DOSB:Aufstand gegen Hörmanns Trick

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Tritt nach Acht Jahren im Amt nicht mehr an: DOSB-Präsident Alfons Hörmann. (Foto: Political Moments/Imago)

Vertrauensfrage statt Neuwahl - mit diesem Manöver versucht die DOSB-Spitze in der Affäre um Alfons Hörmann, die Empfehlung der Ethiker zu ignorieren. Doch der Widerstand im organisierten Sport wächst.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Erbittert kämpft der Präsident Alfons Hörmann, 60, um die Macht im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) - und er tut dies mit Hilfe eines sehr umstrittenen Manövers. In der Mitte der vergangenen Woche gab das Präsidium bekannt, dass es den Empfehlungen der Ethikkommission zum weiteren Umgang mit der Hörmann-Affäre nicht folgt. Das Prüfgremium hatte zuvor vorgeschlagen, dass es im Dezember zu vorgezogenen Neuwahlen kommen soll. Die DOSB-Spitze will sich mit einer "Vertrauensabstimmung" im Spätsommer begnügen.

Wegen diesen Plans gibt es nun in seltener Klarheit einen großen Aufstand. Am Samstag sprachen sich die Landessportbünde - einer der beiden zentralen Eckpfeiler in der Organisation des deutschen Sports - einstimmig gegen das Vorgehen aus. Man lehne es ab, bloß eine Vertrauensabstimmung zu lancieren, teilten sie nach einer Sitzung in Kassel ab. Stattdessen forderten sie das DOSB-Präsidium auf, die Empfehlung der Ethikkommission "vollständig umzusetzen" und bei der Mitgliederversammlung im Dezember 2021 Neuwahlen für das gesamte Präsidium anzusetzen.

Ähnlich eindeutig äußerten sich die Interessensvertreter der Sportler. "Die kompromisslose Befolgung der Empfehlung der Ethikkommission" sei "zwingend notwendig", sagte der frühere Ruderer Jonathan Koch, der die Athleten im DOSB-Präsidium vertritt. Der nun vorgeschlagene Weg unterlaufe den Pfad der Ethiker und ignoriere deren Begründung. Neuwahlen im Dezember könnten sofort beschlossen und umgesetzt werden: "Eine nicht genau definierte, ungeregelte und vorgezogene Vertrauensabstimmung wirft dagegen erhebliche Fragen auf."

In der Tat ist über das genaue Prozedere dieser Vertrauensabstimmung noch vieles unklar. So steht bisher die Variante im Raum, dass Hörmann und die anderen Präsidiumsmitglieder sich gar nicht einzeln der Vertrauensfrage stellen, sondern en bloc - womit Hörmann die Chance hätte, sich hinter anderen, im Sport teils weithin geschätzten Präsidiumskollegen zu verstecken. Der DOSB erklärt dazu auf Anfrage nur, es würden alle Details mit den Mitgliedsorganisationen besprochen.

Jetzt kommt es auf die Spitzenverbände an

Hörmann bleibt derweil allein die Hoffnung auf eine Gruppe: die Spitzenverbände. Die haben bei DOSB-Mitgliederversammlungen die Mehrheit, zuletzt stellten sie dort 298 von 515 Stimmen. In diesem Kreis divergiert die Haltung zu Hörmann enorm. Einige stützen den Präsidenten, weil sich in seiner Ägide der Etat des Bundesinnenministeriums für den Spitzensport auf fast 300 Millionen Euro verdoppelte. Zugleich tönt auch hier immer wieder laute Kritik, insbesondere an seinem Führungsstil und an seinem Umgang mit den deutschen Olympia-Bewerbungen.

Auch die Spitzenverbände tagten am Samstag, und anders als die Landessportbünde gaben sie bezeichnenderweise keine Stellungnahme heraus. Nach SZ-Informationen war für die virtuelle Schalte vom Triathlon-Verband ein Antrag eingebracht worden, der inhaltlich ähnlich lautete wie jener der Landessportbünde: klares Votum für Neuwahlen im Dezember. Doch über diesen Antrag wurde erst gar nicht abgestimmt, hieß es. Stattdessen, so berichtet es Ingo Weiss, Präsident der Basketballer und Sprecher der Spitzenverbände, seien die Föderationen nahezu geschlossen dafür gewesen, dass es erst einmal im Spätsommer zu der außerordentlichen Mitgliederversammlung mit Vertrauensabstimmung kommen soll. Danach könne es ja immer noch "Neuwahlen oder Nachwahlen" geben, falls diese nötig sind.

Klar ist: Sollte es bei einer DOSB-Mitgliederversammlung bei der Geschlossenheit der Landessportbünde bleiben und sollten etwa 85 Stimmen aus dem Lager der Spitzenverbände die Landessportbünde unterstützen - jeder Föderation stehen aufgrund eines komplizierten Schlüssels und je nach Zahl ihrer Mitglieder bis zu 15 Voten zu -, dann wäre eine Mehrheit gegen Hörmann und dessen Plan. Das Werben um diese Stimmen dürfte also erbittertet werden.

Thomas de Maizière, der Ethik-Chef des DOSB, der mit seinem Gremium vier Wochen lang die Vorwürfe gegen Hörmanns Führungsstil ("Kultur der Angst") geprüft hatte und zu einem harten Urteil gekommen war, wollte den Umgang des DOSB mit den Empfehlungen nicht direkt kritisieren. Vertrauensfrage statt Neuwahlen, das sehe er nicht als problematisch an, sagte er dem Deutschlandfunk: "Wir haben dabei daran gedacht, dass der DOSB nicht ohne Führung sein sollte für den Fall, dass eine Vertrauensfrage für das Präsidium negativ beantwortet worden wäre." Unabhängig davon bleibt die Frage: Warum braucht ein Verband überhaupt eine Ethikkommission, wenn er ihren Empfehlungen im Zweifel nicht folgen möchte?

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