European Championships:Das Licht am Ende des Tunnels

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Großer Moment: Günter Zahn, deutscher Jugendmeister üebr 1500 Meter, trägt als Schlussläufer der Fackelstaffel die olympische Flamme ins Stadion und entzündet das Feuer. (Foto: Olympische Spiele/dpa)

Noch legt die Corona-Pandemie den gesamten Olympiapark lahm, doch hinter den Kulissen wird eifrig an der Vorbereitung für die Multi-EM im kommenden Jahr gearbeitet.

Von Ralf Tögel, München

Am Donnerstag ist Tobias Kohler wieder mal durch seinen Park spaziert. Bei Königswetter, wie der Pressechef der Olympiapark München GmbH (OMG) erzählt, ein wunderbares Erlebnis, strahlender Sonnenschein, die frisch überzuckerte Parklandschaft, die gute Luft - und viel Ruhe. Außer anderen Spaziergängern und ein paar Joggern war nicht viel los. Ansonsten hat Kohler zurzeit nicht so viel Freude an dieser einmaligen Location, wie der Olympiapark gerne in Hochglanzbroschüren und den Internetauftritten der Landeshauptstadt bezeichnet wird. Er sagt: "Die Situation ist nach wie vor fürchterlich." Die Corona-Pandemie hat die Welt weiter im Würgegriff, der Freistaat verharrt im Lockdown, wann Lockerungen kommen, hängt vom Infektionsgeschehen ab.

"Alles ist seit Monaten zu", sagt Tobias Kohler, der Kommunikationschef der Olympiapark München GmbH

Außer für ein paar erholsame Schritte inmitten der 1,5-Millionen-Metropole taugt der traditionsbeladene Ort derzeit nicht zu viel. Was einigen Münchnern genügen dürfte, ist für die OMG der Worst Case: "Alles ist seit Monaten zu", erklärt der Leiter für Kommunikation und Digitales, womit er nicht nur stornierte Veranstaltungen meint - der Stillstand ist umfassend: keine Fahrten auf den Olympiaturm, Stadion, Aquarium, Restaurants, Hallen, Begegnungsstätten, alles geschlossen. "Es gibt keinerlei Freizeit- und Touristenaktivitäten", sagt Kohler.

Im Hintergrund wird dennoch fleißig gearbeitet, man bereite sich auf die anstehenden Veranstaltungen vor. Und die sind gewaltig. Im Juni bereits steht die Fußball-Europameisterschaft in der Fröttmaninger Arena an, der einzige deutsche Spielort der paneuropäischen Titelkämpfe - bekanntlich um ein Jahr verschoben. Eine klare Planung ist nicht möglich, erklärt Kohler; für eine Fanmeile und ein großes Fanfest bereite man sich "auf verschiedene Szenarien vor". Die Stadt geht davon aus, dass die EM stattfindet, zumal die Bundesliga wöchentlich beweist, dass Fußball auch ohne Fans funktioniert.

Neun Europameisterschaften, 4400 Athleten, 158 Medaillenentscheidungen. Die Spitzen aus Wirtschaft und Politik sind vom Konzept begeistert

Etwas mehr Planungssicherheit gibt es für die European Championships im kommenden Jahr, jenes Mega-Event mit neun Europameisterschaften an einem Ort. Vom 11. bis 21. August sollen rund 4400 Athletinnen und Athleten in den Sportarten Beachvolleyball, Kanu-Rennsport, Klettern, Leichtathletik, Radsport, Rudern, Tischtennis, Triathlon und Turnen in 158 Medaillenentscheidungen ihre Europameister küren. Zentrum des Geschehens ist der Olympiapark, zudem werden die Ruderregattastrecke in Oberschleißheim, der Königsplatz im Herzen der Stadt (Beachvolleyball, Klettern), die ehemalige Rudi-Sedlmayer-Halle (Tischtennis) und eine Halle der Messe Riem (Bahnrad) Schauplätze sein. 50 Jahre nach den Sommerspielen 1972 ist weltweites Interesse garantiert, nun wurde den Spitzen aus Politik, Sport, Wirtschaft, Medien, Wissenschaft sowie Kultur und Religion im so genannten "Honorary Board" zum ersten Mal das Konzept dieser Großveranstaltung vorgestellt.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und OMG-Geschäftsführerin Marion Schöne hatten zu einem ersten Meeting geladen, natürlich der Situation angemessen in virtueller Form. Unter anderem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann waren von den Plänen sehr angetan. Ein Kernpunkt des Konzepts ist die Nutzung vorhandener Sportstätten und Infrastruktur, was hohe Nachhaltigkeit ermöglicht. Den dann hoffentlich zahlreichen Besuchern soll dieses Mini-Olympia kurze Wege und gute Nahverkehrsanbindung ermöglichen. Bis zu 10 000 Volunteers werden an der Umsetzung des Events beteiligt sein.

Innenminister Joachim Herrmann sieht in der Veranstaltung die Chance, "die Begeisterung bei den Zuschauern zu neuem Leben zu erwecken"

"Ich freue mich auf dieses internationale Sportfest, auf packende Wettkämpfe und volle Stadien", sagte Innenminister Herrmann. Für München seien die Championships gerade zum Jubiläum 50 Jahre nach Olympia eine großartige Sache: "Das ist nicht nur die Chance, Deutschland als sportbegeistertes und gastfreundliches Land zu präsentieren, sondern hoffentlich auch eine Gelegenheit, den Sport nach der Corona-Pandemie wieder in voller Blüte zu präsentieren und die Begeisterung bei den Zuschauern zu neuem Leben zu erwecken." OB Reiter sieht in der Veranstaltung einen weiteren Beweis, dass "die Nachhaltigkeit olympischer Sportstätten funktionieren kann". Auch OMG-Chefin Schöne zeigte sich nach dem Meeting sehr zufrieden: "Die geschlossene Unterstützung aus den unterschiedlichen Bereichen macht uns zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, unsere Vision und Mission umzusetzen."

Neben den sportlichen Höhepunkten wird das Kultusreferat der Landeshauptstadt ein großes Begleitprogramm erarbeiten, Ausstellungen im Stadtmuseum, der Villa Stuck oder dem Lenbachhaus sind vorgesehen, Kunst-Installationen mit Olympia-Bezug sowie eine Eröffnungsfeier im Theatron am Olympiasee. Auch an die Opfer des Attentats palästinensischer Terroristen soll erinnert werden. Die Feierlichkeiten sollen nicht als exklusive Gala daherkommen, sondern als buntes, innovatives Spektakel den Geist des damaligen Kulturprogramms versprühen.

90 Mitarbeiter sind jetzt schon mit Planung und Organisation befasst, die Zahl wird weiter wachsen

Für die umfangreichen Vorbereitungen hat die OMG eigens ein Bürogebäude neben dem Olympiastadion errichtet, das kürzlich um einen Anbau erweitert wurde. Dann kam der zweite Lockdown, das L-förmige Bauwerk steht seither leer. Die mittlerweile mehr als 90 Mitarbeiter befinden sich allesamt im Homeoffice.

Die Mitarbeiterzahl werde wachsen, sagt Kohler, je näher die Championships kämen. Ein Anker in unsicheren Zeiten, denn "im Grunde weiß niemand, wie es weitergeht. Wir überlegen ständig hin und her, was stattfinden könnte, wann man was tun kann". Die OMG, so Kohler, befinde sich weiter auf der Suche nach dem Licht am Ende des Tunnels. Da bringt auch ein Spaziergang im Sonnenschein nur kurzfristig Linderung.

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