DFB-Elf in der Einzelkritik:Neuhaus, der ungeschliffene Diamant

Der Neuling schießt zum Einstand ein Tor. Antonio Rüdiger fehlt die Spielpraxis und Julian Brandt läuft mehr als er bewirkt. Die DFB-Elf in der Einzelkritik.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Bernd Leno

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(Foto: dpa)

Der Torwart vom FC Arsensal ist nach sechs durchgängig bestrittenen Pflichtspielen für seinen Klub voll im Saft, oder wie sie in London sagen würden: in top shape. Das zeigte sich vorbildlich an seinem Bewegungsradius. Er schaltete sich immer wieder ins laufende Spiel ein und wirkte sehr wach - stand beim Gegentreffer zum 1:1 kurz nach der Pause aber trotzdem ein bisschen konsterniert in seinem Tor: An diesen Schlenzer war kein Herankommen. Auch am zweiten Gegentreffer traf ihn keine Schuld. Konnte sich so aber auch nicht explizit auszeichnen. Kurz vor Schluss rettete ihn verdientermaßen die Torlatte, dann fiel in der Nachspielzeit trotzdem noch das Gegentor zum 3:3-Endstand.

Emre Can

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(Foto: AP)

Borussia Dortmunds einziger aktueller deutscher Nationalspieler, der im Klub einen Stammplatz besitzt. Can spielt dort bei Lucien Favre genau jene Position rechts in der Dreierkette, die ihm auch Löw verordnete. Der 26-Jährige fiel mit einigen demonstrativen kraftvollen Vorstößen auf. Brachte in seiner bekannten Art Physis in die Defensivarbeit und wird mit dieser Art zu spielen in der Nationalmannschaft eine genauso wichtige Rolle behalten wie beim BVB.

Robin Koch

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(Foto: AFP)

Der 24 Jahre alte vormalige Freiburger hat bei seinem neuen Klub Leeds United bislang keinerlei Akklimatisierungsprobleme und spielt dort in der Innenverteidigung jedes Mal durch. Nach sieben Gegentoren in den ersten beiden Ligaspielen haben sich die Wirkungstreffer dort deutlich reduziert. Mit schon großer Reife und Routine hielt er nun auch im Nationalteam seine Nebenmänner Can und Rüdiger recht gut beisammen. Durch die Mitte gelang der Türkei nicht viel.

Antonio Rüdiger

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(Foto: Getty Images)

Bei seinem FC Chelsea spielt der Innenverteidiger momentan überhaupt keine Rolle. Zuletzt war er nicht mal mehr im Kader für Spiele, weshalb allgemein mit seinem Wechsel zu einem anderen Klub gerechnet wurde. Doch Rüdiger will sich in London zurückkämpfen. Dabei könnte ihm seine Rolle im deutschen Nationalteam durchaus helfen, allerdings zeigte sich diesmal seine mangelnde Spielpraxis. Er hatte mitunter Probleme beim Timing und beging nach nur 17 Minuten in der gegnerischen Hälfte ein überflüssiges Foul, das ihm unnötig Gelb einbrachte. Ein sehr physischer Spieler, dem im Moment aber das spielerische Selbstvertrauen fehlt.

Benjamin Henrichs

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Der von AS Monaco zu RB Leipzig gewechselte Außenverteidiger hat bei seinem neuen Klub erst 30 Minuten Bundesliga gespielt - aufgeteilt auf drei späte Einwechslungen. Henrichs wird es in Leipzig auch künftig nicht leicht haben mit allerhand starken Positionskonkurrenten, da sehen die Chancen auf Einsätze im Nationalteam fast rosiger aus. Henrichs machte seine Sache gut, wirkte nach hinten wach und brachte vorne ein paar ganz gute Flanken ins Zentrum. Kann und muss sich aber noch steigern.

Florian Neuhaus

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(Foto: REUTERS)

Der Shootingstar im deutschen Mittelfeld gab vor einigen Monaten furchtlos zu, dass er gerne Weltmeister werden würde. Und damals war er noch nicht mal A-Nationalspieler. Was man denken kann, das kann man auch erreichen - sagen Motivationstrainer, insofern steht dem 23 Jahre alten Oberbayer eine goldene Zukunft bevor. Seine Premiere im Nationaltrikot bestätigte dies. Der Mönchengladbacher agierte souverän, hielt auch mal den Ball und wirkte so, als sei er schon sehr lange im Nationalteam dabei. Bei seiner Borussia aus der Startelf auch nicht mehr wegzudenken. Krönte sein Debüt mit dem Treffer zum 2:1 in der 58. Minute. Verlor vor dem 2:2-Ausgleich zwar den Ball, wurde dabei aber unsanft angegangen. Ein (immer noch) ungeschliffener Diamant.

Nico Schulz

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(Foto: dpa)

Die ersten Saisonspiele bei Borussia Dortmund hatte der 27-Jährige wegen Wadenproblemen verpasst, zuletzt wurde er spät eingewechselt, aber hinter dem Portugiesen Raphael Guerreiro ist er ohnehin nur die Nummer zwei auf der Position des linken Außenverteidigers in der Fünferkette. Gegen die Türkei offensiv bemüht, in der Rückwärtsbewegung oft viel zu langsam. Über seine linke Abwehrseite kamen die Türken zu ihren besten Chancen. Verlor vor dem 1:1-Gegentreffer den Ball. In dieser Form kein Mann für die EM.

