Dritte Liga:Antriebslos

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Hilflos in Halle: Türkgücüs Petar Sliskovic verteilt Glückwünsche an Halles Ersatztorwart Tom Müller. (Foto: Ballasch/Fotostand / Imago)

Türkgücü München zeigt in Halle eine schwache Leistung und verliert mit 1:4. Sportlich ist die Luft raus, während ein juristischer Streit weiter schwelt.

Von Johannes Müller, München

Türkgücü Münchens Interimstrainer Andreas Pummer sah bedröppelt aus, als er nach dem Spiel bei Magentasport vor die Kamera schritt. Der 34-Jährige vertrat seinen Chef Serdar Dayat, der dem Verein zufolge aus gesundheitlichen Gründen gefehlt hatte. "Es ist ein gebrauchter Tag für uns", konstatierte Pummer dann treffend. Seine Mannschaft hatte zuvor in 90 Minuten beim Halleschen FC erschreckend wenig zustande gebracht und völlig leistungsgerecht mit 1:4 verloren.

Türkgücüs blutleere Leistung gibt zu denken, insbesondere da die Mannschaft nach dem jüngsten Heimspiel gegen Uerdingen vor anderthalb Wochen einiges gutzumachen hatte. Gegen akut abstiegsbedrohte Krefelder hatte sie eine schmerzhafte 0:2-Niederlage kassiert und fußballerisch so ziemlich alles vermissen lassen. "Da haben uns viele Prozente gefehlt, auf die es ankommt, um in der dritten Liga bestehen zu können", betonte Pummer nochmals vor der Partie gegen den HFC. Folglich veränderte er die Startelf im Vergleich zum Uerdingen-Spiel auf fünf Positionen und gab eine klare Devise aus: "Die Jungs sind heute gefragt, eine Reaktion zu zeigen."

Diese freilich blieb aus. Ganz im Gegenteil, Türkgücü fand vom Anpfiff weg kaum statt. Die Gäste blieben im Anlaufverhalten extrem passiv, störten das hallesche Aufbauspiel, wenn überhaupt, dann erst tief in der eigenen Hälfte. Ohne jeden Gegnerdruck konnten Halles Innenverteidiger in Ruhe ihre Passoptionen sondieren. Und weil Türkgücüs Defensive dem Gegner zudem großzügig Räume ließ, wurden entscheidende Zweikämpfe gar nicht erst geführt. Antonios Papadopoulos verwertete folgerichtig bereits in der achten Spielminute einen Abpraller im Sechzehner zum 1:0.

Schon nach einer halben Stunde nahm Pummer Linksverteidiger Kilian Jakob vom Feld, aus Sicht von Türkgücüs Geschäftsführer Max Kothny eine zwangsläufige Entscheidung. "Vor allem die linke Seite mit Sijaric und Jakob war gar nicht da", wurde Kothny in der Halbzeitpause bei Magentasport deutlich. "Deswegen ist Kilian Jakob, der heute wirklich neben sich stand, auch zur 30. Minute ausgewechselt worden." Jakob hatte insbesondere beim 0:1 schlecht ausgesehen. Seine Leistung ragte jedoch keineswegs so negativ aus einem schwachen Kollektiv heraus, wie Kothnys Worte es nahelegten.

Der Geschäftsführer reagiert dünnhäutig in der Causa Sararer: "Es wird wieder von den Medien groß dargestellt, Türkgücü München zerrt Spieler vor Gericht, aber wir reagieren in der aktuellen Situation einfach nur."

Immerhin, just nach Jakobs Auswechslung fiel aus heiterem Himmel der Münchner Ausgleich, wenngleich beide Ereignisse in keiner Beziehung zueinander stehen. Petar Sliskovic wurde bei einem Eckball nur Geleitschutz erteilt, sodass der 30-Jährige keine allzu große Mühe hatte, den Ball am ersten Pfosten einzunicken. Der Treffer schien Türkgücü Selbstvertrauen zu geben, die Gäste waren kurzzeitig die spielbestimmende Mannschaft. Vor allem ließen sie sich nicht mehr so tief in die eigene Hälfte drängen. Dennoch, die beste Chance vor der Pause hatte Halles Terrence Boyd, der völlig freistehend an Türkgücüs Schlussmann René Vollath scheiterte.

Wer gehofft hatte, dass es in der zweiten Halbzeit mehr Spielwitz zu sehen gäbe, der wurde bitter enttäuscht, so dröge und ideenlos kamen beide Mannschaften aus der Pause. In die allgemeine Ziellosigkeit hinein fiel die erneute Führung der Hallenser daher folgerichtig als beinahe perfekte Kopie des Münchner Ausgleichstreffers: der gleiche Eckball, auf derselben Seite des Spielfeldes, mit demselben Ergebnis. Nur dass diesmal Stipe Vucur am ersten Pfosten freistehend einköpfeln durfte. Bei Halles 3:1 nur fünf Minuten später verteidigte Türkgücüs Hintermannschaft dann vollends vogelwild. Damit war das Spiel entschieden. Boyd setzte in der 82. Minute den Schlusspunkt, als er den Ball fulminant in den rechten Torwinkel wuchtete.

Bereits am Freitag hat Türkgücü die Möglichkeit zu ein wenig Wiedergutmachung, dann ist der SC Verl zu Gast im Olympiastadion. Man muss allerdings zu dem Schluss kommen, dass die Münchner mit dieser Drittliga-Saison bereits abgeschlossen haben. Die Mannschaft scheint nicht willens oder imstande zu sein, sich nochmal zu Höchstleistungen aufzuraffen. Bereits nach dem Spiel gegen Uerdingen hatte Chefcoach Dayat vermutet, dass aufgrund der Tabellensituation ein Ansporn fehle. Der Verein steht im Niemandsland der Tabelle, nach oben wie unten passiert nichts mehr. Die Hallenser dürfen sich dagegen freuen. Sie haben nun wie Türkgücü 46 Punkte auf der Habenseite und können mit einer weiteren Saison in der dritten Liga planen.

Ein Thema gab es dann doch noch an diesem Abend, die Causa Sercan Sararer. Auf den juristischen Zwist mit Türkgücüs bestem Stürmer angesprochen, reagierte Geschäftsführer Kothny etwas dünnhäutig mit einer Medienschelte. "Es wird wieder von den Medien groß dargestellt, Türkgücü München zerrt Spieler vor Gericht, aber wir reagieren in der aktuellen Situation einfach nur." Man wolle den Spieler auf jeden Fall halten, so Kothny, und müsse schauen, "was die Gerichte und die Anwälte untereinander entscheiden".

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