FC Schalke 04:Und jetzt die Zukunft

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Zum Haareraufen: Schalkes Serdar nach einer vergebenen Chance. (Foto: Leon Kuegler/Reuters)

Das 0:0 gegen Augsburg sichert den Schalkern den Verbleib in der Bundesliga. Nun bastelt der Klub an seiner neuen Führungsebene.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Die hohen Herren des FC Schalke 04 - eine hohe Dame war nicht anwesend - kamen zu spät von ihrer Sitzung, um vor dem Spiel gegen den FC Augsburg das Vereinslied mitzusingen, aber immerhin kamen sie früh genug, um die Ehrung der Schalker Anhänger für Rudi Assauer mitzuerleben. In der vorigen Woche hätte der kürzlich verstorbene Manager seinen 75. Geburtstag begangen - Anlass genug für die königsblaue Gemeinde, diesem legendären Mann eine Feier mit festlicher Choreografie auszurichten.

So farbenfroh und leidenschaftlich wie in der Kurve ging es anschließend auf dem Spielfeld nicht mehr zu, Schalke und Augsburg gingen einigermaßen pfleglich miteinander um und nach einer Partie mit hohem Freundschaftsspiel-Charakter beim Stand von 0:0 wieder auseinander. Dass die annähernd 60 000 Zuschauer darauf nicht empört pfiffen, lag erstens daran, dass viele bereits das Haus verlassen hatten, um sich doch noch einen schönen Nachmittag zu machen, sowie zweitens an dem Umstand, dass im heimischen Publikum ein Gefühl der Erleichterung für die Anerkennung mildernder Umstände sorgte. Mit dem Abstieg, wochenlang eine lähmende Angstvision in Gelsenkirchen, hat Schalke nach diesem Punktgewinn definitiv und endgültig nichts mehr zu tun; und der FC Augsburg wusste sich bereits vor dem Spiel durch die Niederlage des VfB Stuttgart am Tag zuvor in Sicherheit.

Wagner, Krösche, Reschke: Sind das die neuen Namen?

Selbst wenn Aushilfstrainer Huub Stevens vor dem Anpfiff pflichtgemäß vor dem Unheil warnte ("So gut wie sicher ist immer noch nicht sicher"), hatten allerdings auch die Schalker wegen des deutlich besseren Torverhältnisses gegenüber den sechs Punkte zurückliegenden Stuttgartern schon vor dem Spiel kaum noch einen Anlass, um an ihrer Rettung zu zweifeln. Insofern war der größte Unsicherheitsfaktor bereits ausgeräumt, als sich Vorstand und Aufsichtsrat zur Sondersitzung im Stadion versammelten, um Pläne für eine bessere Zukunft zu entwerfen und die Neuorganisation der sportlichen Führung zu besprechen. Was auf der Tagung beschlossen wurde, das hat der Verein zwar noch nicht bekanntgemacht, weil, so heißt es, noch einige wesentliche Formalitäten zu klären seien. Die Spezialisten, die dem gestürzten Großverein wieder auf die Beine helfen sollen, sind inzwischen aber glaubwürdig identifiziert.

Wenn alles planmäßig vonstattengeht, dann wird der Klub in der nächsten oder übernächsten Woche außer dem neuen Trainer David Wagner, 47, auch noch Markus Krösche, 38, als Sportdirektor sowie Michael Reschke, 61, als Technischen Direktor vorstellen. Krösche steht beim Zweitliga-Zweiten SC Paderborn allerdings ebenso noch unter Vertrag wie Reschke beim VfB Stuttgart, auch wenn er dort vor knapp drei Monaten sein Amt als Sportvorstand aufgeben musste. Krösche soll, so heißt es, den Verein nach außen repräsentieren, Reschke würde wie früher bei Bayer Leverkusen und beim FC Bayern im Hintergrund an der Besetzung der Profi-Mannschaft arbeiten. Sportvorstand Jochen Schneider wäre in dieser recht komplexen Management-Hierarchie für die generelle Linie des Vereins zuständig.

Ideen und Esprit fehlen der Schalker Elf immer noch

Die Partie gegen den FC Augsburg gab noch mal Anschauungsunterricht über den gegenwärtig dürftigen sportlichen Standard, der Schalke am Ende eine Saison des Grauens beschert hat. Die Mannschaft leistete solide Arbeit und verteidigte gegen ein allerdings beispiellos harmloses und desinteressiertes Augsburg auch sehr gewissenhaft, doch Ideen, Esprit und Angriffsgeist ließ die Mannschaft wie inzwischen üblich vermissen. Suat Serdar traf zwischenzeitlich den Pfosten und verpasste kurz vor Schluss im Duell mit dem Schweizer Torwart Gregor Kobel die beste Chance; die größten Aufmerksamkeit erregte aber der 18 Jahre alte, von Manchester City erworbene Rabbi Matondo, als er in einem olympiareifen Sprint zum Solo durchstartete. Im Strafraum angelangt, verlor er dann aber auf klägliche Weise den Ball an den letzten Augsburger Verteidiger und beendete somit auf die typische Schalker Art den hoffnungsvollen Vorstoß.

Huub Stevens sprach hinterher davon, er habe "ein Spiel gesehen, wo wir taktisch gut gestanden und im Aufbau gut gespielt haben", dies war aber nur bedingt als Kompliment gemeint. Schalke dominierte die Partie, doch am gegnerischen Strafraum endete die Überlegenheit, das hatte auch Stevens bald erkannt. Die Konsequenz: Nachdem er anfangs noch lebhaft dirigiert und gecoacht hatte, zog sich der Trainer resignierend auf die Bank zurück und ließ dem unaufregenden Geschehen seinen Lauf. "Letztendlich", hob er später hervor, "haben wir den Klassenerhalt geschafft. Wie - das ist nicht so wichtig."

Augsburgs Trainer Martin Schmidt hatte für die Begegnung ebenfalls nicht viele gute Worte übrig. "Mit dem Resultat sind wir zufrieden, mit dem Spiel weniger", sagte er, "aber mit dem Wochenende dafür umso mehr." Beide Trainer gratulierten sich sodann gegenseitig zum Klassenerhalt.

© SZ vom 06.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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