Eishockey:Slowaken, Tschechen, Gallier

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In der Verzahnungsrunde zwischen Bayern- und Landesliga herrscht weiter Streit um die Ausländerregelung. Der ESC Haßfurt verstößt konsequent gegen sie - und verliert daher ständig.

Von Sebastian Leisgang

Frank Butz ist müde. Müde der Debatten und des Hin und Her. Natürlich hebe er noch ab, wenn ihn einer der Vereine anrufe, sagt Butz, eigentlich habe er aber "keinen Gesprächsbedarf mehr". Butz ist der Resignation nahe, dabei ist derzeit mal wieder nichts dringlicher als eine Aussprache, eine Lösung in diesem Konflikt, den der Bayerische Eissport-Verband (BEV) seit nunmehr drei Jahren mit den Vereinen austrägt.

Butz, 55, ist Regionalobmann beim BEV. Wenn man ihn dieser Tage auf Eishockey anspricht, redet er sich beinahe in Rage. Man spürt, wie es in ihm arbeitet. Dann gibt er offen zu: "Das belastet mich. Ich finde es einfach schade, dass man diesen Weg geht." Der Weg, den Butz meint, kreist um eine Ausländerregelung. Da sich manche Klubs an diese halten, andere aber nicht, kursieren derzeit zwei Tabellen in der sogenannten Verzahnungsrunde zur viertklassigen Bayernliga - und damit auch die Frage: Welche Tabelle lügt?

Die Bayernligisten hatten sich darauf verständigt, in einem Spiel höchstens zwei EU-Ausländer einzusetzen. Die Absprache soll dem Wettrüsten vergangener Tage vorbeugen und einen gesunden Wettbewerb sicherstellen. Das Problem ist allerdings: Da sich die Landesligisten ESC Haßfurt und ESV Burgau sowie der nicht für die Verzahnungsrunde qualifizierte ESV Waldkirchen gegen eine Beschränkung ausgesprochen haben, gibt es diese nur in der Bayernliga - doch nun duellieren sich die Klubs beider Spielklassen in der Verzahnungsrunde, und zwar "nach den Regularien der höheren Liga", wie Butz erklärt: "Das ist schon immer Usus."

Auch in der Verzahnungsrunde erlaubt der Verband also lediglich zwei EU-Ausländer. Während Burgau nach lediglich einem Verstoß inzwischen eingelenkt hat, hält sich Haßfurt nach wie vor nicht an die Bestimmungen und beruft sich auf das EU-Recht, das im Sinne der Freizügigkeit der Absprache der Bayernligisten entgegensteht. Auf diesem Wege hat der EV Berchtesgaden bereits 2016 das Ende einer verbindlichen Ausländerbegrenzung im Amateureishockey erstritten. Butz aber sagt: "Wir als Verband sind die Summe unserer Vereine. Wir haben das Votum zu akzeptieren und umzusetzen - ob das EU-Recht-konform ist oder nicht." Deshalb werden sämtliche Partien, in denen ein Klub auf mehr als zwei EU-Ausländer zurückgreift, mit 0:5 gegen diesen gewertet.

So ergeben sich zwei Tabellen. Eine amtliche, die der Verband führt und Haßfurt derzeit mit drei Punkten auf dem vorletzten Platz einordnet, da das jüngste 12:2 gegen den ESC Vilshofen noch nicht umgewertet worden ist, was aber natürlich noch folgen wird. Und eine zweite, die die tatsächlichen Resultate berücksichtigt - und Haßfurt mit neun Punkten auf Rang drei vorsieht.

Andreas Kurz, 50, kann breit grinsen. Sehr breit. Seine Wangen wölben sich dann und legen seine Augen in Falten. Kurz grinst häufig. Allerdings nicht in diesen Tagen. "Die Diskussionen der letzten Wochen gehen auch bei uns im Verein an keinem spurlos vorbei", sagt Haßfurts Vorstandsmitglied. Der Konflikt nagt an ihm, auch wenn Obmann Butz noch immer abhebt, wenn er anruft. "Wir wollen nicht gallisches Dorf spielen", betont Kurz, "uns geht es nur um eine einheitliche, rechtlich saubere Lösung." Er ist sich sicher: Ohne jenen Slowaken und die drei Tschechen, die auch in der Verzahnungsrunde für Haßfurt spielen, sei die Mannschaft nicht konkurrenzfähig. "Viele unserer einheimischen Spieler, gerade die jüngeren, können nur spielen, weil die vier sie führen und Fehler ausbügeln", sagt Kurz. Und: "Wo liegt der Unterschied, wenn wir die Positionen mit deutschen, vielleicht sogar noch eingebürgerten Spielern aus Hamburg oder vom Timmendorfer Strand besetzen würden?"

Hamburg und der Timmendorfer Strand: Es sind willkürliche Beispiele, die Kurz wählt. Doch die Geografie spielt in diesem Konflikt durchaus eine Rolle, da es im Norden Bayerns weitaus weniger Eishockeyvereine gibt als im Süden. "Wir haben nicht alle 20 Kilometer eine Eishalle, in der wir Spieler abgreifen können", sagt Kurz. Auch deshalb die EU-Ausländer. Auch deshalb der Boykott der Selbstbeschränkung.

Butz kennt all diese Argumente. Er hat sie schon unzählige Male gehört. Er sagt aber: "Ich verstehe nicht, warum man seine Meinung auf Gedeih und Verderb durchdrücken muss, wenn die Mehrheit etwas anderes will." Auch die Kritik, es sei nicht korrekt, einen EU-Ausländer in seiner Freizeitgestaltung zu beschneiden, zieht bei ihm nicht. Er sagt: "Die Spieler geh'n ja ned nach Haßfurt, weil's da so schee is." Wenn Butz in Rage ist, verfällt er in den Dialekt.

Der Verband beharrt nun auf seinem Standpunkt - auch wenn Butz ahnt, dass Haßfurt mit seinen Argumenten durchkommen könnte. Er sagt aber: "Wenn wir die Wertungen zurücknehmen, machen wir uns unglaubwürdig." Die Hoffnung auf eine außergerichtliche Lösung hat er inzwischen aufgegeben: "I bin der Meinung, dass Reden die Leit zambringt - das is in dem Fall aber leider ned so."

© SZ vom 31.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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