Dritte Liga:Auf der falschen Seite

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Spontane Krisensitzung: Hachings Cheftrainer Arie van Lent (Mitte) und seine Assistenten Robert Lechleiter (links) und Roman Tyce beginnen direkt nach Spielende mit der Analyse der Heimniederlage gegen einen direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt. (Foto: Claus Schunk)

Die SpVgg Unterhaching verliert auch das wichtige Heimspiel gegen Zwickau. "Wir schaden uns immer selbst", klagt Trainer Arie van Lent. Vor dem Duell mit dem Letzten Lübeck baumelt sein Team nun gefährlich nah über den Abstiegsplätzen.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Die Rahmenbedingungen waren ganz vorzüglich: Die SpVgg Unterhaching bestritt gegen den FSV Zwickau am Samstag ihre 400. Drittligapartie, für Defensivmann Robert Müller war es das insgesamt 332. Match in dieser Spielklasse, womit er zum bisherigen Rekordspieler Tim Danneberg aufschloss. Mit einem 0:0 gegen Türkgücü hatten die Hachinger unter der Woche ihre jüngste Niederlagenserie beendet - und dann durfte sich Kapitän Markus Schwabl auch noch über eine besondere Auszeichnung freuen: Das Fachmagazin Kicker kürte ihn in seiner halbjährlich erstellten "Rangliste des deutschen Fußballs" zum besten Außenverteidiger der Liga. Die Feierstimmung hielt dann aber nicht lange an: Haching verlor 1:2 (1:1) und rutschte nur deshalb nicht auf einen Abstiegsplatz ab, weil Konkurrent Magdeburg in Halle durch ein Tor in buchstäblich letzter Sekunde 0:1 verlor.

Allzu lange wird es freilich nicht mehr dauern, bis die Rot-Blauen unter den Strich rutschen, sollten sie nicht bald die Trendwende schaffen. Auch gegen Zwickau zeigte sich die unerfahrene Mannschaft - im Schnitt waren die Spieler vier Jahre jünger als die Gäste - hinten anfällig und in der Offensive nicht durchsetzungsfähig genug. Dementsprechend fiel die Kritik von Trainer Arie van Lent deutlich aus: "Ob es eine Blockade gibt, interessiert mich eigentlich weniger", sagte er unmittelbar nach dem Spiel bei Magentasport. Wichtiger wäre, "Pässe an den Mann zu bringen, Torchancen zu nutzen. Manchmal ist es nur ein Laufweg", so der Coach. "Das alles fehlt uns dann, bei uns ist alles ein bisschen zu wenig oder nicht durchdacht. Und hinten verteidigen wir nicht konsequent genug."

Wie in der vierten Minute gegen Zwickau: Leon Jensen legte für Ronny König vor, dessen Zuspiel schaufelte Dustin Willms aus elf Metern an Torwart Nico Mantl vorbei ins Tor - schon lagen die Gastgeber wieder hinten. Und das, obwohl vor den beiden Innenverteidigern Christoph Greger und Felix Göttlicher Dauerbrenner Robert Müller als zusätzliche Absicherung mithelfen sollte, Gegentore zu verhindern. "Wir schaden uns immer selbst, deshalb haben wir auch diesmal wieder ein frühes Gegentor kassiert", sagte van Lent.

"Wir sind seit Wochen im Abstiegskampf. Wer das jetzt noch nicht verstanden hat, kann sich seinen Pass holen": Markus Schwabl, rechts, Kapitän der SpVgg Unterhaching. (Foto: Claus Schunk)

Seine Mannschaft kam danach besser in die Partie. Felix Schröter, der in vorderster Front den angeschlagenen Hachinger Top-Torjäger Patrick Hasenhüttl (fünf Saisontreffer) vertrat, setzte einen Volleyschuss nach Schwabl-Flanke knapp vorbei (17.) und prallte drei Minuten später an Verteidiger Davy Frick ab. Der 19 Jahre alte Linksverteidiger Jannis Turtschan, der abermals den Vorzug vor Max Dombrowka erhielt, scheiterte mit einem sehenswerten Abschluss aus 16 Metern an Zwickaus Keeper Johannes Brinkies (27.). Paul Grauschopf verweigerte schließlich trotz freier Bahn aus der Distanz den Abschluss, letztlich kam nur ein schwacher Drehschuss von Felix Schröter heraus (37.). Der Ausgleich lag in der Luft, allerdings hätte es auch das 0:2 setzen können, etwa als Greger mit einem missratenen Rückpass FSV-Stürmer König bediente, der jedoch von diesem Blackout völlig überrascht war (21.).

Der beste Hachinger Angriff seit Wochen bringt den zwischenzeitlichen Ausgleich

Und so brachte der beste Hachinger Angriff seit Wochen das zu diesem Zeitpunkt verdiente 1:1: Grauschopf spielte den Ball an der Mittellinie mit der Hacke auf Moritz Heinrich, der marschierte Richtung Sechzehner und steckte für Lucas Hufnagel durch; jener traf per Chip über den Torwart ins rechte Eck (40.).

Die Karten wurden also neu gemischt vor der zweiten Halbzeit - und da zog Zwickaus Trainer Joe Enochs ein Ass aus dem Ärmel: Er stellte seine Deckung von Dreier- auf Viererkette um und ließ seine Spieler früher attackieren. Mit dem Effekt, dass Haching nicht mehr durchkam. Ganz im Gegenteil, die Gäste aus Sachsen hatten nun die deutlich gefährlicheren Szenen. So köpfte Marco Schikora nach einer Freistoßflanke nur knapp am Tor vorbei (52.). Gut zehn Minuten später grätschte der 18-jährige SpVgg-Verteidiger Göttlicher eine Hereingabe von Jensen zwar aus dem Zentrum, aber direkt vor die Füße von Zwickaus Offensivmann Morris Schröter, der nicht lange fackelte und zum 1:2 einschoss. "Wir entscheiden die Spiele immer selbst, aber leider auf der falschen Seite", kommentierte van Lent.

In der Schlussphase herrscht Belagerungszustand, eine echte Torchance hat die SpVgg aber nicht mehr

Der Coach riskierte nun alles, warf Luca Marseiler und Dominik Stroh-Engel ins Getümmel. Doch trotz Belagerungszustand in der Schlussphase gab es keine einzige zwingende Möglichkeit mehr. "Das war eher Krampf, wir haben auf eine letzte Chance gehofft, aber der Lucky Punch ist uns nicht gelungen", sagte der Trainer.

Nur die Zahl der geschossenen Tore (bei Punktgleichheit und gleicher Tordifferenz) hält Haching noch oberhalb der Abstiegsränge. Deshalb hat die Partie am Mittwoch beim Tabellenschlusslicht VfB Lübeck enorme Bedeutung. Kapitän Markus Schwabl brachte es nach der Pleite gegen Zwickau auf den Punkt: "Wir sind seit Wochen im Abstiegskampf." Wer das jetzt noch nicht verstanden habe, könne sich oben in der Geschäftsstelle "seinen Pass holen".

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