Formel 1:Spätstarter Schumacher

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Michael Schumachers sechster Platz nach 1200 Tagen Rennpause ist für manche eine Enttäuschung. Dabei war er noch nie der Typ, der kam, sah und sofort siegte.

René Hofmann

Comebacks bescheren einst erfolgreichen Sportlern viele Herausforderungen. Die vielleicht größte ist es, gegen den eigenen Ruf antreten zu müssen. Der Blick zurück lässt das Vergangene immer glorreicher erscheinen, so verwandeln sich Größen in Giganten.

Als Boris Becker nach seinem ersten Karriere-Ende noch einmal zum Schläger griff und nach Wimbledon zog, erwartete die Öffentlichkeit nicht weniger als den Titel, weil sich in der Rückschau kaum noch jemand an ein Match erinnern konnte, das Becker bei dem Turnier verloren hatte. Die Bilder von Triumphen prägen sich ein, Niederlagen werden gerne und schnell verdrängt, von den Protagonisten wie vom Publikum.

Das erklärt, warum Michael Schumachers sechster Platz bei seinem ersten Auftritt nach mehr als 1200 Tagen Rennpause von einigen als Enttäuschung gewertet wird. Natürlich war der siebenmalige Weltmeister schon oft besser, doch die Zeit, in der er wirklich dominierte, umfasste genau genommen nur drei seiner bisher 16 Formel-1-Jahre, und sie liegt schon länger zurück: von 2002 bis 2004. Ja, bis Sonntag hatte Schumacher 91 Formel-1-Rennen gewonnen. Aber er hatte weit mehr nicht gewonnen: 159.

Bei Benetton benötigte er rund zwei Jahre Anlauf, bis er um den Titel kämpfen konnte, der erste Triumph mit Ferrari glückte erst im fünften Jahr. Der Eindruck, dass Schumacher immer kam, sah und sofort siegte, ist schlicht falsch. Dazu ist er gar nicht der Typ.

Das Geheimnis seines außergewöhnlichen Erfolgs liegt nicht darin, dass er ein Zauberknabe ist, der nur mit dem Finger schnippen muss, wenn er alle anderen hinter sich lassen will. Eines seiner Erfolgsgeheimnisse war vielmehr, dass er mehr arbeitete als viele andere, an sich, an seinen Autos, am Team.

Der Erfolg auf der Rennstrecke hängt von vielen Faktoren ab. Wenn einer in jedem ein bisschen besser ist als die anderen, kommt am Ende ein gewaltiger Vorsprung heraus. Um die Teile für ein solches Puzzle zusammenzufügen, braucht es aber Zeit. Ein sechster Rang, unmittelbar in Schlagdistanz zum Teamkollegen, ist da als Ausgangslage gar nicht schlecht. Der Erfolg des Comebacks wird letztlich wie jedes Handeln auf einem Sportplatz am Ergebnis gemessen werden. Als geglückt darf es schon jetzt gelten. Der 41-Jährige kann offenbar noch mithalten. Er belebt das Geschäft mit seiner Erfahrung und seiner Entschlossenheit. Manch einem schaut man einfach gerne zu, selbst beim Puzzlespielen.

© SZ vom 16.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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