DFB-Pokal:Warten auf das Gewitter

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Von Selbstvertrauen ist in Regensburg nicht mehr viel zu spüren: Jonas Nietfeld nach der Niederlage in Aue. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Obwohl Regensburg drei Ligaspiele in Serie verloren hat, ist das Team gegen Heidenheim Favorit. Dass auch der Gegner angeschlagen ist, sieht Trainer Achim Beierlorzer als Nachteil.

Von Christoph Leischwitz

Der SSV Jahn Regensburg ist die einzige Mannschaft der zweiten Bundesliga, die noch nicht unentschieden gespielt hat, und das zog sie am vergangenen Wochenende mit ungewollter Konsequenz durch. Selbst mit einem 0:0 wäre man beim Auswärtsspiel in Aue "auch enttäuscht gewesen", sagt Trainer Achim Beierlorzer. Seine Mannschaft verlor 0:1 - und das trotz 70 Minuten in Überzahl. Er hatte zuvor die Spieler deutlicher kritisiert als sonst bei Niederlagen, mehrere seien "Ausfälle" gewesen. Und weil nun ein Spiel ansteht, das auch nicht unentschieden enden wird, wird es richtungsweisend sein. Zwar nicht in der Liga-Tabelle, aber für die Großwetterlage in einem Klub, bei dem in der Vergangenheit das reinigende Gewitter oft nicht lange auf sich warten ließ. "Das ist eine ganz bedeutende Situation", sagt der Trainer nach drei Niederlagen in Serie.

Der Jahn versucht, die Gegner zu überfallen - das geht nur, wenn dieser selbst sich nach vorne wagt

Eigentlich kann es Beierlorzer gar nicht gefallen, dass zum Pokalspiel am Mittwochabend (20.45 Uhr) ein zuletzt ähnlich erfolgloser, angeschlagener Gegner anreist, in etwa so angeschlagen wie Erzgebirge Aue am vergangenen Sonntag ab der 21. Minute, als Dimitri Nazarov wegen einer groben Unsportlichkeit vom Feld musste. Ein angeschlagener Gegner spielt nicht bedingungslos nach vorne, eher zieht er sich zurück. Beierlorzers Konzept aber passt am besten zu Gegnern, die mitspielen, selbst regelmäßig den Abschluss suchen, denn diese kann man am besten überfallen und in Unterzahlsituationen zwingen. "Es geht darum: Wie geht man mit so einer Situation um, in der eine Mannschaft einem einfach den Ballbesitz übergibt - hier, bespielt uns mal!", fragte Beierlorzer nach der "bitteren Niederlage" in Aue. Eine Antwort schien er erst einmal nicht zu haben. Immerhin: Beim Pokalgegner Heidenheim hat Regensburg schon gewonnen, 3:1 am fünften Spieltag, es war ein Spiel und ein Gegner ganz nach Beierlorzers Geschmack gewesen. Wie also umgehen mit der Tatsache, dass sein Team trotz der Erfolglosigkeit leicht favorisiert in dieses Spiel geht? Immerhin hat der Jahn auch Heimvorteil und steht in der Tabelle einen Platz vor Heidenheim. Beierlorzer weist die Favoritenrolle von sich. "Heidenheim hat so viel Zweitligaerfahrung, das wäre respektlos", sagt er.

Nach seiner Kritik an der eigenen Mannschaft hatte er viele Einzelgespräche geführt. Denn er will vor dieser Partie, die so wichtig ist für das Selbstvertrauen, den letzten Rest an bestehendem Selbstvertrauen nicht noch mehr infrage stellen. "Ich muss sie aufrichten, die Brust wieder nach vorne bringen. Für so ein Spiel brauche ich einen stabilen Fuß, das geht hier oben los", sagt er und fasst sich mit den Fingern an die Schläfen. Es sei wichtig, alle mit ins Boot zu holen. Fehlen wird allerdings Offensivmann Jann George, der sich in Aue einen Zeh brach. Und ob Rechtsverteidiger Sebastian Stolze im Boot sitzen darf, ist fraglich. Er hatte nicht nur das Gegentor verschuldet, sondern auch für die unliebsame Überzahl gesorgt, die das Spiel erst so eng machte. Nazarov hatte sich von Stolze so gegängelt gefühlt, dass er ihm den Ball an den Kopf geworfen hatte.

Mentale Stärke ist das eine, Kreativität das andere Mittel, um gegen defensive Gegner zum Erfolg zu kommen. Gegen Aue fehlte diese Kreativität komplett, Albion Vrenezi als Zehner für den verletzten Jann George fand keine Lücken. Man wisse schon, woher man komme, sagt Beierlorzer. Er meint: aus bescheidenden Verhältnissen. Der bestehende Kader müsse eben sein Potenzial ausschöpfen. Was wiederum die Frage aufwirft, ob es bei diesem Pokalspiel tatsächlich allein um einen Schub für das Selbstvertrauen geht. Das Weiterkommen garantiert dem Sieger mehr als 600 000 Euro. Würde das nicht helfen, fragt ein Reporter, einen Kreativspieler zu finden, der die Mannschaft weiterbringt? Dann gibt Beierlorzer eine Antwort auf die Frage nach einer Lösung des Problems, die er eingangs selbst gestellt hatte: "Wenn er auf dem Markt ist, wenn er finanzierbar ist, ich wäre bereit ihn aufzunehmen."

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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