FC Augsburg:Nur nicht zu sicher fühlen

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"Bei uns geht es nur im Kollektiv": Augsburgs Kapitän Daniel Baier im Austausch mit Torwart Tomas Koubek nach dem 0:2 gegen Leverkusen. (Foto: Lars Baron/Getty Images)

Nach dem 0:2 in Leverkusen warnt FCA-Trainer Schmidt vor zu viel Besonnenheit.

Von Ulrich Hartmann

Der Fußballtrainer Martin Schmidt ist ein Naturbursche, zum Abschalten geht er in die unberührten Berge. Die Stadt Leverkusen ist das Gegenteil davon. Alles ist flach, hier rauchen viele Schornsteine, in manchen Ecken der Stadt riecht es scharf. Leverkusen ist die Hauptstadt der Chemie. Am Sonntagabend saß Schmidt im Obergeschoss des örtlichen Stadions, es heißt BayArena, weil dort Bayer Leverkusen spielt. Schmidts FC Augsburg hatte mit 0:2 verloren, es war das sechste Spiel in der Rückrunde und von diesen sechs hat Augsburg bloß ein einziges gewonnen. "Es gibt Warnzeichen", sagte Schmidt, "zehn Punkte bis zum direkten Abstiegsplatz sehen zwar gut aus, aber die Teams hinter uns haben die bessere Phase, sie drängen." Der FC Augsburg wäre nicht das erste Team, das sich zu früh zu sicher fühlen könnte, doch man ist sich der Gefahren bewusst. Der Naturbursche Schmidt sagte im Stadion der Chemiestadt Leverkusen jedenfalls: "Im Moment ist es bei uns steinig und harzig."

Auch für solche Fälle wird in den Fabriken vor Ort etwas hergestellt. Harz lässt sich mit chemischen Mitteln entfernen, aber den Harz, den Schmidt meint, können die Augsburger Fußballer nur mit Siegen loswerden. Am Sonntag waren sie von einem Erfolg weit entfernt. Sie haben eigentlich ganz gut gestanden, sie haben die starken Leverkusener Angreifer phasenweise recht gut vom eigenen Tor ferngehalten - und das unter Trainer Martin Schmidt zum ersten Mal überhaupt mit drei Innenverteidigern: Tin Jedvaj, Jeffrey Gouweleeuw und Felix Uduokhai. Außen haben Raphael Framberger und Philipp Max diese Drei zu einer Fünferkette ergänzt. Das hat phasenweise ganz gut geklappt, aber die Abwehrkette war auch nicht das Problem, steinig und harzig war es für Augsburg vor allem im Mittelfeld.

"Unsere Schwäche war der letzte Pass nach vorne", klagte der Kapitän Daniel Baier. Er benutzte die Vokabel "schlampig". Im Leverkusener Mittelfeld spielen sündteure Jungstars: Kai Havertz, Nadiem Amiri, Moussa Diaby, Exequiel Palacios, alle sind wahnsinnig schnell und vom Trainer Peter Bosz zudem gut positioniert. Um dieses Mittelfeld zu überbrücken braucht man Mut und Tempo, und das brachten die Augsburger am Sonntag nicht ausreichend auf. "Bei uns geht es nur im Kollektiv und wenn wir 100 Prozent erreichen", sagte Baier, was wohl bedeuten sollte: diesmal waren nicht alle bei 100 Prozent.

Mit dieser Erkenntnis landet man wieder bei den warnenden Worten des Trainers. "Unsere Situation wirkt nicht besorgniserregend", sagte der Schweizer, "aber wir können nicht immer nur sagen: drei Siege noch, und dann wird es reichen, nein, wir müssen schleunigst punkten!" Die Tendenz stimme momentan ganz und gar nicht, sagte Schmidt, es fehlten Erfolgserlebnisse. Das Ziel bleibe, um den zehnten oder elften Platz zu kämpfen, sich im Mittelfeld zu etablieren.

Auch zu diesem Zwecke müssen die Spieler 100 Prozent abrufen. In Leverkusen hat das nicht geklappt, und die nächsten beiden Gegner heißen daheim Borussia Mönchengladbach und auswärts Bayern München. Sollten diese Spiele auch noch verloren gehen, dann könnte sich der FC Augsburg schneller als ihm lieb ist im Tabellenkeller wiederfinden. Der Vorsprung vor dem Drittletzten Fortuna Düsseldorf beträgt schon jetzt nur sieben Punkte.

Es braucht genau diese Perspektive auf die momentane Situation der Augsburger, um zu verstehen, warum Kapitän Baier am Sonntagabend im Souterrain der Leverkusener Arena deutliche Worte fand. "Wir sind noch lange, lange, lange nicht gesichert", sagte Baier, "und unsere Situation ist nicht einmal trügerisch." Baier ist sicher, dass sich niemand beim FC Augsburg von den 27 Punkten blenden lässt. "Wir sind alle sehr klar und wissen, dass jetzt schwierige Wochen kommen."

Für den Trainer Schmidt ist die Heimstärke der Schlüssel zum Klassenverbleib. 18 Punkte haben die Augsburger daheim geholt, nur neun auswärts. "Dank unserer Heimstärke stehen wir im Mittelfeld der Tabelle", sagt Schmidt.

Entscheidend wird wohl der April werden, dann bekommen die Augsburger es in vier Spielen mit vier hinter ihnen platzierten Teams zu tun: mit dem SC Paderborn, der Hertha aus Berlin, dem 1. FC Köln und Mainz 05. In diesen vier Spielen liegt eine große Chance - aber auch eine Gefahr. "Wir müssen hart arbeiten", sagt Schmidt mit Blick auf die kommenden Wochen, eine Sache zumindest stimmt ihn zuversichtlich: "Die Mentalität in der Mannschaft stimmt."

© SZ vom 25.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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