Eishockey:Das Leuchten von Krasnogorsk

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Der ehemalige Eishockeyspieler Wladimir Petrow ist am Dienstag seinem Krebsleiden erlegen. Er stürmte einst in einer der talentiertesten Reihen der Geschichte.

Von Johannes Schnitzler, München

Es gibt Sportler, deren außergewöhnliche Begabung die Zeit überragt. Babe Ruth, Jesse Owens, Muhammad Ali: Selbst nachgeborene Generationen, die ihre Heldentaten nicht erlebt haben, verehren sie als die Größten ihres Sports. Der Name Wladimir Petrow sagt dagegen den Wenigsten etwas. Im Dreiklang mit den Namen Charlamow und Michailow aber beginnt er wie von fern zu leuchten.

Geboren zwei Jahre nach Kriegsende in Krasnogorsk, einer farblosen 100 000-Einwohner-Stadt im Ballungsraum Moskau, debütierte Wladimir Wladimirowitsch mit 18 Jahren für Krylja Moskau in der sowjetischen Eishockey-Liga. Durch sein Spielverständnis fiel der 1,83 Meter große Angreifer bald Anatoli Tarassow auf, dem berühmt-berüchtigten Cheftrainer des Armeeklubs ZSKA Moskau. Dort und in der Nationalmannschaft bildete Petrow von 1967 bis 1981 mit Boris Michailow und Waleri Charlamow eine der talentiertesten Reihen der Geschichte neben der sagenhaften KLM-Troika mit Wladimir Krutow, Igor Larionow und Sergej Makarow.

1972 und 1976 gewannen Linksaußen Charlamow, Mittelstürmer Petrow und Rechtsaußen Michailow gemeinsam Gold bei den Olympischen Winterspielen, neun Mal holten sie den Weltmeister-Titel. 1972 trat Petrow mit einer sowjetischen Auswahl zu einer Reihe von spannungsgeladenen Testspielen in Kanada an, die "Super Series". Von den siegessicheren NHL-Profis unterschätzt, gewannen die Sowjets drei der ersten vier Duelle, ehe die Kanadier sich bei der Ehre gepackt fühlten und die Serie (bei einem Unentschieden) mit 4:3 Siegen für sich entschieden. Seine größte Niederlage erlebte Petrow indes bei den Spielen 1980 in Lake Placid, als die Sbornaja den USA in der Finalrunde 3:4 unterlag - das Spiel ist als "Miracle on Ice" selbst Teil der Geschichte des Sports.

Nach seinen beiden letzten Jahren als Spieler beim SKA Leningrad übernahm Petrow den Klub zunächst als Trainer. Von 1986 bis '88 arbeitete er als Chefcoach der Streitkräfte der UdSSR - im Fußball, wohlgemerkt -, ehe er zum Eishockey zurückkehrte. Petrow war Geschäftsführer und General Manager bei mehreren russischen Spitzenklubs. 1992 stieg er zum Verbandspräsidenten auf, Cheftrainer war Michailow. Zusammen gewannen sie 1993 als Funktionäre noch einmal den WM-Titel.

1994, als immer mehr Spieler nach Nordamerika gingen und Russland plötzlich außerhalb der Medaillenränge landete, war Petrows Zeit vorüber. In den 2000ern produzierte er Kinofilme. Einer davon handelte von Waleri Charlamow, seinem ehemaligen Sturmpartner, der 1981 bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Über Charlamow sagte der frühere Weltklasse-Torhüter Wladislaw Tretjak, sein Talent sei ihm "von Gott gegeben". Neben ihm und dem charismatischen Michailow wirkte Petrow fast etwas blass. 2006 ehrte ihn der Weltverband IIHF dennoch mit der Aufnahme in die Hall of Fame - die letzte einer Unzahl von persönlichen Auszeichnungen.

An diesem Dienstag ist Wladimir Petrow in seiner Heimatstadt Moskau einem Krebsleiden erlegen, vier Monate vor seinem 70. Geburtstag. Sein Talent leuchtet weiter.

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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