Eintracht Frankfurt:Yeboahs Erben

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Sebastian Rode spielte bereits viereinhalb Jahre bei Eintracht Frankfurt. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Die Frankfurter bereiten sich im Trainingslager in den USA auf die Rückrunde vor und versuchen gleichzeitig den eigenen Marktwert zu steigern. Rückkehrer Sebastian Rode will dabei helfen und berichtet von "beschissenen Jahren".

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Eines hat sich Sebastian Rode mit seinen 28 Jahren noch bewahrt: ein spitzbübisches Lächeln, in dem sich Schalk, Lebensfreude und Selbstironie vermischen. Als der Rückkehrer der Frankfurter Eintracht am Donnerstag vor dem offiziellen Trainingsstart eine überfüllte Loge betrat, um über die Aussichten im neuen Jahr zu sprechen, sagte er schmunzelnd: "Ich bin gemütlich ins neue Jahr gekommen. Und morgen geht's ins Warme." Motto: Es könnte einem schlechter gehen.

Am Freitag starteten die Frankfurter Profis ins Trainingslager nach Florida, wo sonst vor allen Dingen Rentner bei angenehmen Temperaturen überwintern. Zehn Tage bereiten sich die Frankfurter dort auf die Rückrunde vor, die meiste Zeit in der riesigen IMG Academy in Bradenton in der Region um Tampa. Die Akademie ist bekannt dafür, Talente aus verschiedenen Sportarten auszubilden, laut eigenen Angaben sind es 12 000 Studenten pro Jahr.

Und nun hat sich Eintracht Frankfurt dort einquartiert. Mit dem von der Deutschen Fußball Liga (DFL) unterstützten Trainingslager will sich der Verein auf dem nordamerikanischen Markt bekannter machen. "Wir wollen die Präsenz in den USA weiter stärken", sagt Sportvorstand Fredi Bobic. Kein anderer Bundesligist ist fürs Wintercamp so weit gereist und nimmt solch einen Zeitunterschied - sechs Stunden - in Kauf. Bobic, selbst ein ausgewiesener Fan des US-Sports, hatte den Amerika-Trip initiiert.

Für die Eintracht gilt es, im neuen Jahr das hohe Niveau aus der Hinrunde zu halten und den stürmischen Stil vielleicht noch zu verfeinern. Im Rahmen des Florida-Cups finden Testspiele gegen die brasilianischen Spitzenteams FC Sao Paulo (10. Januar) und Flamengo Rio de Janeiro (12. Januar) statt.

Wanderjahre waren "beschissene Jahre"

Es werden vielleicht auch die Härtetests für den verlorenen Sohn Rode, der nach eigener Aussage "beschissene Jahre" hinter sich hat. Immer wieder hatte er Probleme mit Muskeln, Sehnen oder Gelenken. Gerade die zweieinhalb Jahre bei Borussia Dortmund möchte der Mittelfeldspieler am liebsten ganz vergessen, beinahe wäre er schon im vergangenen Sommer zur Eintracht zurückgekehrt. Was sich seit seinem Weggang 2014 zum FC Bayern in der alten Heimat getan hat, erstaunt Rode selbst. "Das Potenzial, das in meiner ersten Zeit hier schon drinsteckte, ist geweckt worden!"

Fast 1500 Fans kamen zu der ersten öffentlichen Trainingseinheit. Väter führten ihre Söhne mit im Fanshop erworbenen Artikeln auf den Trainingsplatz an der Wintersporthalle und versuchten auch aus der vierten oder fünften Reihe noch irgendetwas von der Trainingseinheit zu sehen. "Die Fans sind besser als im Westfalenstadion", sagte Rode. "Dieser Verein hat sich enorm entwickelt."

Frankfurt ist daher so populär wie zuletzt in den die 80er und 90er Jahren, als dort der sogenannte "Fußball 2000" gespielt wurde. Nur heißen die Stars nicht Yeboah, Stein oder Bein, sondern Haller, Rebic und Jovic. Auch aus der Ferne war Rode von der Frankfurter Offensive begeistert: "Was die Jungs da vorne reißen, ist phänomenal." Die neuen Aushängeschilder des Vereins Sebastién Haller, Ante Rebic und Luka Jovic werden in den USA wohl viel spielen, um für den Verein Werbung zu machen - wer weiß denn schon, wie lange das Trio noch am Main zusammenbleibt.

Es gibt Interesse von großen Vereinen. Doch erst einmal spricht Marketingvorstand Axel Hellmann mit Blick auf 2018 noch "vom besten Jahr in der Geschichte von Eintracht Frankfurt." Zu den 21 Heimspielen kamen im Schnitt 49 000 Zuschauer. 650 000 Fans hat die Eintracht mittlerweile auf Facebook. Und kürzlich ehrte Präsident Peter Fischer das 60 000 Mitglied. Das ist der sechsbeste Wert der Liga.

Die Vision von dicken Brettern

Auch finanziell in das oberste Drittel der Liga vorzudringen, wird wohl deutlich schwerer. Ein Klub wie der FC Schalke 04 sei so schnell nicht einzuholen, sagt Hellmann. Derzeit läuft seine Umsatzprognose für die laufende Saison auf 160 Millionen Euro plus X hinaus, einiges hängt noch ab vom Abschneiden in der Europa League, wo die Eintracht im Sechzehntelfinale auf Schachtjor Donezk (14. und 21. Februar) trifft.

Um die internationale Bekanntheit weiter zu steigern, wäre es am hilfreichsten, wenn sich der Verein erneut für den Europapokal qualifizieren würde. Doch auch abseits des Platzes wird die Internationalisierung vorangetrieben. Vor einem Monat wurde in Peking ein erstes Büro für die China-Geschäfte gegründet, ein weiteres gibt es in Abu Dhabi und in New York wurde Anfang Dezember das nächste Kooperationsprojekt besprochen. Dazu passt, dass die Eintracht beschlossen hat, sich in Zukunft selbst zu vermarkten. Hellmann verspricht sich davon signifikante Mehrerlöse.

Nicht das ganze Geld fließt dabei in die Mannschaft. Der Bau einer neuen Geschäftsstelle mitsamt eines Campus für die Profis für rund 30 Millionen Euro ist beschlossen. Dafür muss die alte Tennisanlage am Waldstadion weichen, auf der einst Steffi Graf aufgeschlagen hat. Wenn die neue Heimat im besten Fall im Spätsommer 2020 erbaut ist, geht es an das nächste Projekt: Für die EM 2024 soll auch die Frankfurter Arena noch einmal moderner und größer werden. Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing hatte genau solche Visionen zu Saisonbeginn in Aussicht gestellt: "Wir werden in den nächsten Jahren ganz, ganz dicke Bretter bohren. Das sind richtige Platten."

© SZ vom 06.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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