EM 2024:Die Punktzahlen bleiben geheim

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Der Deutsche Fußball-Bund spricht von einer transparenten Auswahl der Städte für die EM-Bewerbung 2024. Doch die Grundlage für die Entscheidung will der Verband nicht veröffentlichen.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

"Zehn aus 14", so lautete monatelang das Motto des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Es ging darum, die Städte auszusuchen, mit denen sich der Verband im Duell mit der Türkei um die Austragung der EM 2024 bewerben möchte. Und wann immer in dieser Zeit die Rede auf das Auswahlverfahren kam, durfte ein Wort nicht fehlen: "Transparenz". Die Kür sollte für alle nachvollziehbar sein.

Vor einer Woche teilte der DFB seine Entscheidung schließlich mit. Aber nun zeigt sich: Die angebliche Transparenz ist stark eingeschränkt. Denn die entscheidenden Daten, auf denen die Auswahl des DFB fußte, will er nicht mitteilen.

Der Verband hat sich in den vergangenen Monaten mit dem Verfahren durchaus sehr viel Mühe gemacht. Bei der Bewertung jeder einzelnen Stadt hangelte er sich an zehn von Europas Fußball-Union (Uefa) vorgegebenen "Sektoren" entlang. Diese reichten von einer Bewertung der Stadien bis hin zu Rechts- und Sicherheitsthemen - und wurden noch einmal in zahlreiche Unterpunkte aufgeteilt. In insgesamt 103 Komplexen erstellten interne und externe Experten Bewertungen und verteilten Punkte.

Diese Sektoren wurden unterschiedlich stark gewichtet, und daraus entstand ein Gesamtranking, das folgendes Ergebnis hervorbrachte: Berlin, München, Düsseldorf, Stuttgart, Köln, Hamburg, Leipzig, Dortmund, Gelsenkirchen und Frankfurt (in der Reihenfolge der Rangliste) sind die zehn Sieger-Städte. Nürnberg, Hannover, Mönchengladbach und Bremen müssen leider passen. Dabei war es insbesondere zwischen den Plätzen zehn (Frankfurt), elf (Nürnberg) und zwölf (Hannover) eng, wie der DFB bei der Präsentation selbst mitteilte.

Die Publikation jedes einzelnen Wertes sei "nicht zielführend"

Nun wäre interessant zu wissen, was genau den Ausschlag gab, doch da endet es mit der bedingungslosen Transparenz, die der DFB seit dem Sommermärchen-Skandal und unter Führung seines 2016 gewählten Chefs Reinhard Grindel stets verspricht. Denn mit der Präsentation der Kandidaten-Kür veröffentlichte der DFB zwar einen 65-seitigen Evaluierungsbericht, der bei jeder Stadt für jeden der zehn Sektoren Lobens- und Rügenswertes erwähnt. Er publizierte auch Rankings zu den einzelnen Sektoren sowie das Gesamtranking - allerdings jeweils nur in einfacher tabellarischer und damit nur wenig aussagekräftiger Form.

Entscheidend für die Nachvollziehbarkeit der Kandidatenkür sind jedoch die Punktzahlen, die jede Stadt in den einzelnen Sektoren erhielt und aus denen das Gesamtranking entstand. Und diese wiederum veröffentlichte der DFB nicht - und tut es auch auf Nachfrage nicht. Damit bleibt unklar, wie genau der Verband zu seinen Ergebnissen kam.

Der DFB verteidigt seine Haltung über den geheimniskrämerischen Umgang mit den entscheidenden Daten. "Jeden einzelnen Wert aus den umfangreichen Exceltabellen zu veröffentlichen, ist nicht zielführend, weil jede einzelne Bewertung einer Erläuterung der ihr zugrunde liegenden Kriterien und Erklärung durch die internen und externen Experten bedarf", teilt er mit: "Die isolierte Betrachtung von Zahlenreihen hat ohne diesen Kontext keine Aussagekraft."

Zudem verweist er darauf, dass Transparency International (TI) Einsicht in alle Zahlen und Unterlagen gehabt habe und nichts zu beanstanden hatte. Im Austausch mit der Organisation sei beschlossen worden, die Rankings zu veröffentlichen. Die zuständige TI-Vertreterin Sylvia Schenk betont hingegen, dass "wir nichts beschließen". Sie empfindet die Publikation der Punktzahlen als "schwierigen Abwägungsprozess" und sagt: "Ich kann nachvollziehen, dass die Zahlen nicht veröffentlicht worden sind, weil sie zu einem Wust an Nachfragen und Nachbearbeitungen geführt hätten."

Das mag sein. Aber dann hätten auch alle Interessierten gewusst, wer warum ausgeschieden ist.

© SZ vom 23.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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