DFB-Pokal:Berliner Tristesse - Dortmunder Finesse

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Marco Reus traf zum 2:0 - vielleicht gewinnt er nun bald seinen ersten Titel. (Foto: imago/Sebastian Wells)
  • Der Traum vom Heimfinale im Pokal wird für Hertha BSC nicht wahr, weil der BVB deutlich stärker ist.
  • Das Dortmunder 3:0 ermöglicht einen erneuten Evergreen.

Von Javier Cáceres, Berlin

Wer sich einen Begriff von der Sehnsucht machen wollte, die Berlin erfasst hatte, wurde im Regionalsender RBB bestens bedient. Dort wurde eine Langzeit-Dokumentation ausgestrahlt, die etliche Fehlversuche von Hertha BSC zum Thema hatte, das Pokalfinale zu erreichen. Zu Beginn des Films wurde kein Geringerer als Martin Luther King eingespielt, oder genauer: sein berühmtester Ausspruch: "I have a dream . . .", ich habe einen Traum.

Seit der Saison 1984/85 wird das Pokalfinale im Berliner Olympiastadion ausgetragen, seither hat Hertha BSC das Cup-Endspiel nie erreicht. Das heißt: die erste Mannschaft nicht. Das Amateurteam, die "Hertha-Bubis", stand sehr wohl mal im Finale - 1993. Seit Mittwochabend steht fest: Auf die Erfüllung des Traumes müssen die Herthaner weiter warten: Borussia Dortmund siegte dank einer souveränen Leistung 3:0 (1:0). Und trifft am 21. Mai im Finale auf den FC Bayern München.

"Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung und der Art und Weise. Dickes, dickes Kompliment an die Mannschaft. Wir haben verdient gewonnen", sagte BVB-Trainer Thomas Tuchel. Ganz anders das Fazit der Berliner: "Die Enttäuschung ist riesig", sagte Manager Michael Preetz. "Nach dem 0:2 war es vorbei - doch davor hatten wir 15 gute Minuten mit ein paar Chancen", doch da, sagte Trainer Dardai, "hat das nötige Glück gefehlt. Am Schluss muss man sagen, dass Dortmund zu schnell für uns war."

Beide Mannschaften mussten vor der Partie empfindliche Ausfälle verkraften. Bei den Dortmundern musste Top-Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang passen, wegen einer Knochenabsplitterung im rechten Fuß. Für ihn rückte der Kolumbianer Adrián Ramos in die Startelf. Herthas Ausfall wog ungleich schwerer. Dauerläufer Vladimir Darida musste wegen einer Knieblessur auf der Tribüne Platz nehmen.

Dort atmete er vor der Partie eine außergewöhnliche Atmosphäre ein. Hertha ließ sich nicht lumpen und inszenierte eine Live-Show, die dem Spiel einen fast schon finalwürdigen Rahmen bot.

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So souverän, so überzeugend: Dortmund besiegt Hertha 3:0 und erreicht das Pokalfinale - dort warten die Bayern.

Knapp eine Woche nach dem peinigenden 3:4 beim FC Liverpool in der Europa League waren bei den Dortmundern keinerlei traumatische Nachwirkungen zu erkennen. Sie nahmen dankbar, geduldig und selbstsicher die Rolle des spielgestaltenden Teams an, die Hertha ihren Gästen großzügig anbot. Die Berliner kaprizierten sich darauf, möglichst sicher zu stehen.

Das eigentliche Problem aber war, dass die Berliner derart langsam nach vorn spielten, dass man meinen konnte, sie hätten zur Einstimmung zu viele Wim-Wenders-Filme gesehen. Dortmund hingegen strömte immer latent Gefahr aus. Insbesondere, wenn der Ball mit den Füßen von Henrikh Mkhitaryan in Berührung kam.

Der Armenier initiierte auch die Szene, die in der 21. Minute zur Dortmunder Führung führte. Er bediente auf der rechten Seite den Japaner Shinji Kagawa, der auf Marco Reus passte. Dessen Schuss wurde zwar abgeblockt - doch der Ball landete vor den Füßen des Deutsch-Spaniers Gonzalo Castro, der überraschend für Ilkay Gündogan in die Startelf gekommen war. Sein Tor war eine Augenweide: Mit dem Innenrist platzierte er den Ball aus 15 Metern im Winkel.

Hertha-Torwart Rune Jarstein war ohne Chance. Dortmund hatte danach etliche Chancen, die Führung auszubauen - insbesondere in der 25. Minute, als Marco Reus aus zehn Metern nach einer flachen Hereingabe von Linksverteidiger Schmelzer aus zehn Metern übers Tor schoss. Schmelzer wiederum war in der 40. Minute eines brillanten Querpasses von Mkhitaryan, verzog aber ebenfalls. Dem hatte Hertha eine einzige gefährliche Szene entgegenzusetzen. Unmittelbar vor der Halbzeit vergab Jens Hegeler aus acht Metern.

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Nach der Pause tat Hertha zwar den unabdingbaren Schritt nach vorn. Doch die Berliner hatten, auch wegen des starken Positionsspiels der Dortmunder, erhebliche Probleme, ihren ballführenden Spielern Anspieloptionen zu bieten. Nach gut einer Stunde reagierte Dardai und brachte Alexander Baumjohann für Hegeler sowie Julian Schieber für Genki Haraguchi. Der auffälligste Herthaner wurde aber Torwart Rune Jarstein.

Erst rettete er gegen Adrián Ramos (68. Minute) und Mkhitaryan (69.) in bester Manier. Auf der anderen Seite hatte Kalou zwei gute Chancen: die erste, als er in eine Kopfballverlängerung grätschte (64.), die zweite per Kopf (74.). Im Gegenzug leitete ein Ausrutscher das 0:2 ein: Brooks verlor in der Vorwärtsbewegung den Ball, ermöglichte dem BVB einen Konter. Kagawa bediente Reus, der Jarstein aus zehn Metern keine Chance ließ. Gündogan, der spät für Castro kam, traf in der 78. Minute mit einem Fernschuss noch den Pfosten. Für das 0:3 sorgte Mkhitaryan nach einem Solo von Reus (83.). Doch das war nur für die Statistik. Denn nach dem 0:2 stand die Nachricht des Abends fest: Der Vorjahresfinalist darf in viereinhalb Wochen ins Olympiastadion zurückkehren und versuchen, zum vierten Mal den Pokal zu gewinnen - im Evergreen gegen den FC Bayern, der in Berlin zum dritten Mal seit 2012 aufgelegt wird.

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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