Eintracht Frankfurt:Der Adler fliegt wieder

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Torhüter müssen boxen können! In seiner stärksten Tat bugsiert Frankfurts Trapp einen Kopfball des Hoffenheimers Hübner über den Querbalken. (Foto: Jan Huebner/imago images)

Arg zerrupft verabschiedete sich die Eintracht in die Winterpause, substanziell erholt kehrt sie zurück. Mit dem 2:1 in Hoffenheim stellen die Frankfurter klar, dass die Abstiegsränge nicht ihr Revier werden sollen.

Von Frank Hellmann, Sinsheim

Viel zu oft hatte Kevin Trapp im vergangenen Jahr tatenlos auf der Tribüne gehockt. Der Torwart von Eintracht Frankfurt gehört zu jenen Profis, die es als Höchststrafe empfinden, wenn sie ihrer taumelnden Mannschaft keine Hilfe sein können. Bereits Ende September, im Auswärtsspiel an einem Freitagabend an der Alten Försterei bei Union Berlin, hatte ein Zusammenprall mit einem Mitspieler böse Folgen: Anriss der Rotatorenmanschette der linken Schulter. Operation. Hinrundenaus. Obwohl sich der 29-Jährige bereits in der Vorweihnachtszeit wieder auf den Trainingsplatz traute, zerstreute erst jüngst das Wintercamp in Florida letzte Zweifel an der Belastbarkeit.

Der Rückrundenstart hätte für ihn und seinen Verein nun nicht besser verlaufen können. "Dafür, dass ich drei Monate raus war, hat es sich gut angefühlt", sagte Trapp nach dem wichtigen wie verdienten 2:1-Auswärtserfolg bei der offenbar noch im Winterschlaf befindlichen TSG Hoffenheim. Von einem "absoluten Befreiungsschlag in unserer Situation" sprach Trainer Adi Hütter, der die Mannschaft für ihre "taktische Disziplin" lobte. Kein Team hatte die Winterpause so herbeigesehnt wie die gegen Jahresende arg zerrupft wirkenden Frankfurter mit dem Adler im Emblem. 56 Pflichtspiele in einem Kalenderjahr hatten die Mannschaft so sehr ausgelaugt, dass nach einem rauschhaften 5:1 im November gegen den FC Bayern nur noch ein mickriger Punkt aus sieben Spielen in der Liga verbucht werden konnte.

Was in der Bewertung ein bisschen unterging, war die Absenz des Stammtorwarts. Vertreter Frederik Rönnow machte zwar keine großen Fehler, aber dem Dänen fehlt die Ausstrahlung. Und der nach Rönnows Ausfall eingesetzte dritte Torhüter Felix Wiedwald patzte beispielsweise am Hinrundenende beim 1:2 in Paderborn. Hütter ist heilfroh, dass er in der Sinsheimer Arena nun wieder Trapp den Arm um die heile Schulter legen konnte. Der Fußballlehrer aus Vorarlberg weiß, dass es auf der Suche nach Stabilität einen verlässlichen Torwart braucht. Mit der Umstellung auf ein 4-2-3-1-System und den doppelt besetzten Flügeln will Hütter das Eintracht-Gebilde für die Rückrunde festigen.

Trapp wähnt das Team nun grundsätzlich wieder auf dem richtigen Weg. Er ist zufrieden mit dem, was er aus seinem Tor heraus beobachten konnte: "Wenn wir diese Mentalität behalten, können wir gegen jeden Gegner bestehen." Die These steht bereits am Samstag auf dem Prüfstand, erwartet wird Tabellenführer RB Leipzig. Anderthalb Wochen später sind die Sachsen erneut am Frankfurter Stadtwald zu Gast - im Achtelfinale im DFB-Pokal.

Für Trapp sind das schöne Aussichten, er spielt in Kürze eine Art Privatduell mit dem Red-Bull-Brausekonzern - Ende Februar geht es in der Runde der letzten 32 der Europa League gegen RB Salzburg. Beste Chancen also, sich in drei Wettbewerben auszuzeichnen, denn Ziel des Schlussmannes ist es, hinter Manuel Neuer (FC Bayern) und André ter Stegen (FC Barcelona) von Bundestrainer Löw für die EM 2020 als dritter Torwart nominiert zu werden. Trapp, der am Samstag seine stärkste Parade bei einem Kopfball von Benni Hübner zeigte (37.), verkörpert für die Eintracht eben auch den internationalen Anspruch.

Insgesamt zog die Eintracht positiv Bilanz. Trainer Hütter sah sein zu Kräften gekommenes Ensemble "zu 75 Prozent" im Vorteil, was die Verhältnisse in Sinsheim angemessen wiedergab - Mittelstürmer Bas Dost (18.) und der auf Rechtsaußen aufgebotene Timothy Chandler (62.) trafen für die Eintracht.

Trapp freute sich besonders für den fast ein Jahr wegen eines Knorpelschadens pausierenden und beinahe zwei Jahre auf ein Bundesligator wartenden Chandler: "Auch für Timmy ist das etwas Besonderes heute, weil er ebenfalls eine schwere Phase hinter sich hat." Doch der ehrgeizige Torwart hätte seine Rolle nicht glaubwürdig gespielt, wenn er nicht auch Verbesserungsbedarf angemahnt hätte: "Wir hatten Chancen für fünf, sechs Tore", beklagte er eingedenk von zwei Lattenschüssen des nimmermüden Filip Kostic, oder ziemlich töricht vergebenen Alleingängen von Mijat Gacinovic oder Danny da Costa. Eine Kritik, die intern als Ansporn verstanden wird.

© SZ vom 20.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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