FC Bayern:Nicht mal aufs Tor geschossen...

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Nicht zu bändigender Vorwurschdler: Thomas Müller, hier zärtlich umklammert von Hamburgs Mergim Mavraj. (Foto: Günter Schiffmann/AFP)

... aber fast alle vorbereitet: Thomas Müller legt ein kurioses Spiel hin. Für seinen Trainer ist er der "beste Mann auf dem Platz".

Von Christof Kneer, München

Für Gerd Müller gingen Fußballspiele oft noch mal von vorne los, wenn sie für seine Mitspieler schon zu Ende waren. Wenn es im Länderspielen gegen Malta 5:0 stand, nutzten die Kollegen die verbliebene Spielzeit gerne, um sich aufs nächste Bundesligaspiel vorzubereiten. Sie haben das Tempo heruntergefahren und Zweikämpfe gekonnt ignoriert, und trotzdem waren sie am Ende meist machtlos gegen den da vorne. Meist hat Gerd Müller trotzdem noch mal drei oder vier Tore draufgelegt, auch wenn ihn keiner mehr angespielt hat. Das war ihm aber wurscht. Tore schießen kann man ja trotzdem.

Seit Gerd Müller weiß man in Deutschland, wie man Ergebnisse zu lesen hat. Wenn ein Favorit einen Kantersieg gegen einen niedlichen Kleinen, also gegen Malta oder den HSV landet, kann man davon ausgehen, dass ein paar Torjägertore dabei sind. Wer also ohne tiefere Kenntnis des Spiels von einem 8:0 des FC Bayern erfährt, wird spontan auf drei Lewandowski- und zwei Müller-Tore tippen, vielleicht sogar umgekehrt. Klar, Thomas Müller steckt in der Torkrise, aber gibt es Cooleres, als sich beim 8:0 gegen das Malta der Bundesliga aus der Krise zu schießen?

"Da seht ihr mal, dass ich euch das letzte halbe Jahr nicht angelogen habe."

Dazu zwei Anmerkungen: Thomas Müller hat kein Tor geschossen gegen den HSV, er hat nicht mal aufs Tor des HSV geschossen. Und trotzdem war er laut Trainer Ancelotti "der beste Mann auf dem Platz".

Selbst wenn das eine sehr grobe Schmeichelei war: Thomas Müller war auf jeden Fall der beste Thomas Müller seit langem. Vidals 1:0? Bereitete er mit lässiger Rechts-links-Hacke-Pass-Kombination vor. Lewandowskis Elfmeter zum 2:0? Wurde verhängt nach Foul an Müller. Lewandowskis 3:0? Wurde vor-vorbereitet von einem Sprint von Müller, der den Ball vor der Außenlinie noch erwischte und nach innen grätschte. Lewandowskis 4:0? Wurde vor-vor-vorbereitet von Müller, dessen Pass die Hamburger zu einem Fehler zwang. Alabas 5:0? Verblüffend anspruchsvoll vorbereitet von Müllers No-Look-Querpass. Und auch am 7:0 war der No-Goal-Müller als Vorwurschdler irgendwie beteiligt.

Müllers "beste Saisonleistung" würdigte Klubchef Rummenigge, und auch Müller selbst war von seiner Torlosigkeit kein bisschen zu kränken. "Da seht ihr, dass ich euch das letzte halbe Jahr nicht angelogen habe", grinste er, "ich hab' immer gesagt, dass es mir genauso wichtig ist, dem Team zu helfen." Ein historisches Experiment läuft da gerade: Es wird zu zeigen sein, ob sich ein torloser Torjäger auch durch Vorlagen seine Sicherheit zurückholen kann.

"Thomas ist immer wichtig für uns, selbst wenn er den Ball mal nicht trifft. Alle, die Ahnung von Fußball haben, müssen das sehen" - so klang das größte Lob des Tages. Es kam von Arjen Robben, dessen 8:0 Müller nicht vorbereitet hatte.

© SZ vom 27.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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