klassenerhalt in der zweiten Liga. Der Rückhalt für Trainer Frank Kramer schwindet.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

"Sportstadt", diesen stolzen Titel hat sich Düsseldorf einst selbst gegeben mit dem Vorhaben, 2012 die Olympischen Spiele auszurichten. Doch daran scheiterte man schon im frühen Bewerbungsstadium, zu Beginn des Jahrtausends. Heute haben die Sportinteressierten vor Ort ganz andere Sorgen. Die Sportstadt leidet.

Die Eishockeyfans der Düsseldorfer EG träumen vergangenen Meistertiteln nach, die Tischtennisfans sehnen die Genesung des verletzten Helden Timo Boll herbei und die Fußballfans zittern um den Klassenerhalt ihrer Fortuna - in der zweiten Liga. Dass neben dem Fußballstadion in der Messehalle im Frühjahr 2017 die Tischtennis-Weltmeisterschaft ausgetragen wird, dass im selben Sommer in der Stadt möglicherweise die Tour de France startet, tröstet sie nur wenig. Fortuna Düsseldorf ist und bleibt das sportliche Aushängeschild der nordrhein-westfälischen Hauptstadt. Derzeit ist die Fortuna aber auch ein Verein mit schwindender Anziehungskraft. Wenn die Geschichte vom ehemaligen Profi Christoph Metzelder stimmt, hat man ihn kürzlich gefragt, ob er nicht Vorstandsvorsitzender bei der Fortuna werden wolle. Er hatte kein Interesse.

Es gibt kaum Anzeichen dafür, dass Fortunas Fußball bald attraktiver wird

Dies ist eine Geschichte, die den gegenwärtigen Zustand der traditions- und ruhmreichen Fortuna beschreibt. Die andere erzählt die Tabelle, in der Düsseldorf anstatt um den Aufstieg mitzuspielen im Keller kauert. Beim 1:1 gegen Schlusslicht MSV Duisburg zeigte die Fortuna zum wiederholten Male eine maue Leistung, auch wenn Vorstandssprecher und Schatzmeister Paul Jäger hernach sagte, er tendiere weiterhin dazu, Trainer Frank Kramer behalten zu wollen. Kramer goutiert diese Ansicht und schließt aus, selbst hinzuwerfen. Weshalb es in Düsseldorf kaum Anzeichen dafür gibt, dass der Fußball bald attraktiver wird.

"Wir woll'n Euch kämpfen sehen", sangen die Fans am Freitagabend; dabei wurde schnell erkennbar, dass es dieser Mannschaft vor allem an einer Idee für die Spielphase nach der Balleroberung fehlt. Die Innenverteidiger Karim Haggui und Alexander Madlung haben ihre besten Zeiten ebenso hinter sich wie der Stürmer Didier Ya Konan. Gegen spielerisch fast überlegene Duisburger zeigte sich exemplarisch, warum die Düsseldorfer in 15 Spielen nur drei Siege errungen und nur zwölf Treffer erzielt haben. Mangels strategischer Disziplin lobten die Fortunen später vor allem ihren Willen. "Wir haben Charakter gezeigt", fand Kerem Demirbay, Torschütze zum 1:0. "Die Mannschaft hat demonstriert, dass sie diesen Weg weitergehen will", interpretierte Kramer. "Wir haben alles gegeben", behauptete Haggui - wenn das stimmt, dann wird dieser Abstiegskampf bis zum Saisonende andauern.

Kramer ist bereits der fünfte Trainer, dem die Orientierung Richtung Bundesliga nicht gelingen will

Mit dem Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden Dirk Kall ging dem Gremium zuletzt zwar nicht gerade viel Fußballkompetenz verloren, dennoch wirkt die Fortuna kopflos. Dass man am Trainer Kramer festhält, liegt am Votum der Spieler, zudem offenbar an mangelnden Alternativen. Seit man nach dem Bundesliga-Abstieg 2013 den Trainer Norbert Meier entlassen hat, haben sich mit Michael Büskens, Oliver Reck, Lorenz-Günther Köstner, noch einmal Reck und dem Amateurtrainer Taskin Aksoy binnen zwei Jahren vier Trainer erfolglos an der Reanimierung der Mannschaft versucht. Kramer ist der fünfte, dem die Orientierung in Richtung Bundesliga so gar nicht gelingen will.

"Wir werden die Situation in Ruhe analysieren", kündigte Jäger nach dem Spiel an. Insider werteten diese Aussage als erste Distanzierung vom Trainer, zuvor hatte man Kramer stets bedingungslos den Rücken gestärkt. Am kommenden Sonntag beim FSV Frankfurt und in den folgenden Heimspielen gegen Eintracht Braunschweig und Union Berlin wird die Mannschaft vor allem um die Weiterbeschäftigung ihres Trainers spielen. Kramer, der in Fürth lange erfolgreich gearbeitet hat, stößt in der "Sportstadt" Düsseldorf bislang an seine Grenzen.

© SZ vom 22.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: