FC Bayern II:Erster auf Rekordjagd

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An zwei Toren beteiligt und selbst getroffen: Bayerns Derrick Köhn (re.) schoss den Ball gegen Meppen zum 4:1-Zwischenstand in den rechten Torwinkel. (Foto: Werner Scholz/Imago)

Nach dem 5:1 gegen den SV Meppen steht die U23 des FC Bayern dort, wo andere gerne wären. Ohne Aufstiegsoption müssen nun andere Ziele her.

Von Christoph Leischwitz

Es hätte diesmal auch komplett anders laufen können, ein bisschen auch schon beim vorletzten Mal. Aber die U23 des FC Bayern hat eben das, was mindestens acht andere Mannschaften dringend benötigen: einen Lauf. Deshalb steht sie nun nach dem 5:1 über den SV Meppen an der Tabellenspitze der dritten Fußballliga, dank fünf Siegen und einem Remis seit dem Neustart. Und das, obwohl bei ihnen ja die wenigste Notwendigkeit besteht, am Schluss ganz weit oben zu stehen: Weder darf die Mannschaft aufsteigen, noch darf sie sich über Rang vier für den DFB-Pokal qualifizieren.

Doch beim FC Bayern werden sie mit großer Zufriedenheit beobachten, wie sehr ihre Zweitvertretung die unterste Profiliga dominiert. Dass dies passiert, ist auf den ersten Blick gar nicht so überraschend, angesichts des starken Kaders. Doch zu Beginn hatten sich Spieler wie auch der junge Trainer erst mal an die Liga gewöhnen müssen. Bestes Beispiel war das Hinspiel in Meppen, das man nach 3:1-Führung 3:5 verlor. Das Besondere an der Überlegenheit ist nun, dass Trainer Sebastian Hoeneß rotieren kann, wie er will, es erzeugt einfach keinen Bruch im Spiel. Selbst die 17-Jährigen springen erfolgreich ein, wie Jamal Musiala, der eine Woche zuvor eingewechselt wurde und gleich einen Doppelpack erzielte, als zweitjüngster Drittliga-Torschütze hinter David Alaba.

Auch Torwart Ron-Thorben Hoffmann - der von Anfang August bis Ende Mai März überhaupt keine Spielpraxis hatte, weil Christian Früchtl die Nummer eins war - zeigte direkt gute Leistungen. Am Mittwochabend, im Heimspiel gegen den SV Meppen, einmal sogar eine entscheidende, überragende Parade: In der 37. Minute fischte er einen Kopfball von Hilal El-Helwe aus kurzer Distanz ab und leitete sofort den Gegenzug ein. Gefeierter Mann war wieder einmal Kwasi "Otschie" Wriedt, der die ersten drei Tore erzielte. Er führt nun die Torjägerliste mit vier Treffern Vorsprung an. "Otschie ist ein Phänomen", sagt Hoeneß, wohl wissend, dass er auf dieses Phänomen in der kommenden Saison verzichten muss, weil der 25-Jährige in der kommenden Saison in die niederländische erste Liga zu Willem II Tilburg wechselt, zusammen mit seinem Kumpel Derrick Köhn, der gegen Meppen einen Foulelfmeter rausholte, der zum 1:0 durch Wriedt führte. Am Dienstag war er, quasi als vorweg genommenes Abschiedsgeschenk, in Bremen dabei und durfte den Gewinn der Bundesligameisterschaft miterleben.

"Wir sind eine Mannschaft, bei der es läuft", sagt Hoeneß, und fügt an: "Aber wir wissen das einzuordnen. Wir waren diesmal nicht komplett zufrieden mit der Leistung." So komisch es klingt nach einem 5:1, die auswärtsstarken Meppener hätten durchaus gewinnen können. Und so wird Hoeneß auch jetzt schon daran arbeiten, die Mannschaft für die kommende Saison ligatauglich zu machen. Vor allem dadurch, dass künftige Spieler Einsatzzeiten bekommen. Das dürfte auch Priorität darüber haben, zusätzlich zur ersten Mannschaft noch einen Meistertitel zu holen.

Ein klares Ziel gibt es aber: "Wir wollen den Rekord von Hermann knacken", sagt Hoeneß. Nachwuchsleiter Hermann Gerland, der am Mittwoch auf der Haupttribüne saß und zusah, hatte in der Saison 2008/2009 59 Punkte mit der U23 geholt. Jetzt sind es schon 57, und fünf Partien stehen noch aus. Nach dem Spiel in Magdeburg am Samstag kann am Mittwoch noch ein Ziel erreicht werden, das niemand öffentlich formulieren würde: Im Geisterspiel-Derby kann man seinen Beitrag dazu leisten, dass 1860 München nicht aufsteigt.

© SZ vom 19.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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