Eishockey:Großartige Entscheidungen

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Vor dem Derby in Augsburg steht der ERC Ingolstadt im Rennen um die direkte Playoff-Qualifikation gut da.

Von Christian Bernhard

Kürzlich ist Larry Mitchell wieder einmal in der Münchner Olympia-Eishalle gesessen, er sah sich das Champions-League-Spiel des EHC Red Bull München gegen Djurgarden Stockholm an. Der Sportdirektor des ERC Ingolstadt hat sich ein Bild von der deutschen Konkurrenz gemacht - und auch die in Deutschland selten auftretenden skandinavischen Gäste genau betrachtet. In Sachen Scouting gilt Mitchell für viele Beobachter der Deutschen Eishockey Liga (DEL) als der beste seines Faches, seine wochenlangen Touren durch Nordamerika sind legendär, weil er auf diesen schon so manchen Toptransfer initiiert oder eingetütet hat.

Brady Lamb, Mike Connolly, der zweifache DEL-Meister Darin Olver: Mitchell hat zahlreiche nordamerikanische Spieler in die DEL geholt, die damals noch kaum jemand kannte und heute jedem deutschen Eishockey-Interessierten ein Begriff sind. Auch Mannheims Meister-Torwart Dennis Endras ebnete Mitchell den Weg in die oberste deutsche Spielklasse. Nicht nur Ingolstadts Geschäftsführer Claus Gröbner spricht ihm ein "feines Näschen beim Scouting" zu.

Dieses hat Mitchell im Sommer wieder einmal unter Beweis gestellt. Er lotste Stürmer Wayne Simpson nach Ingolstadt, einen 30-Jährigen, der noch nie außerhalb von Nordamerika gespielt hatte. Eingewöhnungszeit brauchte der US-Amerikaner allerdings keine: In seinen ersten 27 Spielen hat er bereits 26 Scorerpunkte erzielt, damit ist er Ingolstadts Tospscorer und auch einer der erfolgreichsten der DEL. Seine 20 Assists sind ligaweit kaum zu toppen. Damit hat Simpson großen Anteil daran, dass der ERC, der am Mittwochabend zum Derby bei den Augsburger Panthern antritt (19.30 Uhr), im Rennen um die direkte Playoff-Qualifikation gut dasteht.

ERC-Trainer Doug Shedden kommt ins Schwärmen, wenn er über Simpson spricht. "Wayne ist schlau, geduldig mit dem Puck, spielt tolle Pässe und trifft großartige Entscheidungen", sagte er dem Donaukurier. "Ob Überzahl, Unterzahl oder Fünf-gegen-Fünf: Ich kann ihn in allen Situationen bringen." Für den Ingolstädter Trainer ist Simpson ein "Top-Spieler der Liga", der das Zeug dazu habe, "über lange Zeit ein Star der DEL" zu sein. Obwohl er schon so dominant auftritt, hat Simpson laut Shedden auch noch das größte Steigerungspotenzial im Team.

Sein vorheriger Trainer Chris Taylor beschrieb ihn so: "Er ist immer in der Nähe der Scheibe und die Scheibe folgt ihm." Simpson sei ein "headsy" Spieler, sprich: ein cleverer und intelligenter. Seine Cleverness zeigt sich auch in seinem Verhalten auf dem Eis. Als kreativer Spielmacher bekommt es Simpson regelmäßig mit den besten Verteidigern und deren harten Checks zu tun, und dennoch hat er in seiner Karriere nur wenige Spiele verpasst. In der AHL, Nordamerikas zweithöchster Eishockeyliga, hat er mehr als 200 Partien am Stück absolviert, was ihm den Spitznamen "Ironman" einbrachte. "Er muss sich nicht in gefährliche Zonen begeben, weil er stets in guten Positionen ist", erklärte Taylor.

Simpson stellt sich und seine Qualitäten nicht in den Mittelpunkt. Er habe gute Reihenkollegen an seiner Seite und versuche einfach, Offensive zu kreieren, sagte er bescheiden. Manchmal laufe es dann einfach. Der Angreifer stellt auch dann das Team in den Vordergrund, wenn er auf seine starke Statistiken angesprochen wird: "Wenn du als Mannschaft erfolgreich bist, kommt der persönliche Erfolg automatisch." Gegen die Augsburger, die zuletzt zuhause die Spitzenteams aus München, Mannheim und Köln deutlich geschlagen haben, waren die Ingolstädter in dieser Saison bereits zweimal erfolgreich. Im Oktober siegten sie 3:2 in Augsburg, im November 2:1 zuhause. Simpson hat in beiden Partien gepunktet und beim 2:1 den spielentscheidenden Treffer erzielt.

Das Miteinander auf dem Eis hat er von klein auf gelernt, er kommt aus einer Eishockey-Familie. Simpson wuchs im Großraum Boston auf, sein Vater spielte aktiv, und auch seine zwei Geschwister John und Brooke. Alle vier waren für Universitätsteams aktiv, der Ingolstadt-Stürmer studierte an der privaten Universität "Union College" Ökonomie. "Ich war an einer guten Uni, deshalb war Eishockey nicht der einzige Plan, den ich hatte. Es hat sich einfach so ergeben." Zum Glück, finden sie beim ERC.

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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