Die Bayern in der Einzelkritik:Das Steh-Ensemble

Ein wandernder Mark van Bommel und ein zaghafter Hamit Altintop. Die Heynckes-Bayern unterscheiden sich trotz des Sieges kaum von den Klinsmann-Bayern. Die Einzelkritik.

Thomas Hummel

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Der FCB-Vorstandsvoritzende Karl-Heinz Rummenigge hatte vor dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach angekündigt: "Der ein oder andere Profi hat für sich das Alibi Jürgen Klinsmann ins Anspruch genommen. Alle Spieler müssen ab sofort klipp und klar wissen, dass sie jetzt unter besonderer Beobachtung stehen und wir von ihnen verlangen, dass sie sich alle gemeinsam zerreißen, um unsere sportlichen Ziele zu erreichen und das vielleicht derzeit unmöglich Scheinende doch noch möglich zu machen: die Verteidigung des Deutschen Meistertitels." Hier also die Leistungen der unter besonderer Beobachtung stehenden Bayern-Profis ohne Klinsmann-Alibi: Hans-Jörg Butt: Der von Klinsmann ins Team geholte Torwart manövrierte vor seinem ersten Ballkontakt mit einem eleganten Hüftwackler den heranstürmenden Matmour aus. Seine erste Prüfung ging dann mächtig in die Hose: Ließ einen Freistoß abprallen, foulte und holte am Ende den Elfmeterschuss von Daems aus dem Netz. Die zweite Prüfung ging auch daneben: Faustete zaghaft, hatte dann Glück, weil Matmour anschließend im Abseits stand. Musste ansonsten keinen Leistungsnachweis gegen sehr schwache Gladbacher erbringen.Foto: Reuters

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Christian Lell: Provozierte die ersten Pfiffe des wohlgesonnenen Publikums, als er nach 24 Minuten völlig ungestört eine Flanke hinter das Tor trat. Womit klar war: Der Heynckes-Lell unterscheidet sich grundsätzlich nicht vom Klinsmann-Lell. Und so jubelten die Fans auch vernehmlich, als Heynckes den Rechtsverteidiger zur Halbzeit aus der Mannschaft nahm.Foto: Getty

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Lucio: Musste unangenehme Zweikämpfe gegen den einzigen, aber starken Gladbacher Stürmer Matmour bestreiten. Bolzte einmal den Ball verärgert auf den dritten Rang, weil von Matmour gefoult. Hatte dann großes Glück, weil er nach einem Zweikampf als letzter Mann bei Matmour hängen blieb und Schiedsrichter Rafati zu seinen Gunsten auf faires Spiel statt auf Foul und rote Karte entschied. Hielt allein mit seiner überragenden Athletik die Bayern-Abwehr zusammen.Foto: Reuters

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Martin Demichelis: Fiel zum ersten Mal auf, als er den Ball an Matmour verstolperte. Doch der arme Gladbacher Stürmer sprintete zwar anschließend mit dem Ball Richtung Tor, war aber mangels anderer Gladbach-Stürmer schnell von vier Bayern-Verteidigern umgeben. Die Leistung des Heynckes-Demichelis ist ebenso ein Rätsel wie die Leistungen des Klinsmann-Demichelis, besonders, wenn man an den einstigen Hitzfeld-Demichelis denkt.Foto: dpa

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Philipp Lahm: Hatte seinen Lieblingstrainer auf der Bank sitzen, schließlich begründete Co-Trainer Hermann Gerland den Spruch: Philipp Lahm kann gar nicht schlecht spielen. Philipp Lahm spielte dann auch nicht schlecht, aber auch nicht gut. Seltsam unsichtbar wirkte Lahm ohne seinen Partner Franck Ribéry.Foto: Getty

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Mark van Bommel: Zunächst entwickelte sich ein Spiel ganz im Sinne von Mark van Bommel: nur nicht zu schnell. Wanderte stets mit geschwollener Brust und sichtbarer Trauer-Binde nach dem Anschlag auf die niederländische Königin über den Platz. Gab nicht mehr ganz so viele Anweisungen wie unter Klinsmann. Ging in der Schlussphase sogar einmal in die Spitze, beließ das Spiel ansonsten so wie er es am liebsten hat: mit langsamem Tempo.Foto: Reuters

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Hamit Altintop: Versuchte aus alter Gewohnheit, mit dynamischen Antritten offensive Akzente zu setzen. Wurde dann aber im entscheidenden Moment regelmäßig von dieser seltsamen Zaghaftigkeit ergriffen, die ihn seit geraumer Zeit umgibt. Gab diese Zaghaftigkeit dann erstmals auf, als ihm Lukas Podolski den Ball wunderbar servierte und er den Ball zum 2:1 an den Innenpfosten knallte.Foto: Getty

