Eishockey:Das leere Tor nützt auch nichts

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Der EHC München scheitert im Viertelfinale der Champions League - und blickt auf einen anstrengenden Jahres-Endspurt.

Von Christian Bernhard, München

Pfosten-Klopfer links, Pfosten-Klopfer rechts, dann das Kreuzzeichen und ein Küsschen auf die Fanghand: Kaum war die Schlusssirene ertönt, spulte Karri Rämö sein Ritual ab. Sekundenbruchteile später wurde er von seinen Teamkollegen umarmt. Der 33-jährige Finne, der seit dieser Saison das Tor des schwedischen Traditionsklubs Djurgarden Stockholm hütet, zeigte am Dienstag in München, warum er mehr als zehn Jahre in der nordamerikanischen NHL und der russischen KHL, den zwei besten Eishockeyligen der Welt, verbracht hat. Er habe "fantastisch" gehalten, betonte Don Jackson.

Das Lob des Trainers des EHC Red Bull München hatte sich Rämö mit seinen 33 Paraden mehr als verdient. Vier Tore hätten die Münchner im Viertelfinal-Rückspiel der Champions Hockey League (CHL) mindestens gebraucht - Rämö sorgte dafür, dass der EHC am Dienstagabend in der Münchner Olympia-Eishalle nicht einmal eines bejubeln konnte. So siegten die Schweden 3:0 und zogen nach ihrem 5:1-Hinspielerfolg souverän als eines von drei schwedischen Teams ins Halbfinale ein. Die Münchner, die in der vergangenen Saison als erste deutsche Mannschaft das CHL-Endspiel erreicht hatten, verabschiedeten sich als letzter deutscher Klub aus dem Wettbewerb. Die Adler Mannheim und die Augsburger Panther waren bereits im Achtelfinale ausgeschieden.

Eine Nummer zu groß: Andrew Bodnarchuk verliert mit dem EHC auch das Rückspiel gegen Stockholm. (Foto: Sebastian Widmann/Getty Images)

Verloren hatten die Münchner das Viertelfinal-Duell bereits im Hinspiel in Stockholm. "Wenn es nur zwei Spiele gibt, und du verschläfst schon das erste, ist es halt schwierig, es im Rückspiel noch zu holen", erklärte Münchens Angreifer Justin Schütz. Gegen einen solch starken Rämö und seine clever und diszipliniert agierenden Vorderleute war es quasi unmöglich.

Außergewöhnlich wurde es dennoch: Da der eine Treffer, der die Aufholjagd hätte einleiten sollen, partout nicht fallen wollte, war es nur eine Frage der Zeit, bis Don Jackson sein Spezial-Instrument auspacken würde. Schütz berichtete grinsend, dass es vor der Partie intern "Spekulationen" darüber gegeben habe. 17:56 Minuten vor Spielende war es dann so weit: Jackson zeigte seinem Torhüter Daniel Fießinger beim Spielstand von 0:1 an, er möge sein Tor zugunsten eines sechsten Feldspielers verlassen. Das blieb große Teile des Schlussdrittels so, Djurgarden-Trainer Robert Ohlsson fand das "interessant". Als Kalle Östman (44.) den ersten von zwei Treffern ins leere Tor erzielte, blieb den Münchner Fans nur ironischer Gesang: "Nur noch sieben."

Die Schweden schafften es als erstes Team überhaupt in dieser Saison, die Münchner torlos zu halten und fügten dem EHC auch dessen erste Saison-Heimniederlage in der regulären Spielzeit zu. Die Einschätzung des verletzten Münchner Nationaltorhüters Danny aus den Birken ("Es gibt wenige Egoisten im schwedischen Eishockey, da ist der Teamgedanke schon sehr groß") bestätigte sich eindrucksvoll. Auf die Frage, was er aus den zwei Viertelfinal-Partien gelernt habe, antwortete Jackson: "Einiges über Daniel Fießinger." Die eigentliche Nummer drei der Münchner bestritt gegen Djurgarden sein drittes Spiel in Serie, weil nach dem am Bein operierten aus den Birken auch Münchens zweiter Nationaltorhüter Kevin Reich verletzungsbedingt ausfällt. Der 23-Jährige, der in den ersten Saison-Monaten für Münchens Kooperationspartner SC Riessersee in der Oberliga Süd gespielt hatte, machte seine Sache gegen die Schweden sehr gut. "Er war großartig", sagte Jackson, "und er hat sich von Spiel zu Spiel gesteigert."

Unüberwindbar: Djurgardens Torhüter Karri Rämö. (Foto: Jesper Zerman/imago)

Die Münchner mussten sich am Dienstag nicht nur aus der CHL verabschieden, sondern auch von Schütz, John Jason Peterka und Dennis Lobach, die am Mittwoch ins Vorbereitungs-Trainingslager der U20-Nationalmannschaft reisten. Diese bestreitet vom 26. Dezember bis 5. Januar die A-WM in Tschechien. Dadurch wird die verletzungsbedingt eh schon dünne EHC-Personaldecke - acht Profis fehlten gegen Djurgarden - noch dünner. Am Mittwoch reagierte der EHC darauf und stattete Stürmer Justin Shugg mit einem Vertrag bis Ende Januar 2020 aus. Der 27-jährige Kanadier hatte bereits vergangene Saison das Münchner Trikot getragen und in 60 Liga-Spielen 13 Tore und 25 Assists erzielt. Zuletzt war Shugg vereinslos, er hatte sich im ersten Finalspiel der vergangenen Spielzeit gegen Mannheim an der Schulter verletzt und musste operiert werden.

Shugg ist bereits am kommenden Wochenende eine Option. Der Tabellenführer aus München spielt am Freitag in Iserlohn und am Sonntag das Topspiel gegen die seit sieben Spielen siegreichen Mannheimer. Für die intensiven Wochen, die dem EHC bevorstehen - bis Ende des Jahres sind es insgesamt acht Partien - konnten die Münchner noch ein schönes Kompliment mitnehmen. Djurgarden-Trainer Ohlsson freute sich, dass sich seine Mannschaft gegen "eines der besten Teams und einen der besten Trainer Europas" durchgesetzt hatte.

© SZ vom 12.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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