FC Augsburg:Augsburger Sturmwarnung

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„Das ist kein Debakel, das ist eine Katastrophe“: Augsburgs Trainer Martin Schmidt will jetzt Klartext mit seiner Mannschaft reden. (Foto: Jörg Halisch/Getty Images)

"Das ist kein Debakel, das ist eine Katastrophe": Trainer Martin Schmidt fordert von seinem Team einen Wandel nach dem 0:5 in Frankfurt.

Von Frank Hellmann

Wer Martin Schmidt nach der 0:5-Niederlage bei Eintracht Frankfurt zuhörte, hätte glauben können, das am Wochenende über Deutschland gezogene Orkantief Sabine habe sich nicht über dem Nordatlantik, sondern über dem Frankfurter Stadtwald zusammengebraut: So viel Wind machte der Trainer des FC Augsburg um die Abreibung seiner Mannschaft am Freitagabend. "Das ist kein Debakel, das ist eine Katastrophe, ganz klar. So eine zweite Halbzeit muss sicherlich innerhalb des Teams Folgen haben", urteilte der Schweizer im Stile eines düsteren Propheten, der bei dunklen Wolken den Weltuntergang kommen sieht. Seine Mannschaft war eingeknickt wie schutzlose Setzlinge auf einer windanfälligen Anhöhe, die schon das erste laue Lüftchen nicht überstehen.

Im Stakkato-Stil zählte Schmidt die lange Mängelliste seiner Mannschaft auf: "Wir haben uns zuerst den Schneid abkaufen lassen, dann irgendwann auch noch die Mentalität und die Packung kassiert." Zugleich sprach der 52-Jährige von der "schlechtesten Halbzeit in diesem Jahr". Der Trainer aus dem Schweizer Wallis schien tief getroffen zu sein. Nur zur Erinnerung: An selber Stelle feierte der im Frühjahr vergangenen Jahres wieder in die Bundesliga eingestiegene Fußballlehrer noch einen furiosen Einstand: Der 3:1-Erfolg in Frankfurt am 14. April 2019 erwies sich als wichtiger Grundstein zum Klassenverbleib. Erst später stellten sich für Schmidt Fragen nach der charakterlichen Eignung seiner Berufsfußballer, deren Laissez-faire-Haltung in eine 1:8-Peinlichkeit am letzten Spieltag beim VfL Wolfsburg gipfelte.

Es wirkt, als wolle Schmidt nach dem enttäuschenden 0:5 nun jegliches Nachlassen mit seiner Brandrede bekämpfen. Die Ursache für den zweiten Fünferpack in der Rückrunde nach dem noch mit der Urgewalt von Dortmunds Zugang Erling Haaland erklärten 3:5 gegen den BVB verortete Augsburgs Trainer im "mentalen Bereich, denn wenn alle Spieler nicht gut sind, liegt da meist der Grund". Seine Mannschaft kassierte übrigens bereits zum vierten Mal in dieser Spielzeit fünf Gegentore.

Der kapitale Aussetzer in Frankfurt ereignete sich nur sechs Tage nach dem wichtigen Heimsieg gegen Werder Bremen (2:1). "Anscheinend ist es so, dass man schnell mal fahrlässig wird nach gewonnenen Sechs-Punkte-Spielen", sagte Schmidt und will deshalb vor dem Heimspiel gegen den SC Freiburg am kommenden Samstag "Klartext reden".

Wo gegen die viel schwächeren Bremer noch seine aufrüttelnden Worte halfen, um den 0:1-Pausenrückstand zu drehen, blieb sein Team in Frankfurt jegliches Aufbäumen schuldig, obwohl sich anfänglich ja wirklich gute Gelegenheiten für die Augsburger boten. "Wir müssen in Führung gehen, dann hätten wir das Spiel gehabt, was wir gewollt hätten", sagte Schmidt und haderte mit der vertanen Gelegenheit von Ruben Vargas (9. Minute), der nicht als einziger Augsburger am tadellosen Frankfurter Torwart Kevin Trapp scheiterte. Und weil auch der bislang so treffsichere Florian Niederlechner kein Abschlussglück hatte, entpuppte sich die Offensive der Gäste als harmlos. Erschreckend war zudem, wie sich am Ende die Defensivabteilung gegen die entschlossene Frankfurter Flügelzange mit den Doppeltorschützen Timothy Chandler (37., 48.) und Filip Kostic (89., 90.) auflöste. "Wir haben es nicht mehr geschafft, dagegen zu halten", sagte Verteidiger Jeffrey Gouweleeuw. "Die Gegentore fallen dann auch zu leicht. Wir müssen jetzt weiter positiv bleiben, und es nächste Woche wieder besser machen."

Nicht zur Debatte steht ein erneuter Rollentausch zwischen den Pfosten. Den gewiss nicht unumstrittenen Torwart Tomas Koubek sprach Schmidt trotz saisonübergreifend bereits 44 Gegentoren von jeglicher Schuld frei. "Unser Torhüter hat uns vor einem 0:8, 0:9 bewahrt", meinte Schmidt, der dem Tschechen zuvor den Stammplatz garantiert hatte. Tatsächlich konnte Koubek allenfalls an Chandlers Kopfball ins kurze Eck vor dem 0:2 etwas ausrichten, doch war die Reaktionszeit für den 27-Jährigen extrem kurz. Die schlechtere Figur machten definitiv die Augsburger Feldspieler, die allerdings nicht so hart mit sich ins Gericht gingen wie ihr Trainer. Beinahe philosophisch klang Stürmer Alfred Finnbogason, als er sagte: "Wenn man 0:5 verliert, egal gegen wen, ist es immer schwer. Uns erwartet eine lange Reise zurück, da können wir uns Gedanken machen."

© SZ vom 10.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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