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Bastian Schweinsteiger: Durfte mal wieder auf der linken Sommermärchen-Position ran, weil Ribéry gesperrt war. Das neue Märchen bestand zunächst darin, Schweinsteiger tempolos tricksend irrlichtern zu sehen, beim 1:0 aber energisch in den Strafraum sprintend. Sprintete danach wie alle seine Kollegen nur noch selten. Selbst tricksen sah man Schweinsteiger kaum noch.Foto: ddp

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Zé Roberto: Auf der Suche nach wirkungsvollen Waffen in der Offensive ist Trainer Heynckes offenbar bei Zé Roberto hängen geblieben. Schickte den Brasilianer in das offensive Mittelfeld und vertraute ihm zudem die ruhenden Bälle an. Dieser zahlte das Vertrauen zwar nicht mit einem großartigen Spielmacher-Auftritt aber doch mit schönen Freistößen und Eckbällen zurück. Was im Vergleich zu den Klinsmann-Bayern ja eine erhebliche Erweiterung des offensiven Repertoires bedeutete.Foto: ddp

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Lukas Podolski: Die einzige Umstellung in der Startformation, die nichts mit dem gesperrten Ribéry zu tun hatte. Heynckes wollte mit zwei Stürmern spielen, und außer Luca Toni konnte Heynckes keinen einsetzen als Lukas Podolski. Und Heynckes sagte ihm vermutlich das einzig Richtige: Das ist heute ein Länderspiel gegen ein kleines Land am Niederrhein. So hatte der Heynckes-Podolski mit dem Klinsmann-Podolski nichts mehr zu tun. Denn Podolski spielte nicht wie sonst im Bayern-Trikot, sondern wie sonst im DFB-Dress. Knallte einen Freistoß an den Außenpfosten, tankte sich im Strafraum durch und scheiterte nur an einem Abwehrbein. Schlug dann einen famosen Pass vor dem 2:1. War der beste Offensivspieler in Rot-Weiß bis zu seiner Auswechslung in der 77. Minute.Foto: ddp

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Luca Toni: Stand vorne mit der Aufgabe des Wandstürmers, doch die Toni-Wand hatte bisweilen eine ordentliche Streuung, die Bälle kamen selten so zurück wie gedacht. Machte sich bei seinem ersten Ausflug als Flügelstürmer einen Namen, seine Flanke verwertete Schweinsteiger zum 1:0. Drohte nach 60 Minuten damit, dass der Heynckes-Toni noch schlechter sein könnte als der Klinsmann-Toni: Verpasste zweimal völlig freistehend auf groteske Weise den Ball am Fünf-Meter-Raum. Traf dann zweimal den Ball mit dem Kopf, blieb aber zweimal an Torwart Bailly hängen.Foto: dpa

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Massimo Oddo: Kam in der Halbzeit für Lell, deutete allerdings an, dass sich der Heynckes-Oddo kaum vom Klinsmann-Oddo unterscheidet. Seine erste Flanke landete auf dem Kpf des dankbaren Gladbachers Galasek. Seine zweite Flanke segelte hinter das Tor. Steigerte sich dann aber.Thomas Müller (im Bild): Man solle nicht ausprobieren, ob ein 20-jähriger Thomas Müller dem Druck vor fast 70.000 Zuschauer standhält, hatte Hermann Gerland noch unter der Woche gesagt. Weil man aber von einem solch jungen Mann immerhin erwarten kann, dass er viel läuft, konnte er nicht viel falsch machen in dem Steh-Ensemble namens FC Bayern. Machte dann auch nichts falsch.Andreas Ottl: Weil Andreas Ottl ohnehin nicht zu den Chef-Dynamikern zählt, konnte er sich nahtlos einfügen im Steh-Ensemble namens FC Bayern.Foto: ddp

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Hermann Gerland (Mitte): Ist ohnehin schon der beliebteste Co-Trainer der Bayern-Geschichte. Sprintete kurz vor Spielschluss über 100 Meter, an der grölenden Südkurve vorbei, um Philipp Lahm eine Trinkflasche zu bringen. Wird auf alle Zeiten der beliebteste Co-Trainer des FC Bayern bleiben.Jupp Heynckes: Der neue Bayern-Trainer hat aber auch gar nichts mit dem alten zu tun. Er springt nicht umher, wedelt nicht mit den Fäusten und hat graue Haare. Jupp Heynckes ging im Gegenteil sehr bedächtig in seiner Trainerzone umher, gab kurze, strenge Anweisungen an Lucio, van Bommel und andere. Hat die Mentalität seiner Mannschaft auf dem Platz trotzdem kaum verändern können. Dennoch hat seine Mannschaft gewonnen. Und das war sein Auftrag.Foto: ddp

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