FC Bayern:Casting-Show mit Münchner Kindl

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Thomas Müller stellt zum Auftakt der Vorbereitung die Zugänge James und Tolisso in den Schatten.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Menschen, die sich zunehmend um das berufliche Glück des Fußballers Thomas Müller sorgen, dürfen den jüngsten Samstag nun als Tag der Hoffnung zelebrieren. Was in Mönchengladbach als "Telekom Cup" annonciert war, entpuppte sich im Borussia-Park als "Die große Thomas-Müller-Show", ein Fußball-Varieté mit dem 27 Jahre alten Oberbayern in der Hauptrolle. Dabei waren zur Unterhaltung von 41 200 Zuschauern sogar allerhand internationale Stars angereist, im Trikot des FC Bayern etwa der viel beachtete Kolumbianer James Rodríguez und der talentierte Franzose Corentin Tolisso.

Kolumbianische Eleganz: James Rodriguez bei seinem Debüt im Trikot des FC Bayern München. (Foto: Cathrin Müller/imago/MIS)

Manch globalisierungsskeptischer Fan des FC Bayern fürchtet bekanntlich, das Münchner Kindl Müller könnte durch die internationale Qualitätsoffensive im Mittelfeld weiterer Entfaltungsmöglichkeiten beraubt werden. Doch zumindest am Samstag nutzte Müller das Vertrauen des Trainers Carlo Ancelotti erstmals seit längerer Zeit wieder zu einer Demonstration der Stärke. Müller führte die Elf als Kapitän an, er bereitete einen Pfostentreffer von Thiago vor, schoss ein Tor selbst, legte einen Treffer von Juan Bernat auf und, nun ja, verschoss mal wieder einen Elfmeter - bei der Siegerehrung nahm er später trotzdem sehr selbstverständlich die gläserne Siegertrophäe entgegen und empfing von Ancelotti überdies die inoffizielle Auszeichnung als "bester Mann auf dem Platz".

Neuzugang Corentin Tolisso (l.) durfte sich im zentralen-defensiven Mittelfeld zeigen und musste sich mit Fin Bartels auseinandersetzen. (Foto: Martin Meissner/AP)

Die Branche war vor allem gespannt gewesen, wie sich bei diesem frühsaisonalen Termin die Neu-Münchner Tolisso und James Rodríguez präsentieren würden. Allzu viele neue Erkenntnisse lieferte dieser Cup allerdings nicht, abgesehen davon, dass beide ihr technisches und taktisches Potenzial sowie die Eleganz ihrer Bewegungen schon angedeutet haben. Während James im ersten 45-Minüter gegen Hoffenheim (1:0-Sieg durch ein Tor von Robert Lewandowski) noch pausierte, spielte Tolisso an der Seite von Thiago im zentral-defensiven Mittelfeld. Im zweiten 45-Minüter gegen Werder Bremen (Endspiel, 2:0-Sieg durch Tore von Müller und Bernat) durfte James dann erstmals im Bayern-Trikot auflaufen, spielte angesichts des Ausfalls von Arjen Robben aber rechts draußen und probierte während seines eher unauffälligen Auftritts auch öfter mal den so genannten Robben-Move, bei dem man in die Mitte zieht und mit dem linken Fuß einen Pass oder einen Abschluss versucht. "Ich will mich auf der Asienreise weiter ans System gewöhnen", sagte James später. Auf seine Deutschkenntnisse angesprochen, witzelte er: "Danke, gute Morgen."

"Jeder kämpft um seinen Platz, das hat man heute gespürt", sagt Uli Hoeneß genüsslich

Seine Mitspieler sind aber aus anderen Gründen von ihm begeistert. "Er sucht im Spiel stets die Kombinationen und hat einen super linken Fuß", lobte Müller jenen neuen Mitspieler, der ihn in Zukunft weitere Einsatzminuten kosten könnte. Mit James und Thiago streitet sich Müller um die so genannte Zehner-Position hinter dem Mittelstürmer Lewandowski. Als Müller am Samstag gefragt wurde, wie hart der Konkurrenzkampf auf dieser Position wohl werde, hat er freundlich zurückgefragt, was man denn denke, und als er dann mit der Einschätzung "sehr hart" konfrontierte wurde, nickte er anerkennend und sagte: "So ist das ganz gut zusammengefasst." Ergänzend formulierte er: "Das wird eine spannende Geschichte."

Der Trainer Ancelotti betont in diesem Zusammenhang gerne die Variabilität seiner Spieler, aber dass er am Samstag Thiago in die Defensive zurückzog und James nach rechts verschob, sollte man nicht überbewerten angesichts all jener, die aus Urlaubs- oder Regenerationsgründen noch gefehlt haben. Mit Arturo Vidal, Sebastian Rudy und Arjen Robben wird sich der Konkurrenzkampf weiter verdichten. "Klar", sagt Müller, "wir haben viele Spieler mit einer hohen Qualität." Einfach war es schon bisher nicht für ihn, und nun könnte es noch schwieriger werden.

Den Präsidenten Uli Hoeneß erfreut der Qualitätssprung im Mittelfeld. Dass die Münchner nun bereits zwei mal 45 Minuten lang eine beeindruckende Frühform demonstrierten, begründete er mit genau diesem Konkurrenzkampf. "Jeder kämpft hier schon um seinen Platz, das hat man heute gespürt", sagte Hoeneß genüsslich.

Die Casting-Show des FC Bayern zieht nun um die Welt, am Sonntagabend hob der Tross nach Asien ab. Die Bayern könnten vor dem Liga-Auftakt am 18. August gegen Bayer Leverkusen bereits vier Titel gewonnen haben, denn nach dem Sieg beim Telekom Cup stehen ihnen bis Anfang August noch Trophäen beim International Champions Cup in Asien, beim Audi Cup in der heimischen Arena sowie beim Supercup am 5. August in Dortmund in Aussicht.

Während die Spieler im Kabinengang des Borussia-Parks schon über die anstrengenden nächsten Wochen sinnierten, wurde das magentafarbene Lametta auf dem Rasen bereits mit Laubbläsern zur schnellen Entsorgung aufgehäuft. Das unvermeidliche "We are the Champions" während der Siegerehrung hatten die Münchner Fußballer schlicht ignoriert. Nicht einmal Thomas Müller fühlte sich hier wie ein Champion. Er weiß genau: Erst die nächsten Wochen werden zeigen, was seine große Show am Samstag wirklich wert war.

© SZ vom 17.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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