Eishockey-Playoffs:Frustrierter Reis

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Engagierter Einsatz: Ingolstadts Michael Garteig und Fabio Wagner verteidigen gemeinschaftlich gegen Münchens Justin Schütz (von links). (Foto: Heike Feiner/Eibner/imago)

Die Münchner müssen nach der überraschenden Niederlage gegen Ingolstadt das zweite Spiel gewinnen, um ihre Chance auf den Halbfinaleinzug zu wahren. Passend zum Auftakt der Best-of-Three-Serie hat der ERC offenbar das passenden Mittel gefunden, um das gefürchtete Forechecking des EHC zu entschärfen.

Von Christian Bernhard

Es sind oft die kleinen Momente, die zu verstehen geben, wie angespannt ein Mensch ist. Don Jackson, der erfolgreichste Trainer in der Geschichte der Deutschen Eishockey Liga (DEL), bot am Dienstagabend einen solchen Moment. Beim Interview mit Magentasport fiel der Chefcoach des EHC München dem TV-Journalisten ins Wort, als dieser einen Satz mit der Feststellung begann, dass die Playoffs in diesem Jahr im Best-of-Three-Modus ausgetragen werden. "Wir haben davon gehört", unterbrach ihn Jackson mit fester Stimme. Jacksons Anspannung war spürbar und berechtigt, denn seine Mannschaft hatte das erste Playoff-Viertelfinalspiel gegen den ERC Ingolstadt zuhause klar mit 1:4 verloren. Verlieren die Münchner auch am Donnerstag in Ingolstadt (19.30 Uhr), ist die Saison für einen der großen Favoriten auf den DEL-Titel bereits vorbei.

Elf ihrer letzten zwölf Hauptrundenspiele hatten die Münchner gewonnen - der große EHC, der im Januar und Februar wankte, schien rechtzeitig zum Playoffstart auf den Punkt genau voll da zu sein. Der Blick auf die Anzeigetafel der Münchner Olympia-Eishalle nach etwas mehr als 29 Spielminuten passte am Dienstag allerdings gar nicht dazu, 4:0 hieß es da für Ingolstadt. EHC-Torhüter Danny aus den Birken ging zu diesem Zeitpunkt schon vom Eis, er hatte genug an diesem gebrauchten Münchner Abend und machte Platz für Kevin Reich. "Wir haben nicht gut rein gefunden und waren schnell 0:2 hinten", sagte Jackson. Beunruhigend aus EHC-Sicht war der nächste Teil seiner Analyse: "Der letzte Einsatz hat gefehlt und einige unserer Spieler mit Erfahrung waren entmutigt."

Schon im Startdrittel haben die Gäste dem favorisierten EHC den Schneid abgekauft

Jackson ärgerte besonders das 0:3. "Unakzeptabel" sei das Tor von Wayne Simpson (24.) gewesen, das Ingolstadts herausragend spielender Verteidiger Mat Bodie durch ein gewonnenes Laufduell mit Ethan Prow - mit der beste EHC-Abwehrspieler der vergangenen Wochen - möglich gemacht hatte. "Unglaublich" habe Bodie gespielt, sagte ERC-Trainer Doug Shedden, "er war mit Abstand der beste Spieler auf dem Eis." Schon im Startdrittel hatten die Gäste dem favorisierten EHC den Schneid abgekauft. Sie waren von Beginn an präsenter, entschlossener und brachten auch die nötige Härte mit. "Jeder hat hart gespielt", sagte Verteidiger Emil Quaas, der bis Dezember noch für die Münchner gespielt hatte. "München hat sehr viel technisch starke Spieler. Wenn du dich darauf einlässt, kannst du blöd aussehen. Deshalb brauchst du diese Härte, um die Scheibe wieder zurückzugewinnen."

In Scheibenbesitz brachte der ERC verlässlich sein hohes Tempo aufs Eis. "Wir haben sehr, sehr schnell gespielt, schneller als München", betonte Tim Wohlgemuth, Torschütze des 2:0 (10.). Dazu mischte sich eine gehörige Portion Abgeklärtheit. Die Ingolstädter blieben auch nach Münchens Treffer zum 1:4 von Chris Bourque (32.), der damit kurzzeitig für Emotionen auf EHC-Seite sorgte, souverän und abgeklärt. "Wir haben uns nicht aus der Ruhe bringen lassen, das ist das wichtigste in den Playoffs", sagte Quaas.

Ingolstadt umgeht das gefürchtete Münchner Forechecking

Ab dem Mitteldrittel bescherten die Ingolstädter dem EHC große Probleme mit ihrem geradlinigen Umschaltspiel. Dieses ist der Hauptgrund, warum sich die Münchner mit ihrem offensiv ausgelegten System so schwer gegen das Shedden-Team tun. Die Gäste beförderten die Scheibe schnell und schnörkellos aus der eigenen Zone, umgingen damit das gefürchtete Münchner Forechecking und kamen so regelmäßig ins Umschaltspiel, ihre Paradedisziplin. "Sie kleben die ganze Zeit wie nasser Reis an dir", sagte Shedden zum aggressiven Münchner System. Um es zu entschärfen, brauche es viele kleine Dinge und Details, dann könne man es zum Bumerang für die Münchner werden lassen. "Wenn du es richtig machst, funktioniert es und frustriert sie."

Jackson fand, dass sein Team diesbezüglich gute Arbeit geleistet habe. Klar ist nach der vierten Saisonniederlage gegen Ingolstadt aber, dass dem EHC diese Spielweise nicht liegt - daran ändert auch nichts, dass Yannic Seidenberg betonte: "Es kommt darauf an wie wir spielen, dann ist es egal wie Ingolstadt spielt."

Das einzige, das die Münchner im Playoff-Rennen hält, ist ein Auswärtssieg am Donnerstag. Die Lage ist brenzlig."Wir haben noch was im Tank", sagte Jackson, der seine Spieler "nach einem kleinen Plausch" in der Kabine "ruhig" erlebte. Auch Shedden weiß um die Münchner Qualitäten. Diese Serie, unterstrich er, sei weit davon entfernt, schon entschieden zu sein.

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