Emil Forsberg:Seit, Seit, Wechselschritt

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Jubelfaust Richtung Leipzig? Schwedens Bundesliga-Profi Emil Forsberg sorgte - mit freundlicher eidgenössischer Hilfe - für das Siegtor. (Foto: Wang Yuguo/dpa)

Der Schwede lässt nach seinem Siegtor offen, ob er in Leipzig bleibt. Dort dürften sie aber nicht zu stark überrascht sein.

Von Claudio Catuogno, Sankt Petersburg

Auf die Krawatte hatte Emil Forsberg nach dem Duschen verzichtet, den gelb-schwarzen Team-Schlips der Schweden zerknüllte er fortwährend mit der linken Hand, während er sprach. Es war das letzte Zeichen irgendeiner Anspannung in seinem Körper. Ansonsten war Emil Forsberg, 26, ein einziges menschgewordenes Grinsen. Normalerweise bleiben Fußballer bei den Reportern in der Mixed Zone höchstens mal hier und mal dort stehen, wenn sie sich nicht gleich das Handy ans Ohr halten, einen Anruf simulieren und mit geradeaus gerichtetem Blick dem Ausgang zuschreiten. Forsberg hingegen legte nach dem 1:0 (0:0) im Achtelfinale gegen die Schweiz die Strecke durch die Katakomben des Sankt Petersburger Stadions wie im Tanzkurs zurück: Seit, Seit, Wechselschritt, Seit, Seit. Überall blieb er stehen, grinste, jeder wollte etwas von ihm wissen, und dass es wieder und wieder die gleichen Fragen waren, machte ihm gar nichts aus. Dünkel? Nicht bei den Schweden! Ein Teil ihres Erfolgsgeheimnisses ist damit bereits benannt.

Es gab aber auch eine Menge zu besprechen. Forsbergs Siegtor natürlich, das die Schweden erstmals seit 24 Jahren wieder ins Viertelfinale einer WM gebracht hatte - jenes 1:0 in der 57. Minute, abgefälscht vom Schweizer Verteidiger Manuel Akanji und damit unhaltbar für Yann Sommer. Außerdem die Frage, was diese Schweden so stark macht, ausgerechnet im ersten Turnier ohne den alten Weltstar Zlatan Ibrahimovic, 36. Und nicht zuletzt die Frage, ob Forsberg auch in der nächsten Saison noch bei RB Leipzig in der Bundesliga seine Tore zu schießen gedenkt.

Letzteres ließ Forsberg aufreizend offen, gemessen daran, dass er einen Vertrag bis 2022 bei den Sachsen unterschrieben hat. Aber WM-Turniere haben ja oft ihre Eigendynamik: Heute spielst du noch in Bremen oder Stuttgart - und morgen schon bei Real Madrid. Forsberg jedenfalls entgegnete auf die Zukunftsfrage: "Da kann ich noch keine Antwort formulieren." Was ja nur heißen kann: Er hält sich alles offen. Oder? Forsberg grinste: "Das darfst du selbst überlegen."

Dass sie in Leipzig jetzt aus allen Wolken fallen, ist aber nicht zu erwarten. So sehr sich Forsberg als Teil der schwedischen Elf dem bedingungslosen Zusammenhalt - neudeutsch: Commitment - verschrieben hat, so wenig ist es seine Art, übertriebene Treueschwüre zu seinem Verein abzugeben. Das kennen sie schon bei RB. Als der Stürmer 2015, bereits als Nationalspieler, von Malmö FF zum damaligen Zweitligisten wechselte, haben das in Schweden viele nicht verstanden - Forsberg aber glaubte an das Ralf-Rangnick-Projekt und war mit seinen Toren dann wesentlich daran beteiligt, es von der zweiten Liga (vorübergehend) bis in die Champions League zu hieven.

Aber vom "nächsten Schritt" spricht er schon länger. Oder davon, dass natürlich "jeder seine Lieblingsklubs hat". Und dass es in Leipzig zu wenige Restaurants gibt, die seinen Ansprüchen genügen, ist in der Lokalpresse ebenfalls schon ausführlich erörtert worden, das "Steaktrain oder das Shiki" seien "im Großen und Ganzen schon alles, was sich finden lässt". Gegen eine Stadt mit Gucci-Store, ist zu hören, hätte er auch nichts einzuwenden. Das ist aber auch schon das Maximum an Exzentrik, das sie sich bei den neuen Schweden erlauben. Jetzt, da Zlatan Ibrahimovic nicht mehr dabei ist.

© SZ vom 05.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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