Eishockey:Zukunftspläne am Pulverturm

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Zeit für Gespräche: Tom Pokel, Trainer der Straubing Tigers. (Foto: Zink/imago)

Die Straubing Tigers trifft das Eishockey-Aus besonders hart - gesichert ist immerhin die Europapokal-Teilnahme.

Von Johannes Kirchmeier, Straubing

Sie kamen noch einmal zusammen in der vergangenen Woche, um das zu tun, was man so tut, wenn eine Eishockey-Saison zu früh endet. Tom Pokel, der Trainer der Straubing Tigers, und der sportliche Leiter, Jason Dunham, trafen sich gemeinsam mit jedem Spieler. Sie redeten am Eisstadion am Pulverturm über die vergangene Spielzeit - und darüber, was kommen wird. Travis Turnbull teilte ihnen bei der Gelegenheit mit, dass er nach der Saison zu den Schwenninger Wild Wings wechseln wird. Weitere Personalentscheidungen gab es noch nicht. Aber die auch von anderen Klubs umworbenen Angreifer Jeremy Williams und Mitchell Heard signalisierten ihr Interesse zu bleiben, wie Dunham am vergangenen Donnerstag über den Vereinskanal in den sozialen Netzwerken bekannt gab.

Es sei schon eine komische Stimmung gewesen, verriet Pokel am Telefon, als er und Dunham in die Gesichter der Spieler geblickt hätten: "Wir müssen das alle noch verarbeiten." Gerade hatten sie ihre beste Hauptrunde der Vereinsgeschichte absolviert, als Tabellendritter, mit 98 Punkten und mit 175 Toren (mehr als der Erste, der EHC München), da kam dieses vermaledeite und wenig berechenbare Coronavirus dazwischen und beendete die Saison in allen Ligen. "Trainer, Spieler und Management, alle arbeiten auf ein Ziel hin. Und wenn man dann auf die Zielgerade einbiegt, dann ist es plötzlich zu Ende." Er verstehe die Umstände, das schon, aber eine gewisse Leere verspüre Pokel immer noch.

Nur wenige Klubs dürfte diese Spielzeitabsage so getroffen haben wie den Verein vom kleinsten Standort der Deutschen Eishockey Liga (DEL). "Man weiß ja nie, ob so eine Saison noch einmal wiederkommt", sagt Trainer Pokel. Sogar ein Fan aus Mannheim schrieb auf der Facebook-Seite der Tigers: "Für euch Straubinger tut es mir besonders leid", weil dem Konkurrenten die Chance genommen sei, "eine großartige Saison gebührend abzuschließen".

Anders als die Adler Mannheim oder der EHC München, die mit erheblich höheren Etats als die Straubing Tigers ausgestattet sind und alljährlich um den Titel mitspielen, können sich die Straubinger nicht sicher sein, solch ein Spieljahr zu wiederholen. In der Saison 2019/20 entwickelte sich eine besondere Dynamik nahezu ohne Durchhänger - lediglich über Weihnachten verlor der Verein vier Spiele nacheinander. Je zweimal besiegte er die Spitzenteams München und Mannheim, die Straubinger durften sich erstmals berechtigte Hoffnungen darauf machen, in den Meisterschaftskampf einzusteigen. "Darauf haben die Leute hier fast zwei Jahrzehnte gewartet", sagt Pokel - nämlich seit dem DEL-Aufstieg im Jahr 2006. Die Fans sangen voller Vorfreude beim letzten Hauptrundenspiel: "Deutscher Meister wird nur der EHC!" Der Eishockeyclub Straubing also: Worte, die man am Pulverturm bisher äußerst selten mal vernommen hatte.

Und was macht ein Klub nun, wenn ihm die beste Spielzeit der Vereinsgeschichte genommen wird? Es wird noch eine Weile dauern, bis die Straubinger die Vollbremsung ihrer Playoff-Freude verdaut haben, das schon. Aber: "Es war ja auch nicht alles umsonst", sagte Kapitän Sandro Schönberger. "Wir spielen nächste Saison Champions League. Wer hätte das gedacht, als ich vor elf Jahren hierhergekommen bin?" Rang drei in der Tabelle bedeutet auch die erste Europapokal-Teilnahme für den kleinen Klub. Niederbayern (und Oberpfälzer wie Schönberger) sind zäh, Rückschläge nehmen sie in Ostbayern an, es kommt halt, wie es kommt - und anschließend macht man das Beste daraus.

Das ist auch die Hoffnung, die der sportliche Leiter Jason Dunham und Trainer Tom Pokel hegen. Und nur so ist wohl auch zu erklären, was nun manche Fans erledigt haben: Sie haben die Spielzeit im Wortsinne honoriert. "Dass so viele, die bereits ein Ticket für eines der Playoff-Viertelfinalspiele gekauft haben, auf eine Rückerstattung des Kaufpreises verzichten wollen, macht uns einfach sprachlos", sagte die Geschäftsführerin Gaby Sennebogen.

Tom Pokels Vertrag läuft nach der Saison zwar aus, aber mit etwas anderem als einer Zukunft in Straubing hat er sich bisher nicht beschäftigt. Die Gespräche führt er mit Dunham in diesen Tagen - aus Corona-Gründen wohl per Videochat, Pokel ist zu seiner Familie nach Österreich zurückgekehrt. "Ich würde gerne hier in Straubing bleiben", sagt er. Und Dunham würde ihn gerne in Niederbayern halten. Am künftigen Kader haben sie zuletzt gemeinsam gewerkelt. Und nach dem verfrühten Saisonende steht für Pokel ohnehin fest: "Man möchte nicht irgendetwas auf diese Art und Weise beenden." Sie sind nach der stärksten Saison der Vereinsgeschichte noch nicht fertig in Straubing. Im besten Falle haben sie ihr Happy End nur um ein Jahr vertagt.

© SZ vom 16.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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