Julian Brandt

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(Foto: AP)

Der mit 24 Jahren selbst ja noch recht junge Angreifer hat bei seinem Klub Borussia Dortmund das Problem, auf seiner Position wahnsinnig junge, wahnsinnig talentierte Konkurrenten vor sich zu haben. Das hat ihm in den ersten drei Saisonspielen geade mal 60 Minuten Spielzeit eingebracht. Dieses Problem hat Brandt in der Nationalmannschaft nicht, aber mehr als sein individuelles Potential vermochte er auch diesmal nicht anzudeuten. Lief viel, bewirkte wenig.

Kai Havertz

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(Foto: AP)

Bei Chelsea auf Anhieb Stammspieler, was angesichts seines Potentials kein Wunder ist. Spielt auch in einer bunt zusammengewürfelten Nationalmannschaft jederzeit sehr geschmeidig, und wenn ihm auch nicht allzu viele effektive Aktionen gelungen sind, so überzeugte er alleine schon durch einen riesigen Aktionsradius. Bereitete kurz vor der Pause das 1:0 durch Draxler ebenso vor wie das 2:1 durch Neuhaus nach einer knappen Stunde. Sehr solide Vorstellung.

Luca Waldschmidt

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(Foto: dpa)

Bei Benfica Lissabon in den ersten drei Ligaspielen jedes Mal in der Startelf, bestätigt der vormalige Freiburger in Portugal ebenso wie am Mittwoch in der Nationalelf seine niveauvolle Eignung als zentraler Stürmer. Litt ein bisschen darunter, dass die Türken sehr weit hinten drin verteidigten und ihm wenig Platz ließen. Pässe von seinen Hinterleuten erreichten auf dem Diagonalweg eher die Flügelläufer Henrichs und Schulz als Waldschmidt in der Mitte. Hatte wenige auffällige Tor-Szenen, arbeitete aber viel, ehe ihm in der 81. Minute doch sein erster Nationalmannschafts-Treffer gelang.

Julian Draxler

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(Foto: dpa)

Der 27-Jährige, dessen spekulative Rückkehr in die Bundesliga sich erledigt hat, kämpft bei Paris Saint-Germain um einen Stammplatz. In den ersten Saisonspielen hat er seine Einsätze bekommen, aber die Spielzeit ist lang und die Plätze beim Trainer Thomas Tuchel umkämpft. Er ist aber auf einem guten Weg, zeigte sich am Mittwoch sehr aktiv und erzielte, als Kapitän aufgelaufen, in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit mit einem schönen Lupfer den Treffer zur 1:0-Führung. In dieser Form eine Verstärkung.

Einwechselspieler: J. Hofmann, J. Tah, R. Gosens, M. Dahoud, N. Stark, N. Amiri

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(Foto: dpa)

Jonas Hofmann: Der Gladbacher feierte sein Nationalmannschaftsdebüt nach einer Stunde Spielzeit als Einwechselspieler für Draxler. Zeigt bei der Borussia unter dem Trainer Marco Rose eine stark ansteigende Form und ist in dieser Form als Angreifer eine echte Alternative auch im Nationalteam.

Jonathan Tah

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(Foto: Getty Images)

Noch so ein Problemfall, denn Tah kommt bei Bayer Leverkusen in der Innenverteidigung kaum mehr zum Einsatz, seit dort zu Beginn dieses Jahres Edmond Tapsoba direkt einschlug. Kam für Rüdiger und musste in der 67. Minute mitansehen, wie der von ihm angespielte Neuhaus den Ball durch ein vermeintliches Foul verlor und es danach 2:2 hieß. Braucht mehr Spielpraxis, so kein Mann für eine EM.

Robin Gosens

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(Foto: dpa)

Bei Atalanta Bergamo eine unverzichtbare Kraft auf der linken Außenbahn und dort auch in der Nationalmannschaft wohl deutlich vor jenem Nico Schulz zu sehen, den er ab der 70. Minute ersetzte. Bereitete zehn Minuten vor Schluss den Siegtreffer durch Waldschmidt vor. Ist derzeit generell in famoser Verfassung und für die EM wohl gesetzt.

Mahmoud Dahoud

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(Foto: AFP)

Dritter Nationalmannschafts-Debütant in diesem Spiel, als er kurz vor Schluss eingewechselt wurde. Spät in ein Spiel hineinzukommen, ist auch schon das Höchste, was ihm bei Borussia Dortmund mitunter zuteil wird, denn er spielt bei Lucien Favre so gut wie keine Rolle. Lässt sich davon aber nicht irritieren und gilt als stets gut gelaunt.

Niklas Stark (Foto) und Nadiem Amiri

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(Foto: Getty Images)

Kamen in der 86. und 90. Minute noch auf den Rasen und erlebten, wie der späte Ausgleich fiel. Für jeden eine undankbare Erfahrung.

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