Eishockey:Ein Traditionsklub bangt um seine Zukunft

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Wohin, Pinguin? Für den Klub westlich des Ruhrgebiets und seinen Anhang geht es in der Gesellschafterversammlung um die Zukunft. (Foto: picture alliance/dpa)
  • Die Krefeld Pinguine sind in großen finanziellen Schwierigkeiten.
  • Bei der Gesellschafterversammlung an diesem Donnerstag geht es darum, ob der traditionsreiche Eishockeyklub gerettet werden kann.
  • Niemand weiß, was der neue russische Großgesellschafter Michail Ponomarew eigentlich plant.

Von Ulrich Hartmann, Krefeld/München

Wenn es schlecht läuft, dann sind die Krefeld Pinguine am Sonntagabend Tabellenletzter in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Am Freitag spielen sie in eigener Halle gegen Berlin, am Sonntag beim aktuellen Schlusslicht Schwenningen. Doch dieser letzte Platz wäre nicht das schlimmste Szenario für den traditionsreichen Eishockeyklub, der 1994 Gründungsmitglied der DEL und 2003 deutscher Meister war. Wenn wirklich alles schief geht, dann sind die Pinguine bald pleite, dann dürften sie in dieser Liga, in der es keine Absteiger gibt, nicht einmal mehr den untersten der 14 Plätze besetzen. Dann ginge westlich des Ruhrgebiets eine Ära zu Ende für eine Stadt und ihre vielen leidenschaftlichen Eishockey-Fans.

An diesem Donnerstagabend wird sich erweisen, ob Profi-Eishockey in Krefeld gerettet oder begraben wird. Bei der zweiten Gesellschafterversammlung binnen einer Woche müssen die Anteile neu verteilt und frische Geldquellen erschlossen werden. Der langjährige Hauptgesellschafter Wolfgang Schulz will seinen 48-prozentigen Anteil verkaufen, und niemand weiß, was der neue russische Großgesellschafter Michail Ponomarew eigentlich plant.

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Vor einem Jahr hat Ponomarew den 46-Prozent-Anteil vom Gesellschafter Dieter Berten übernommen, ist seitdem aber keiner der vermeintlich miterworbenen Verpflichtungen nachgekommen, mit denen der Spielbetrieb finanziert werden soll. Der Eishockey-GmbH fehlt zum Überleben mittlerweile offenbar eine siebenstellige Summe. Jahrelang sind Gesellschafter wie Schulz und Berten für akute Finanzlücken aufgekommen, und diese hat es bei den Pinguinen immer wieder gegeben - in existenzgefährdendem Ausmaß. Ponomarew bestreitet freilich, diesbezügliche Zusagen gemacht zu haben.

Offenbar nur noch zwei Möglichkeiten für die Neuverteilung der Gesellschafteranteile

Für die Neuverteilung der Gesellschafteranteile und die Rettung der Pinguine gibt es dem Vernehmen nach nur noch zwei Möglichkeiten, nachdem der Krefelder Unternehmer Gerald Wagener offenbar damit gescheitert ist, sämtliche Anteile von Schulz und Ponomarew zu erwerben. Entweder übernimmt Ponomarew nun auch noch die 48 Prozent von Schulz, so dass er dann die alleinige Macht im Klub besäße; oder man verdoppelt in der GmbH das Stammkapital, wodurch sich die Anteile von Schulz (auf dann 24 Prozent) und Ponomarew (auf dann 23 Prozent) verringern würden - und ein neuer Hauptgesellschafter mit 50 Prozent hinzukäme. Für diese Variante gibt es wohl einen bislang nicht genannten Interessenten. Für die Pinguine hätte sie den Vorteil, dass die 750 000 Euro aus der Kapitalerhöhung den Spielbetrieb vorerst sichern würden.

Ein Rätsel bleibt in Krefeld, warum der im benachbarten Meerbusch wohnhafte Privatier Ponomarew, der Teile seines Vermögens in den Krefelder Fußball-Drittligisten KFC Uerdingen investiert, vor einem Jahr überhaupt Anteile an den Pinguinen erwarb. Seitdem macht er sich zumindest seltsamerweise rar. In der vergangenen Woche ist er nicht einmal persönlich zur Gesellschafterversammlung erschienen, sondern ließ sich von einem Anwalt vertreten. Die Unkenntnis im Klub darüber, ob er seinen 345 000-Euro-Anteil an den Pinguinen wieder verkaufen oder sogar aufstocken will, erhöht den Puls bei allen Beteiligten vor der entscheidenden Sitzung. Ponomarew äußerte sich zuletzt weder intern noch medial.

Solidarität unter den Fans

Was diese Unwägbarkeiten bei den Eishockeyspielern bewirken, hat sich in den jüngsten Spielen gezeigt, die daheim gegen Nürnberg und in Köln verloren gingen. In Köln bekamen die Krefelder allerdings moralischen Beistand, denn die Haie-Fans forderten mit allerhand Plakaten dazu auf, die Pinguine zu retten. Wenn eine Existenz auf dem Spiel steht, werden aus Rivalen schon mal Sympathisanten. Auch für die Liga wäre eine Pleite der Pinguine ein Verlust, der Klub ist mit seinen durchschnittlich 4800 Zuschauern pro Heimspiel derzeit immerhin der DEL-Standort mit dem sechstbesten Zuschauerschnitt.

Für Profispieler bedeutet die Insolvenz eines Klubs zwar stets Trübsal, aber selten das Ende ihrer Karrieren. In dem Amerikaner Chad Costello, 33, und dem deutschen Nationalspieler Daniel Pietta, 32, haben die Pinguine trotz ihres überschaubaren Erfolgs die derzeit besten Scorer der Liga in ihren Reihen. Dieser formidablen Offensive stehen allerdings die zweitmeisten Gegentreffer (70) gegenüber. Der kanadische Trainer Brandon Reid, 38, als Spieler einst in Hamburg und Düsseldorf aktiv, muss die Taktik weiter ausbalancieren - so lange er noch kann.

Zwischen allen Stühlen sitzt derweil der Geschäftsführer Matthias Roos, der die akute Finanzlücke unlängst publik gemacht und einen flammenden Appell an Ponomarew gerichtet hat. Ohne Erfolg. Die Einladung zur Gesellschafterversammlung übergab Roos dem Russen persönlich in der Halbzeit eines Fußballspiels zwischen dem MSV Duisburg und dem KFC Uerdingen. Ponomarew soll den Umschlag zunächst perplex angenommen und dann zu Boden geschleudert haben, womit die Einladung gleichwohl als offiziell zugestellt galt. So infantil geht es bisweilen zu hinter den glitzernden Kulissen des millionenschweren Profisports.

© SZ vom 28.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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