Finale des Afrika-Cups:Triumph des Rasenbeißers

Lesezeit: 3 min

Nur weil die Nummer eins verletzt ist, darf Boubacar Barry im Finale des Afrika-Cups im Tor der Elfenbeinküste stehen. Nach 23 Jahren gewinnt das Land wieder den Titel - der Torwart wird zum Helden und erstaunt mit bizarrem Schauspieltalent.

Von Saskia Aleythe und Florence Niemann

Der Welt hat Boubacar Barry schon vieles geschenkt, zum Beispiel Bilder, die nicht jeder Fußballer zu bieten hat. Barry ist Torwart der Elfenbeinküste und ein recht emotionaler Typ, bei der Weltmeisterschaft in Brasilien im vergangenen Sommer zeigte er das auf sehr anschauliche Weise. In der 74. Minute schoss sein Team das 1:1 gegen Griechenland - und Barry biss vor Freude in den Rasen. Mit Grünzeug zwischen den Zähnen präsentierte er sich den Kameras.

Ein Geschenk haben sich Barry und sein Team auch am Sonntagabend gemacht, eines, auf das die Elfenbeinküste 23 Jahre lang warten musste: Zum zweiten Mal überhaupt sicherten sie sich den Afrika-Cup, mit 9:8 nach Elfmeterschießen gegen Ghana. Überragender Mann: Boubacar Barry. Dabei hatte er bis auf das letzte Spiel gar keine Rolle im Turnier gespielt. "Ich bin kein übermäßiges Talent, aber ich wollte dem Team helfen", sagte der 35-Jährige bescheiden dem TV-Sender Canal Plus.

Afrika Cup
:Eine Million Dollar Strafe für Marokko

Marokko wird von den kommenden beiden Afrika Cups ausgeschlossen und muss eine große Geldsumme zahlen. Die deutschen Biathleten enttäuschen in Nove Mesto. Rückschlag für Alba Berlin in der Basketball-Euroleague.

Dass sich die Männer der Elfenbeinküste einiges vorgenommen hatten für dieses Endspiel, das war schon beim Warmlaufen zu sehen. Hochkonzentriert wirkten sie alle, als sie im Estadio de Bata ihren Torhüter warm schossen - bis dato hatte Barry beim Cup nur auf der Bank gesessen. Sylvain Gbohouo hatte sich bisher in die Bälle der Gegner geworfen, doch er verletzte sich vorm Finale. Barrys große Chance.

Die Partie gegen Ghana war eine, in der recht robust gekickt wurde, 120 Minuten lang wollte allerdings kein Tor fallen - was auch am zaghaften Taktieren der Kontrahenten lag. Es war ein typisches Endspiel à la Elfenbeinküste: Vier Mal hatte das Land ein Finale des Afrika-Cups gespielt, vier Mal stand es nach Ablauf der regulären Spielzeit 0:0. Auch ein kleines Trauma hat sich daraus entwickelt: 2006 und 2012 verlor das Team im Elfmeterschießen, selbst der große Didier Drogba avancierte zum Unglücksbringer mit einem verfehlten Elfmeter (diesmal feierte der Stürmer übrigens so).

Doch im Jahr 2015 sollte mit Barry im Tor alles anders werden. Der Mann im blauen Dress ärgerte die Ghanaer gewaltig. Zwei Mal schlug der Ball ins linke untere Eck ein, Barry war da chancenlos. Der dritte Schuss ging in die selbe Ecke - diesmal boxte ihn der Ivorer zurück ins Spielfeld. Der vierte Schuss landete weit in den Publikumsrängen, ohne dass Barry etwas bewegen musste.

Das Spiel war da noch nicht beendet, denn nach der ersten Runde Elfmeterschießen stand es 3:3, Barry hatte zwischenzeitlich mit Wadenkrämpfen zu tun. Zumindest tat er so. Minutenlang wälzte sich der Schauspielkünstler am Boden, er ließ sich von den Betreuern behandeln und machte schmerzverzerrte Grimassen. Es war eine Hollywood-Einlage allererster Güste. An zwei Schüsse der Ghanaer bekam er die Finger, doch der Ball flutschte trotzdem ins Netz. Den elften Ball auf sein Tor parierte er schließlich - plötzlich war die Elfenbeinküste in aussichtsreicher Position. Nur noch ein Treffer, dann würden sie selbst mal ganz oben stehen nach so einem Finale.

Und da Barry Bälle nicht nur ordentlich abwehren, sondern auch selbst verwandeln kann, schritt er selbst zum Elfmeterpunkt. Die vermeintlichen Plagen, die ihn zuvor flachliegen ließen, waren da plötzlich vergessen. Er legte sich den Ball sorgfältig zurecht, spazierte gemütlich auf ihn zu - und katapultierte ihn ins rechte obere Eck. Es folgten: Wilde Flitzereien und Jubelstürme seiner Kollegen, während sich Spieler aus Ghana weinend auf dem Boden wälzten. Im Gegensatz zu Barry verspürten sie echten Schmerz.

Bei seinem entscheidenden Elfmeter habe er an Gott und seine Mutter gedacht, sagte Barry noch, "der Erfolg heute ist die Wiedergutmachung für alles, was wir in den vergangenen Jahren durchmachen mussten". Bei der WM im vergangenen Sommer war die Elfenbeinküste als Gruppendritter in der Vorrunde ausgeschieden - denn im entscheidenden Spiel gegen Griechenland hatten sie doch noch das 2:1 kassiert. In der 93. Minute, durch einen Foulelfmeter, den Barry nicht parieren konnte. Da schmeckte das Gras gar nicht mehr gut.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: