DFB - Bosnien: Einzelkritik:"Miro ist ein wertvoller Spieler"

Acht Ballkontakte für Klose in 45 Minuten, neue Chefs im Mittelfeld, ein Özil, der nicht zu viel nachdenken sollte und drei Einwechsel-Gewinner. Die DFB-Elf gegen Bosnien in der Einzelkritik.

Thomas Hummel

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Acht Ballkontakte für Klose in 45 Minuten, neue Chefs im Mittelfeld, ein Özil, der nicht zu viel nachdenken sollte und drei Einwechsel-Gewinner. Die DFB-Elf in der Einzelkritik. Manuel Neuer Würde einem Kreisliga-Torwart so ein 0:1 ins Netz fliegen, er bekäme einige hämische Fragen zu hören: "Haben sie dich am Boden festgeklebt?" zum Beispiel. Da dieser Ball wie in Zeitlupe über Manuel Neuer schwebte, sah es nach einem etwas schwerfälligen Torwart aus, der sich da vergeblich streckte. Doch weil dieser Ball völlig unerwartet durch Lahms Schuss auf Dzekos Brust kam, gelten für den Schalker Torwart mildernde Umstände. Zeigte einige Male, was ihn so wertvoll machen könnte: Spielte bei langen Pässen und bosnischen Konterversuchen mehr Libero als Torwart.

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Philipp Lahm Der Münchner begann seine Karriere als jüngster deutscher WM-Kapitän auf seiner Lieblingsposition: rechter Außenverteidiger. Da spielt er in München, da will er auch bei der WM spielen, zum Unglück des Hamburger Rechtsverteidigers Jérôme Boateng, der damit vorerst seine WM-Karriere ad acta legen kann. Weil ein Innenverteidiger schlecht stand, musste er nach 15 Minuten in einen Alles-oder-nichts-Zweikampf mit dem körperlich stärkeren Edin Dzeko, seine Abwehraktion geriet zum Bumerang und zum 0:1 - Pech. Nahm sich nach 50 Minuten den Ball, lief und lief, und weil keiner angriff, haute er die Kugel genau in den Torwinkel - Glück und Können. Auf ihn war und wird Verlass sein, und man erinnert sich immer wieder an einen Spruch des Bayern-Ko-Trainers Hermann Gerland: "Der kann gar nicht schlecht spielen."

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Per Mertesacker Ein furchterregender Auftritt des Bremers in der ersten Halbzeit. Galt als einer der letzten Anker dieses Teams, das so viele Unwägbarkeiten in sich birgt, stellte sich aber als erste Unwägbarkeit vor. Stellungsfehler beim 0:1, als er zu weit rausrückte und Lahm gegen Dzeko in den Zweikampf musste. Neben dem geschmeidigen Dzeko wirkte der staksige Mertesacker zunächst hölzern wie ein Laternenpfahl. Gegen zunehmend nachlassende Bosnier bald nicht mehr gefordert. Dennoch ein irritierender Auftritt des designierten Abwehrchefs.

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Arne Friedrich Hat sich durchgesetzt als zweiter Innenverteidiger neben Mertesacker. Spätestens seit Donnerstagabend. Es war der Verdienst des Berliners, dass die sehr gut besetzte bosnische Offensive zu Beginn nicht noch mehr Unheil im deutschen Strafraum anrichtete. Sehr präsent in den Zweikämpfen, gut im Stellungsspiel. Und bessere Stürmer als Dzeko und Ibisevic werden auch in Südafrika nicht allzu häufig kommen. Löw: "Arne Friedrich hat mich in der Vorbereitung einfach überzeugt durch Schnelligkeit, Konzentration."

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Holger Badstuber Wenn Lahm rechts spielt, muss ein anderer links verteidigen. Der gegen Malta starke Aogo? Der von Löw geschätzte Jansen? Nein, der Bundestrainer brachte den 21-jährigen Holger Badstuber vom FC Bayern. Spielte dann auch so, wie in München: hinten sehr solide bis sehr stark, nach vorne kommt vom gelernten Innenverteidiger allerdings wenig. Löw weiß: Er kriegt von Badstuber, was er kann. Nicht mehr und nicht weniger. Löw: "Seinen Einsatz sehe ich absolut positiv." Das könnte für die Startelf gegen Australien reichen.

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Bastian Schweinsteiger Der neue Chef im deutschen Mittelfeld? Anfangs noch nicht. Gestikulierte bisweilen cheffig wie Michael Ballack (oder soll man sagen wie Mark van Bommel?). Doch ob das Gestikulieren, das Einweisen seiner Mitspieler das Richtige ist für Bastian Schweinsteiger? Konzentrierte sich dann auf das, was er kann: Fußball spielen. Seine Ballkontrolle im Mittelfeld war ein lebenswichtiger Faktor für die deutsche Überlegenheit. In der zweiten Halbzeit immer erste Anspielstation für die Verteidiger. Stellte sich dann auch ganz cheffig zum Elfmeter hin - und verwandelte zweimal ballackisch sicher.

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Sami Khedira Der neue Chef im deutschen Mittelfeld? Sah zunächst so aus. Stärkster deutscher Spieler in der ersten Halbzeit, erkämpfte im Mittelfeld die Bälle, leitete viele Angriffe schlau ein und ging in den richtigen Momenten in die Spitze. Vergab zwei Großchancen zum Ausgleich. Ließ nach der Pause etwas nach, man könnte auch sagen: Die Mitspieler legten zu, wodurch Khedira nicht mehr ganz so herausstach.

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Piotr Trochowski Zuerst waren einige Beobachter überrascht, dass der Hamburger nicht als Streichkandidat in den Urlaub geschickt wurde. Noch mehr Beobachter waren dann überrascht, als Piotr Trochowski im letzten WM-Test von Beginn an auf dem Rasen stand. Und noch viel mehr wären überrascht, wenn er auch gegen Australien auflaufen würde. Fazit: Unheimlich bemüht, aber oft zu überhastet und ohne klare Aktionen in der Offensive

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Mesut Özil Der Instinktfußballer hatte immer dann Probleme, wenn er nachdenken konnte. Na, Herr Torwart, wo willst du den Ball hinhaben? Links unten? Rechts oben? Durch die Beine? Beim ersten Mal allein vor dem Tor kam noch ein Verteidigerbein dazwischen, beim zweiten Mal traf Özil die Latte. Und am schlimmsten wurde es, wenn er richtig lange zum Überlegen kam: bei Freistößen und Eckbällen. Löw sollte sich schleunigst nach einem anderen Standardschützen umsehen. Aus dem Spiel heraus aber mit enormem Vorwärtstrieb, immer wieder Ausgangspunkt von erfolgreichen Kombinationen. In dieser Form Anführer der deutschen Offensive und ein Grund, warum Deutschland doch zu den besten Teams zählen könnte.

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Lukas Podolski Endlich bei seinem Heimatverein angekommen. Köln? Nein, Deutschland! Hatte ein derart enges Trikot bekommen, dass es fast so aussah, als würde es wegen der geschwollenen Podolski-Brust platzen. Der vor Selbstbewusstsein geschwollenen Podolski-Brust selbstverständlich. Konnte seine spielerischen Mängel nicht verbergen, zeigte zwei, drei Stockfehler, für die sich ein Bezirksliga-Spieler schämen würde. Macht aber nichts, denn Podolski wirbelte einfach weiter, drosch die ersten Torchance an die Latte und zog mit seinen Sprints und Dribblings das Spiel auf die linke Seite. Besonders für Kölner Ohren komisch: Podolski spielte gut.

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Miroslav Klose Acht Ballkontakte zählten die Statistiker. Acht Ballkontakte! Das sind weniger als ein DFB-Torwart bei einem Heimspiel gegen Liechtenstein bekommt. Miroslav Klose scheint so weit von einer Löw'schen WM-Form entfernt wie Andreas Beck von seiner ersten WM. Lamentierte schon nach wenigen Minuten über schlechte Flanken und ungenaue Pässe, strahlte aber selbst die Präsenz eines Fliegengewichtlers zwischen den Klitschko-Brüdern aus. Der Bundestrainer erlöste den Bayern-Stürmer zur Halbzeit mit der Auswechslung. Löw wird es sehr schwer haben, seinen Lieblingsstürmer in der Mannschaft zu halten. Nach dem Spiel darauf angesprochen, reagierte der Schwarzwälder allerdings ungewohnt sauer: "Selbstverständlich ist der Miro ein wertvoller Spieler."

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Cacau Kam, rannte, kämpfte, spielte - und siegte. Nicht zum ersten Mal in diesem Jahr, dass der eingebürgerte Brasilianer als bester deutscher Stürmer bewertet werden muss. Weil er für den unsichtbaren Klose als einzige Spitze kam, fiel die kraftvolle Leistung Cacaus dreifach auf. Schlug sich vor dem 1:1 durch gefühlte zwölf Zweikämpfe, bevor Lahm an den Ball kam. Zerschnitt kurz darauf per Doppelpass mit Özil (Lattentreffer) die bosnische Defensive. Seine Mischung aus brasilianischer Ballfertigkeit, deutscher Wucht und Ich-will-in-das-Team-Aggressivität ist ein nervtötender Schmerz für die Abwehrreihen dieser Welt. In dieser Form und angesichts der Verfassung von Klose und Gomez unverzichtbar.

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Thomas Müller Bundestrainer Löw wollte sich zuerst partout nicht zu einzelnen Spielern äußern. Zu Thomas Müller aber sagte er sofort: "Er war sehr gut." Wie schon im letzten Saisondrittel wirkte der 20-Jährige nach seiner Einwechslung enorm selbstbewusst, brachte von der rechten Außenbahn die bosnische Abwehr immer wieder mit seinem unerschrockenen Tempospiel aus der Fassung. Suchte wie immer den direkten Weg in den Strafraum, was einmal zum Elfmeterfoul an ihm vor dem 3:1 führte. Auch die Australier werden mit ihm keinen Spaß haben.

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Marko Marin Der dritte Einwechsel-Gewinner des Spiels. Dabei wurde er von den bosnischen Fans harsch ausgepfiffen, weil Marin zwar im heutigen Bosnien-Herzegowina geboren wurde, sich aber dazu entschied, für Deutschland zu spielen. Kam auf den Platz, wirbelte und dribbelte los. Bekam gleich wieder den Ball, wirbelte und dribbelte weiter - der bosnische Gegenspieler konnte sich nur mit einem Foul behelfen, was zum ersten Elfmeter und zum 2:1 für die DFB-Elf führte. Im Gegensatz zu Cacau und Müller hat Marin wohl keine Chance auf die Startelf, Marin 2010 wird der Odonkor 2006 werden - die Dribbelwaffe auf dem Flügel, wenn Deutschland in Not ist.

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Mario Gomez Bekam zehn Minuten Spielzeit, wirkte aber ebenso unsichtbar wie sein Bayern-Sturmkollege Klose. Gomez braucht Selbstvertrauen für sein Spiel, und weil Löw unerbittlich Klose vorzieht und Cacau unerbittlich gute Leistungen zeigt, kann Mario Gomez keine gute WM spielen.

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Toni Kroos Seine Einwechslung drei Minuten vor Schluss war ein Zeichen des Bundestrainers: Lass dich nicht hängen, du bist dabei, ich brauche dich. Mehr nicht.

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Serdar Tasci Seine Einwechslung drei Minuten vor Schluss war ein Zeichen des Bundestrainers: Lass dich nicht hängen, du bist dabei, ich brauche dich. Mehr nicht.

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