Eishockey-Playoffs:Rückschlag für den Meister

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Bitterer Rückschlag: Die Augsburger bezwingen den Meister EHC. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Der EHC München verliert 3:4 bei den Augsburger Panthern durch ein Powerplaytor von Drew LeBlanc 26 Sekunden vor Schluss. In der Halbfinal-Serie steht es nun 1:1.

Von Johannes Schnitzler, Augsburg

Das sei nun wieder so ein Spiel, bei dem man nicht wisse, was man davon erwarten solle, sagte Don Jackson. Es hatte ja auch keiner erwartet, dass sich der EHC Red Bull München und die Augsburger Panther am vergangenen Mittwoch 101:12 Minuten lang über jeden Millimeter Eis jagen würden, bis endlich, kurz vor Mitternacht, der 2:1-Sieg für München feststand. EHC-Trainer Jackson deutete danach in der Pressekonferenz ein Gähnen an - puh, war das spät geworden - das dann aber gleich einem ziemlich entspannten Grinsen wich. "Wir sind sehr, sehr froh", sagte Jackson. Dieses 1:0 war der erhoffte Start in die Halbfinalserie gewesen. Zum Einzug ins Finale der Deutschen Eishockey Liga (DEL) sind vier Siege nötig.

Zu rechnen war damit, dass die Panther am Freitag in Spiel zwei, diesmal im Augsburger Curt-Frenzel-Stadion, die schwereren Beine haben würden. Verteidiger Brady Lamb etwa hatte phänomenale 43:17 Minuten auf dem Eis verbracht. Gegen Ende ließ der Kanadier, der sonst immer über die Bande auf die Bank wechselt, sich immer die Tür öffnen, weil er die Beine nicht mehr so weit heben konnte. Außerdem fehlten den Panthern in Scott Valentine (verletzt) und Patrick McNeill (gesperrt) zwei wichtige Stützen der Abwehr. Dafür hatten sie den siebten Mann im Rücken: ihre Fans.

Die Unterstützung von den Rängen half Augsburg enorm. Die Panther gewannen durch ein Powerplaytor von Drew LeBlanc 26 Sekunden vor Schluss 4:3 (1:1, 1:1, 2:1) und glichen die Serie zum 1:1 aus. Genau das richtige Geschenk zum Geburtstag von Hauptgesellschafter Lothar Sigl, der am Freitag 62 wurde.

Erwarten hätte man dürfen, dass beide Teams angesichts des Marathons keine 48 Stunden zuvor etwas steifbeinig in dieses zweite Spiel gegen würden. Doch sie eröffneten erstaunlich frisch und forsch. Noch waren keine fünf Minuten gespielt, da hatten beide Seiten je eine Großchance vergeben: für Augsburg Youngster Marco Sternheim, der Daryl Boyle gekonnt verlud und allein auf Danny aus den Birken zu stürmte, aber am Nationaltorwart scheiterte; für München Yasin Ehliz, der auf Querpass von Patrick Hager an Olivier Roy nicht vorbeikam.

Es war Lamb, der als Erster auf die Strafbank musste. Und München tat, wie Don Jackson es befohlen hatte. "Wir könnten noch mehr schießen", hatte der Coach des Meisters Mittwochnacht noch gesagt, und München schoss. Aber Roy hielt. Dann waren die zwei Minuten Unterzahl um, die Kulisse tobte. Und sie rastete völlig aus, als Matt Fraser nach kluger Ablage von Sahir Gill das 1:0 für den AEV erzielte (17.). Mehr Schub kann auch ein hoch dosierter Energydrink nicht geben. Dumm nur für Augsburg, dass Mark Voakes, der am Mittwoch beide Münchner Treffer erzielt hatte, nur 59 Sekunden später schon wieder zur Stelle war: Blei für die Augsburger Beine?

Es hatte den Anschein. Kurz nach der ersten Pause leistete sich die Hintermannschaft des AEV eine kollektive Unaufmerksamkeit, der ehemalige Augsburger Trevor Parkes spielte John Mitchell frei, und der schob den Puck zum 1:2 (22.) ins Tor. Wenig später hatte Maximilian Daubner das 1:3 auf dem Schläger, den Panthern drohte ein früher Knockout. Doch ein gewonnener Zweikampf von Kapitän Steffen Tölzer schickte Matt White auf die Reise, der den Puck aus den Birken zum 2:2 (26.) durch die Beine schob. Der siebte Mann tobte.

Augsburg überließ München das Spiel weitgehend und konzentrierte sich darauf, den Puck aus der eigenen Zone zu spielen, in der Hoffnung, irgendwann einen Konter zu bekommen; "das ist gut für uns", sagte Münchens Daubner im TV-Break, "wir müssen nur unsere Chancen nutzen". Aber Roy reagierte mehrmals glänzend gegen Boyle und Parkes (35.), und plötzlich bekamen die Panther genau jenen Konter, auf den sie gelauert hatten: Drew LeBlanc blieb cool und schlenzte den Puck über die Fanghand von Danny aus den Birken präzise in den linken Torwinkel (42.). Der vierte Playoff-Treffer für den 29-jährigen Amerikaner. Aber kaum stand das Stadion Kopf, stellte es John Mitchell wieder auf die Beine: Mit seinem zweiten Tor an diesem Abend egalisierte der Kanadier (48.). Hätte Sahir Gill wieder nur eine Minute später einen Penalty für die Panther verwandelt, was wäre gefolgt? Doch dieses Spiel hatte eine ganz andere Pointe vorgesehen. 1:59 Minuten vor Schluss bekam EHC-Kapitän Michael Wolf eine Zwei-Minuten-Strafe. Und dann kam LeBlanc an den Puck. Und Augsburg hob ab.

Was soll man von dieser Serie erwarten, die ständig die Erwartungen übertrifft? Bis zum dritten Spiel am Sonntag (14 Uhr) in München blieben nur noch 40 Stunden.

© SZ vom 06.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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