Eishockey:Rausch ohne Reue

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Augsburger Vorarbeiter: Drew LeBlanc (links, mit Goldhelm für den besten Spieler) und T.J. Trevelyan. (Foto: Thomas Hiermayer/DeFodi.de/imago)

Das 4:1 gegen Meister München bestärkt die Augsburger Panther darin, dass diese Saison noch nicht verloren ist.

Von Johannes Schnitzler

Von Pyrrhus I. ist eine Vielzahl biografischer Details überliefert. In der Nachfolge Alexanders des Großen war der König von Epirus einer der führenden hellenischen Kriegsherren. Heute würde man sagen: ein Warlord. Seine prominenteste Unternehmung, der Feldzug gegen den neureichen Nachbarn Rom, machte ihn unsterblich - und war der Anfang vom Ende seiner Herrschaft. Nach dem Triumph bei Asculum (279 v. Chr.) barmte Pyrrhus: "Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!" Sein Heer hatte solche Verluste erlitten, dass es sich nicht mehr davon erholen sollte. Die Schlacht war gewonnen, der Krieg aber ging verloren. Bis heute nennt man einen zu teuer erkauften Sieg deshalb einen Pyrrhussieg. Pyrrhus übrigens bedeutet "Feuerkopf" - der König hatte rote Haare.

Zwei Tage nach dem 7:1-Triumph gegen die Krefeld Pinguine, dem höchsten Saisonsieg in der Deutschen Eishockey Liga, saß Mike Stewart, der rotblonde Trainer der Augsburger Panther, am Dienstagabend im Presseraum des Augsburger Curt-Frenzel-Stadions und sollte einen 4:1-Sieg seiner Mannschaft gegen den neureichen Nachbarn München erklären, der bis zur 55. Minute wie eine Niederlage aussah. Dann drehte sein Team mit drei Treffern binnen 91 Sekunden die Partie, das Stadion tobte, und der Austrokanadier Stewart sagte: "Ich bin ein bissl angespannt jetzt."

Erst verhedderte Stewart sich in seiner Analyse ("war das im ersten Drittel?"), dann verwies er auf das "nächste wichtige Spiel am Sonntag". Den Hinweis, dass sein Team bereits am Donnerstag anzutreten habe, konterte er mit einem erschöpften Lächeln: "Welcher Tag heute ist? Wann wir spielen? Ehrlich, ich weiß es nicht."

T.J. Trevelyan, Daniel Schmölz und Matt White hatten die Partie vom Kopf auf die Füße gestellt. Die Panther hatten gerackert, gekämpft, geschossen. Nur nicht getroffen. "Es war frustrierend", gab Stewart zu. Und plötzlich saß jeder Schuss. Schmölz' 4:1 (58.) war die Zugabe.

Die Powerplay-Formationen der Panther waren gesprengt

Die Playoffs sind für Augsburg wieder in Reichweite. Bei noch sieben ausstehenden Spielen hat der Tabellenzwölfte nur noch drei respektive vier Zähler Rückstand auf Düsseldorf und Schwenningen. Der nächste Gegner (am Donnerstag!) ist Schwenningen. "Entscheidend wird die Energie sein", sagte Stewart.

Den Triumph zuvor gegen Krefeld hatten die Panther teuer bezahlt. Zu teuer? Das war die Frage vor dem Derby gegen München. Nach Michael Davies, der bis Saisonende ausfällt, und ihrem besten Torschützen Trevor Parkes hatte es gegen die Pinguine auch Topscorer Drew LeBlanc, Jaroslav Hafenrichter, Arvids Rekis und Brady Lamb erwischt. Damit waren nicht nur die Powerplay-Formationen der Panther - ihre schärfste Waffe - gesprengt, auch die Verteidigung drohte zu bröckeln.

Dass sie kämpfen können, haben die Panther indes bewiesen. Nach dem verheerenden November mit nur zwei Siegen, als sie aus den Playoff-Rängen rasselten, haben sie im Januar nun sechs von acht Partien gewonnen. Gegen München waren LeBlanc, Hafenrichter, Lamb und Rekis trotz Blessuren alle dabei. Und auch als sie zurücklagen, "haben wir nie aufgegeben", wie Kapitän Steffen Tölzer resümierte: "Wir wollten nicht so verlieren." Nicht, nachdem sie mehrmals sogar mit zwei Mann in Überzahl waren. "München tut die Niederlage nicht so weh", sagte Tölzer. Er grinste.

Trevelyans Überzahltor in der 55. Minute war das Fanal für eine rauschhafte Schlussoffensive. Dass ausgerechnet er zum 1:1 traf, war eine besondere Pointe. Der 33-jährige Kanadier, der seine siebte Saison in Augsburg spielt, war als überzähliger Ausländer erst durch die Verletzungen von Parkes und Davies wieder ins Team rotiert. "Andere machen in so einer Situation Ärger. Er ist mental stark geblieben", sagte Tölzer. Larry Mitchell, der Trevelyan vor sieben Jahren zum AEV holte, sagte damals: "Er ist ein Torjäger. Aber er kann kämpfen wie ein Schwein." Zwei Eigenschaften, die den Panthern mehr denn je helfen, wie Trainer Mike Stewart, noch immer verdattert, betonte: "Nach dem 1:1 haben wir mit noch mehr Energie gespielt. T.J. hat den Knoten für uns geplatzt."

Noch ein paar solche Siege, und es wäre nichts verloren.

© SZ vom 25.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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