Eishockey:Mit Herzkasper ins Endspiel

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Die Straubing Tigers erhalten sich vor dem letzten Hauptrunden-Spieltag die Chance aufs Viertelfinal-Ticket. Im bayerischen Duell in Ingolstadt soll nun DEL-Topscorer Williams wieder glänzen.

Von Johannes Kirchmeier

Straubings Trainer Tom Pokel schrie am Freitagabend quer übers Eis, mit seinem Zeigefinger deutete er danach Richtung gegnerischen Torwart. Und Jeremy Williams verstand, was zu tun war. Der Topscorer der Deutschen Eishockey Liga (DEL) rannte 30 Sekunden vor dem Spielende von der Strafbank, wartete auf den Pass von seinem Angreiferkollegen Michael Connolly aus der eigenen Zone und sprintete mit dem Puck alleine aufs Tor der Wolfsburger zu. Der Kanadier Williams schoss, hatte nach eigenen Angaben "fast einen Herzkasper", als der Puck durch die Luft flog, und traf zum 5:4. Damit brachte er seine Straubing Tigers doch noch in ihr ersehntes Endspiel ums Playoff-Viertelfinale an diesem Sonntag beim ERC Ingolstadt. "Es wird ein Fight bis zum Ende und wir sind bereit für die Challenge", sagt Williams.

Während fast alle anderen Positionen in der Liga bereits geklärt sind, entscheiden seine Niederbayern im direkten Duell am 52. und letzten Hauptrunden-Spieltag bei den Oberbayern (14 Uhr), wer die erste Playoff-Runde aussetzen darf und erst im Viertelfinale ran muss (nur wenn es ganz kurios läuft, kann es noch den Fünften Düsseldorf treffen). "Jetzt haben wir genau die Ausgangsposition, die wir wollten", sagte Pokel schon vor der Partie, die Aussage hat sich natürlich nicht geändert. Es geht schließlich nicht nur um eine Woche mehr Pause, sondern auch darum, im Viertelfinale Mannheim, das mit einer Rekordpunktzahl am Freitag vorzeitig Hauptrunden-Meister wurde, und dem Titelverteidiger und Hauptrunden-Zweiten München aus dem Weg zu gehen.

Doch bis es zu diesem Endspiel kam, war es ein weiter Weg für die Straubinger Mannschaft. Sie erlebte ein dramatisches Spiel daheim im Eisstadion am Pulverturm, das zeigte, wieso Eishockey so eine Spannung versprüht. Denn im fernen Iserlohn hatten die Ingolstädter schon gejubelt, weil die Straubinger 1:2 hinten lagen und später dann sogar 3:4. Kurzzeitig war das Endspiel am Sonntag also jeweils schon abgesagt. Doch die Tigers kamen zurück, drehten die Partie erst zum 3:2. Den zweiten Kraftakt schienen sie jedoch nicht mehr zu schaffen, Williams holte sich seine Strafe ja zweieinhalb Minuten vor Schluss beim Stand von 3:4 ab, ungünstiger konnte er es nicht einrichten. "Man muss glauben und nie aufgeben. Und dieser Glaube ist bei uns sehr stark vorhanden", sagte Pokel.

Und so sah er, wie erst Connolly in Unterzahl nach einem starken Pass des Verteidigers Sena Acolatse das 4:4 erzielte, nicht einmal zwei Minuten vor dem Ende. Im Anschluss folgte Williams' Solo zu seinem 30. Saisontor. Die Straubinger hatten sich noch einmal befreit aus dieser brenzligen Situation, es reifte die Erkenntnis: Ihr Pulverturm verströmt nach einem schwachen Jahr wieder Angst bei den Gegnern - selbst wenn die mit vier Siegen in Serie anreisen und in Überzahl sind. Seit Mitte Januar haben die Tigers daheim in jeder Partie mindestens vier Tore erzielt.

"In diesem Spiel hat man einen wichtigen Faktor gesehen, auch Richtung Playoffs: die mentale Stärke, die Ups und Downs zu ertragen und zu verdauen. Wir werden immer stärker in diesem Bereich", sagt Pokel vor der Partie in Ingolstadt.

Der 51-Jährige hat schon einmal einen Außenseiter ganz nach oben gecoacht: den HC Bozen zum Meistertitel in der österreichisch-alpenländischen Liga EBEL 2014. Nun hat er mit den Tigers einen Punkterekord aufgestellt, 81 Zähler hatte das 2006 aufgestiegene Team noch nie. Die Ingolstädter dürften ihn also ernst nehmen. Schon alleine deswegen, weil sie zuletzt siebenmal den Straubingern unterlagen. Und nicht noch einmal zu früh jubeln wollen.

© SZ vom 03.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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