Fans:Umstrittene Rückkehr

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Modellprojekt: In Rostock waren bereits im März 777 Zuschauer im Stadion. (Foto: Bernd Wüstneck/dpa)

Bei Hansa Rostock und Union Berlin dürfen am Wochenende wieder wenige Fans ins Stadion, an anderen Standorten wird die Möglichkeit noch geprüft. Doch es gibt auch Gegner einer "Sonderrolle" des Profifußballs.

Von Ulrich Hartmann, München

Sinkende Inzidenzen und steigende Spannung im Showdown der Fußballsaison haben zuletzt etliche Fans vor die Stadien getrieben. In Augsburg und Bielefeld wurde die Ankunft der Mannschaftsbusse von ausgelassenen Fans eskortiert. Diesbezügliche Verstöße gegen Corona-Verordnungen wurden in der öffentlichen Wahrnehmung mit den angestauten Emotionen der leidgeprüften Fans halbwegs entschuldigt.

Wenn am kommenden Samstag nun 7500 Zuschauer zum Drittliga-Spiel zwischen dem Aufstiegsaspiranten Hansa Rostock und dem VfB Lübeck zugelassen werden, dann wird außer mit einer Inzidenz um die 50 auch mit der besseren Kontrolle solcher Fans argumentiert. "Es geht darum, mögliche Fanmassen mit in das Stadion zu nehmen, wo wir uns eine bessere Lenkung der Zuschauerströme versprechen", sagt Mecklenburg-Vorpommerns stellvertretender Ministerpräsident Harry Glawe. Das Landeskabinett in Schwerin hat am Dienstag die Zuschauerzahl bei dem als Modellprojekt eingestuften Spiel bestätigt. Fast sieben Monate lang hat es im deutschen Profifußball keine Zuschauer mehr gegeben.

Immerhin 2000 Besucher sollen auch beim Bundesligisten Union Berlin zum Spiel gegen RB Leipzig eingelassen werden - Genesung, negativer Test oder vollständige Impfung vorausgesetzt. Der Zweitligist Holstein Kiel hingegen verzichtet trotz grünen Lichts von der Stadt freiwillig auf Zuschauer. Dabei könnte man die Unterstützung im Kampf um den Bundesliga-Aufstieg gegen Darmstadt am Sonntag durchaus gebrauchen. "Wenn schon über Zuschauer in Stadien, in Hallen und anderen Wettkampfstätten diskutiert wird, dann sollte auch eine einheitliche Regelung gefunden werden", sagt der Klubpräsident Steffen Schneekloth. "Weder sollte der Profifußball für sich eine Sonderrolle in der Gesellschaft reklamieren - denn auch in anderen Veranstaltungsbranchen sind derzeit keine Zuschauer zugelassen - noch möchten wir eine Bevorzugung gegenüber anderen Sportvereinen im Land erfahren."

In München wären beim Heimspiel gegen den FC Augsburg 250 Zuschauer im Stadion erlaubt

Die Chancengleichheit mag auch sportlich ein heißdiskutiertes Thema sein zwischen Klubs aus unterschiedlichen Bundesländern, eine bundesweit einheitliche Regelung im Fußball wird es allerdings nicht geben. Corona-Regeln sind Ländersache, die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hält sich aus dieser Frage heraus. Vom Beginn der Pandemie an wurde die Zulassung von Zuschauern zwischen Klubs und Behörden geregelt und Fußballspiele von der DFL als "Genehmigung einer lokalen Großveranstaltung" in die Zuständigkeit der Behörden verwiesen.

Aus diesem Grund wird es im größten Bundesland Nordrhein-Westfalen nach aktuellem Stand der dortigen Corona-Schutzverordnung bis auf weiteres keine Zuschauer bei Fußballspielen geben. Denn hier heißt es im Paragraphen 9 ("Sport"): "Zuschauer dürfen bei den Wettbewerben in länderübergreifenden Profiligen nicht zugelassen werden." Davon sind am kommenden Wochenende die Bundesligisten Borussia Dortmund und 1. FC Köln sowie der Zweitligist VfL Bochum betroffen. In allen drei Städten verbietet aber auch die Inzidenz die Zulassung von Zuschauern.

In München liegt der entscheidende Wert dagegen seit Anfang Mai unter 100, weshalb laut am Dienstag im Kabinett beschlossener neuer Corona-Regeln bis zu 250 Zuschauer bei Sportevents im Freien dabei sein dürften. Ob der FC Bayern die Möglichkeit für eine Zuschauer-Rückkehr beim Heimspiel gegen den FC Augsburg am Samstag nutzen wird, war am Abend noch nicht klar. Auch Bayerns zweite Mannschaft und Türkgücü München in der dritten Liga haben am Wochenende Heimspiele.

Bis auf ganz wenige Ausnahmen werden bei den 28 Spielen der obersten drei Ligen am kommenden Wochenende aber keine zahlenden Besucher zuschauen. Beim Bundesligisten TSG Hoffenheim, beim Zweitligisten Hamburger SV und beim Drittligisten Waldhof Mannheim prüft man noch, ob vielleicht 100 Zuschauer eingelassen werden dürfen, aber das könnte dann bedeuten, dass es für so wenige Plätze nicht mal ein offizielles Vergabeverfahren gibt. Denn auch das erschwert die kurzfristige Vergabe von Tickets: dass erst einmal Anfragen gesammelt und Karten dann zum Beispiel verlost werden müssten. Viel Aufwand für wenige Privilegierte. Da bereiten sich die Klubs im Zweifelsfall lieber schon mal auf umfangreichere Kulissen in der kommenden Saison vor.

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