FC Augsburg:Vergebliche Sehnsucht nach mehr

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Akrobatik im Abstiegskampf: Hoffenheims Torwart Oliver Baumann und Augsburgs Angreifer André Hahn. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Der FCA ist nach dem 2:1 gegen Hoffenheim auch im zehnten Bundesligajahr dem Klassenerhalt nah. Darüber hinausgehende Ziele bleiben unrealistisch.

Von Maik Rosner

Am Abend danach saß der Trainer im Fernsehstudio und sprach über den Unterschied zwischen realistischen und ambitionierten Zielen. Das realistische Ziel des FC Augsburg müsse stets der Klassenverbleib sein, sagte er. Und das ambitionierte sei es, "an den einstelligen Bereich ranzukratzen". Der Fußballlehrer, der das formulierte, war nicht der aktuelle Trainer des FCA, Heiko Herrlich. Sondern ein ehemaliger, der fünf Jahre für den Bundesligisten gearbeitet hatte, zunächst im Nachwuchs und später als Chefcoach der Profis. Und was Manuel Baum in der BR-Sendung "Blickpunkt Sport" vortrug, hatte Herrlich am Sonnabend zumindest indirekt angedeutet. "Das Ziel ist ja nicht nur der Klassenerhalt, sondern dass man es auch mal früher schafft", sagte er, "und es gibt ja noch die Möglichkeit, ein bisschen zu klettern in der Tabelle, und die wollen wir nutzen."

Den ersten beiden Zielen sind sie beim FCA ganz nahe nach dem 2:1 (2:0) gegen die TSG Hoffenheim durch die Tore von Ruben Vargas (8.) und André Hahn (23.), ehe Robert Skov verkürzte (86.). Die Versetzung in ihre elfte Bundesligasaison zu erreichen, sogar vorzeitig, darf beim aktuellen Tabellenbild als sehr realistisches Vorhaben bezeichnet werden. Zumal in der Ligageschichte noch kein Klub runter musste, der sieben Spieltage vorm Saisonende neun Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze vorweisen konnte wie derzeit der FCA nach seinem 100. Bundesligasieg. Mehr als den aktuellen Tabellenplatz elf zu erreichen, ist aber schon deshalb ambitioniert, weil der Zehnte Freiburg fünf Punkte und elf Tore Vorsprung hat.

Augsburgs Sehnsucht nach mehr als dem puren Überlebenskampf war bereits vor der Saison vernehmbar gewesen. Doch die vom Verein erhoffte und von Herrlich beim Amtsantritt vor gut einem Jahr als Ziel ausgegebene spielerische Entwicklung gelang bisher nicht wie gewünscht. Der Trainer wird deshalb durchaus kritisch beäugt, wenngleich Manager Stefan Reuter ihn mehrfach öffentlich stärkte.

Hoffenheim muss aufpassen, nicht noch in ernsthafte Abstiegsgefahr zu geraten

Immerhin überzeugten die Augsburger nun in der ersten Halbzeit, als sie deutlich konzentrierter und zielstrebiger auftraten als Hoffenheim und "zwei sehr gute Kontertore" erzielten, wie Herrlich lobte. Jeweils entscheidend beteiligt war Vargas, der nach Daniel Caligiuris Zuspiel präzise zum 1:0 einschob und das 2:0 mit einem langen Pass in den Lauf von Hahn vorbereitete. "Eine deutliche Leistungssteigerung" in den vergangenen Wochen, attestierte Reuter dem Schweizer Nationalspieler, der nach Magen-Darm-Beschwerden in der Halbzeitpause erschöpft den Dienst einstellen musste. Obwohl danach kaum noch etwas nach vorne ging beim FCA, reichte es zu einem weitgehend ungefährdeten Sieg. Die feldüberlegenen, aber harmlosen Hoffenheimer brachten nur einen Schuss von Ilhas Bebou ans Außennetz und Skovs hübschen Dropkick zum Anschlusstor zustande.

Die Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß steht in dessen Debütsaison mit sieben Punkten Vorsprung auf die Abstiegszone zwar ebenfalls vermeintlich komfortabel da. Doch nach den jüngsten Eindrücken müssen sie bei der TSG aufpassen, nicht noch in ernsthafte Abstiegsgefahr zu geraten. Zumal die Agenda nun Leverkusen, Leipzig, Mönchengladbach und Freiburg bereithält, ehe Nervenspiele gegen die Abstiegskandidaten Schalke, Bielefeld und Hertha anstehen könnten. "Es ist erschreckend und macht mir ein bisschen Sorge", sagte Torwart und Kapitän Oliver Baumann nach der dritten Niederlage in Serie.

In der Vorsaison hatte die TSG Platz sechs und die Europa League erreicht. Der aktuelle Platz zwölf wäre das drittschlechteste Ergebnis in 13 Bundesligajahren. Bliebe es für die Augsburger am Saisonende bei Rang elf, wäre es ihre drittbeste Platzierung in zehn Jahren Bundesliga seit dem Aufstieg 2011. Nur 2014 (Platz acht) und 2015 (fünf) ging mehr. Wieder die Europa League erreichen zu wollen wie vor sechs Jahren, wäre wegen der zementierten finanziellen Unterschiede in der Liga für den FCA aber äußerst ambitioniert, befand der ehemalige Trainer Baum. "Ich glaube, dass sich die Zeiten in der Bundesliga geändert haben, dass es früher vielleicht etwas einfacher war", sagte er. Herrlich dürfte es ähnlich realistisch sehen.

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