DOSB:Neuanfang im deutschen Sport?

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Alfons Hörmann am Lenkrad eines Trucks bei der Einkleidung der deutschen Olympia-Mannschaft in Berlin vor einer Woche. (Foto: Imago)

Nach tagelangem Gezerre gibt DOSB-Präsident Alfons Hörmann auf und kündigt seinen Rückzug für Dezember an - vorbei ist der Machtkampf allerdings nicht.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Vom ersten Tag des Alfons Hörmann an der Spitze des Deutschen Olympischen Sportbundes gibt es ein Fotomotiv, das so ähnlich öfter auftaucht bei hochrangigen Amtsübergaben. Ein Steuerrad eines Schiffes hielt der Allgäuer Unternehmer nach der Wahl vor siebeneinhalb Jahren in der Hand, übergeben von der vorherigen Führung des Sportdachverbandes, die ihn als Nachfolger des zum IOC-Präsidenten aufgestiegenen Thomas Bach ausgeguckt hatte.

Von einem der letzten Tage des Alfons Hörmann an der Spitze des Deutschen Olympischen Sportbundes gibt es nun ein Fotomotiv, das in eine vergleichbare Richtung weist. Bei der Rundtour zur offiziellen Einkleidung der deutschen Olympia-Mannschaft, die in der vergangenen Woche begann, setzte sich Hörmann ans Lenkrad eines großen Trucks.

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:DOSB-Präsident Hörmann kündigt Rücktritt an

In der Führungskrise des DOSB macht Alfons Hörmann den Weg für Neuwahlen im Dezember frei. Er wird nicht erneut antreten. In einem anonymen Schreiben hatten Mitarbeiter scharfe Kritik an ihm geübt.

Hörmann, der Steuermann des Sports, Hörmann, der Lenker des Sports, so haben ihn seine Unterstützer immer gerne dargestellt. Tatsächlich ging unter seiner Verantwortung vieles im organisierten Sport in die falsche Richtung und es gab einen stetig wachsenden Widerstand. Und nun ist klar, dass Hörmanns Zeit als DOSB-Boss bald vorbei ist. Am Mittwochabend teilte der Dachverband mit, dass es im Dezember zu vorgezogenen Neuwahlen kommen soll und dass Hörmann dort nicht mehr kandidiert.

Hörmann hatte es sich mit einflussreichen Akteuren verscherzt - bis hin zum IOC

Es war der Rückzug nach einem tagelangen Gezerre um die Macht. Vor anderthalb Wochen empfahl die Ethik-Kommission, die zuvor die in einem anonymen Brief gegen Hörmann erhobenen Vorwürfe aus der Mitarbeiterschaft ("Kultur der Angst") untersucht hatte, vorgezogene Neuwahlen. Dass das Präsidium dem zunächst nicht folgte, sondern lediglich eine Vertrauensfrage im Spätsommer avisierte, löste einen großen Aufschrei im Sport aus. Nun gab Hörmann auf - und es wird allerorten betont, dass dies die Möglichkeit für einen Neuanfang im aufgewühlten und gespaltenen deutschen Sport ist.

Dabei ist es bemerkenswert, dass Hörmann am Ende tatsächlich zurückzog. Kritik an ihm und seinem Führungsstil gab es seit seinem Amtsantritt immer wieder, aber bis zur aktuellen Affäre konnte er dies immer aussitzen. Dass das diesmal anders war, lag nicht zuletzt daran, dass er es sich rund um die gescheiterte Olympia-Bewerbung von Rhein/Ruhr 2032 mit einigen einflussreichen Personen aus Nordrhein-Westfalen verscherzt hatte. Es ist sogar ein offenes Zerwürfnis mit dem Internationalen Olympischen Komitee dokumentiert. IOC-Präsident Bach persönlich schrieb kürzlich einen mahnenden Brief in seine Heimat.

Vorbei ist der Machtkampf allerdings nicht. Denn immerhin sind es noch fünfeinhalb Monate bis zur Neuwahl und so wird Hörmann noch einige Zeit im Amt sein, unter anderem bei den Olympischen Spielen. Und es ist die Frage, wie sich der DOSB neu aufstellt.

Neben Hörmann kündigte auch Finanz-Vize Kaweh Niroomand, der bei manchen als möglicher Übergangskandidat galt, seinen baldigen Rückzug an. Er begründete dies damit, dass er Mitverantwortung übernehmen wolle. Die übrigen fünf Mitglieder des Präsidiums äußerten sich bisher nicht öffentlich - dabei stehen auch sie in der Kritik, weil sie sich, mit Ausnahme des Athletenvertreters Jonathan Koch, in den vergangenen Wochen trotz der gravierenden Vorwürfe eng an Hörmanns Seite positionierten.

Zugleich beginnt nun natürlich rasch die Debatte, wer Hörmann nachfolgt. Formal sollen laut DOSB die Sprecher der drei Verbändegruppen die konkrete Umsetzung der Neuwahlen koordinieren. Das sind Basketball-Präsident Ingo Weiss als Sprecher der Spitzenverbände, die besonders einflussreich sind, weil sie bei DOSB-Mitgliederversammlungen die Mehrheit bilden; der Bayer Jörg Ammon, der seit Samstag der zweitwichtigsten Säule vorsteht, den Landessportbünden; sowie Barbara Oettinger, die die kleine Zahl an Verbänden mit besonderen Aufgaben vertritt.

Die Sprecher peilen die Gründung einer "Findungskommission" an

Basketball-Funktionär Weiss, bereits 2013 eine Alternative zu Hörmann und nun immer wieder als möglicher Kandidat genannt, schloss eine eigene Bewerbung um den DOSB-Chefposten aus. Stattdessen teilen er und Ammon mit, dass sie die Gründung einer "Findungskommission" anpeilen. Man wolle geschlossen vorgehen und erst einmal inhaltlich prüfen, wie das Profil des künftigen DOSB-Präsidenten aussehen soll, so Ammon.

Allerdings könnte es auch recht schnell gehen, bis sich die ersten Kandidaten vorwagen. Schon während Hörmanns Amtszeit haben sich oppositionelle Zirkel gebildet und waren immer verschiedene Funktionäre als Alternativen genannt worden. Dazu zählte etwa der deutsche Triathlon-Boss Martin Engelhardt, der 2018 Hörmann auch offen herausforderte, oder Thomas Weikert, der seit 2017 die internationale Tischtennis-Föderation leitet und dort zuletzt einen Angriff seiner verbandsinternen Gegner abwehrte. Mancher Funktionär plädiert für einen Mann oder eine Frau an der Spitze, die von außen kommt, etwa aus der Politik oder der Wirtschaft.

Hörmann-Kritiker wiederum befürchten, dass der scheidende Präsident ihnen in seinem Abgang noch einen ihm nahen Nachfolger aufdrückt: etwa Matthias Große, den umstrittenen Präsidenten der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG). Dieser wollte eine Anfrage, ob er eine Kandidatur erwäge oder dies ausschließe, am Donnerstag nicht kommentieren.

Aber zugleich wird bei allen Diskussionen, die deutsche Verbandsfunktionäre untereinander so führen, ein Aspekt maßgeblich sein: welche Vorstellungen eigentlich der Mann hat, der vor siebeneinhalb Jahren Alfons Hörmann das Steuerrad eines Schiffes in die Hand drückte - der IOC-Präsident Thomas Bach.

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