FC Ingolstadt:Wütendes Rudel

Lesezeit: 3 min

Ungewöhnliches Gerangel: Heidenheims Sebastian Griesbeck und der vierte Offizielle ziehen Robert Glatzel zurück aus der Konfliktzone. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Ingolstadt steht zwischenzeitlich knapp vor dem direkten Klassenverbleib, verliert beim FC Heidenheim dann aber doch noch 2:4 und muss in die Relegation gegen Wehen-Wiesbaden.

Von Markus Schäflein

Nach Spielende beging der 1. FC Heidenheim das "große Fanfest zum Saisonabschluss" mit 1000 Litern Freibier und der "Party-Band Liberty". So eine schöne Feier zum Ende der Spielzeit hätte auch der FC Ingolstadt gerne begangen, über 1500 hoffnungsvoll gestimmte Anhänger hatten die Schanzer auf die Ostalb begleitet. Im Gegensatz zu den Gastgebern, die auf ein erfreuliches Jahr zurückblicken, hätten die Ingolstädter dann auf die Vermeidung eines Betriebsunfalls angestoßen, auf den Klassenverbleib auf den letzten Drücker. Doch sie müssen ihre Feierlichkeiten verschieben - in einer mitreißenden Partie waren sie zwischenzeitlich nah am Ziel, verloren dann aber 2:4 (0:2).

"Wenn wir so spielen wie heute in der zweiten Halbzeit, mache ich mir keine Sorgen", sagt Cohen

Nun müssen sie am Freitag auswärts und am darauffolgenden Dienstag zu Hause die Relegationsspiele gegen den Drittliga-Dritten SV Wehen-Wiesbaden bestreiten. "Wenn wir so spielen wie heute in der zweiten Halbzeit, mache ich mir keine Sorgen", sagte Ingolstadts Mittelfeldspieler Almog Cohen, "das war richtig stark von uns, wir hätten noch zwei oder drei Tore machen können." Unter Trainer Tomas Oral zeigt die Ingolstädter Mannschaft ungewohnten Mut und lange vermissten Willen, das war nichts Neues, aber selten so eindrucksvoll zu besichtigen wie in der zweiten Hälfte.

Welche Dramatik dieser Nachmittag noch annehmen würde, war in der ersten Hälfte beim besten Willen nicht zu erahnen. Schon nach wenigen Minuten erschien auf der Anzeigetafel die 1:0-Führung des SV Sandhausen in Regensburg; auf Hilfe des SSV Jahn war der FCI ja angewiesen, um noch auf Rang 15 zu springen. Und die Heidenheimer zeigten von Beginn an, dass sie keine Lust hatten, ihre Feierlichkeiten mit einer Niederlage einzuläuten. Sie dominierten die Partie spielerisch deutlich und gingen in Führung: Nachdem FCI-Torwart Philipp Tschauner noch gegen Robert Glatzel pariert hatte, beförderte Patrick Mainka den Ball artistisch mit der Hacke ins Tor (28.).

Und nur vier Minuten später legten die feierwütigen Gastgeber nach. Auf Zuspiel von Marc Schnatterer lief Robert Andrich Rechtsverteidiger Phil Neumann davon und traf zum 2:0 (32.). "Doof gelaufen" fand das Oral, "in der Phase darf der Konter so nicht passieren. Unterm Strich mussten wir dann froh sein, dass es zur Halbzeit nicht 3:0 stand." Kurz vor der Pause wurde zwar das Regensburger 1:1 bekannt, aber man ging nicht davon aus, dass das Resultat in der Oberpfalz noch von Bedeutung sein würde.

Zur zweiten Hälfte brachte Oral, der das Team im Vergleich zum 3:0 gegen Darmstadt zunächst nicht verändert hatte, Thomas Pledl für Konstantin Kerschbaumer. Und nun war die Mannschaft wieder im Oral-Modus der vergangenen Wochen - entschlossen ging es nach vorne. Sonny Kittel traf nach einer knappen Stunde aus 17 Metern zum Anschluss, Marcel Gaus in der 76. Minute ebenfalls aus der Distanz zum Ausgleich, und mittlerweile stand es in Regensburg 2:1 für den Jahn. Ein einziger Treffer fehlte den Schanzern nun noch. "Wir sind dann volles Risiko gegangen", sagte Oral. Sechs Minuten später fehlten allerdings wieder zwei, nach einer Ecke stellte Arne Feick auf 3:2 für Heidenheim (82.). Aber auch danach gab sich der FCI nicht auf, Kittel schoss knapp über das Tor (85.), Dario Lezcano scheiterte an Müller (86.), Eckball reihte sich an Eckball, alle waren gefährlich - bis Robert Leipertz nach einem Konter das vierte Tor des FCH erzielte (88.). Nikola Dovedan hatte aus Sicht der Ingolstädter das 4:2 mit einem Handspiel eingeleitet. "Der wird noch gefragt, ob es Hand war, und sagt Nein", klagte Oral.

Das Spiel endete darob mit einer selten gesehenen Serie an Rudelbildungen, einer roten Karte für den Heidenheimer Robert Glatzel - und einer Entschuldigung Orals bei seinem Kollegen Frank Schmidt: "Wir hatten ein kleines Wortgefecht, bei dem ich der Auslöser war." Schmidt nahm die Entschuldigung an und erklärte, er stelle sich eben "wie ein Wolf" vor seine Mannschaft. Dass die Ingolstädter die Partie wütend beendeten, mag nicht das Schlechteste für die Relegation heißen. "Wir müssen sehen, was für einen Weg wir in den letzten Wochen gemacht haben, und stolz darauf sein", fand Cohen. "Jetzt haben wir zwei große Spiele, und das war unser Ziel." Oral erklärte, die Enttäuschung sei "nicht so groß, weil wir seit Wochen komplett auf Relegation ausgerichtet waren". Auf eine Partyband müssen sie allerdings noch eine gute Woche warten.

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: