Deutsche Eishockey Liga:Harmlos im stinkenden Raum

Lesezeit: 2 min

Zum siebten Mal nacheinander verliert der EHC München ein Spitzenspiel gegen die Adler Mannheim. Doch diesmal steht das 1:5 exemplarisch für eine neue Schwäche der Bayern: Im internationalen Wettbewerb spielen sie offensiv zielgerichtet, in der Deutschen Eishockey Liga seit Wochen unkonzentriert.

Von Christian Bernhard, München

Don Jackson wirkte erstaunlich gefasst. Es gebe viele Dinge, "die wir gut machen", sagte der Trainer des EHC Red Bull München am Sonntagabend. Man merkte ihm also nicht unmittelbar an, dass er gerade mal wieder etwas zu erledigen hatte, was er zuletzt nach Spielen gegen die Adler Mannheim regelmäßig machen musste: eine Niederlage kommentieren. 1:5 verloren die Münchner das Spitzenspiel der Deutschen Eishockey Liga (DEL), es war die siebte Niederlage in Serie gegen Mannheim, gegen den größten Rivalen der vergangenen Jahre.

Jacksons besonnener Auftritt war nachvollziehbar. Der 65-jährige US-Amerikaner ist erfahren genug, um zu erkennen, wann er in der Außenkommunikation laut werden muss, und wann es besser ist, die leisen Töne anzuschlagen und positive Dinge hervorzuheben. Offenbar sieht er jetzt die Zeit für einfühlsames Coaching angebrochen, denn für die Münchner lief es zuletzt nicht nur gegen Mannheim schlecht. Von seinen neun bisherigen Ligaspielen im Dezember hat der EHC nur zwei gewonnen. Er ist nicht mehr Tabellenführer, sondern nur noch Vierter.

Eishockey-Mannschaften, auch so talentierte wie jene der Münchner, durchleben immer wieder mal Schwächephasen - und wenn der Spielplan so eng getaktet ist wie im Moment, kann das schnell größere Auswirkungen haben. Die Münchner schwächeln gleichwohl nur in der heimischen Liga, das ist durchaus interessant. In der Champions Hockey League (CHL) steht das Team von Jackson nach Erfolgen gegen Top-Mannschaften aus der Schweiz und aus Finnland als einziger deutscher Vertreter im Halbfinale. Das, was den Münchnern in der CHL wie auf Knopfdruck gelingt - defensiv konzentriert und offensiv zielgerichtet aufzutreten -, lassen sie in der heimischen Liga seit Wochen vermissen. Erst kürzlich hatte Jackson erklärt, was seine Mannschaft in den europäischen K.o.-Spielen auszeichnet: "Jeder hat das Ego hinten angestellt und genau das gemacht, was nötig war, um das Spiel zu gewinnen." Er hoffe, sagte Jackson, seine Spieler würden diese Geisteshaltung mit in die Liga nehmen. Bislang hofft Jackson vergebens.

In Mannheim tat sich der EHC im Startdrittel gegen die diszipliniert verteidigenden Mannheimer schwer, Torchancen zu kreieren - die beiden besten vereitelte der laut Adler-Trainer Pavel Gross "überragende" Felix Brückmann. Nach dem 1:1 von Frederik Tiffels (22.) erspielten sich die Münchner mehr gute Torchancen, doch obwohl es im Mannheimer Slot, dem Raum direkt vor dem Tor, "manchmal schon richtig gestunken" habe, wie Gross die teilweise guten Münchner Offensivbemühungen indirekt lobte, gelang dem EHC kein weiterer Treffer. Sinnbildlich für die Münchner Abschlussschwäche stand das Überzahlspiel. Gegen die Adler bekam der talentierte Münchner Offensivverbund, der im Gegensatz zu den Mannheimern verletzungsfrei ist, zehn volle Powerplay-Minuten, blieb aber torlos. Das Auslassen der Überzahlmöglichkeiten "zieht sich wie ein Faden durch die letzten Spiele", sagte Tiffels. Jackson fand, dass alle Offensivthematiken derzeit relevant seien, es gebe "viele Komplikationen".

Zu den Abschlussproblemen gesellten sich in Mannheim defensive Unaufmerksamkeiten und eine physische Unterlegenheit. Bei Dennis Reuls 2:1 (24.) bekamen die Münchner den Raum an der Blauen Linie nicht mehr geschlossen, Tim Wohlgemuths 3:1 (36.) fiel nach einem schnellen Konter. "Wenn wir was zulassen, sind es oft sehr hochkarätige Torchancen", erklärte Kapitän Patrick Hager. Mittlerweile sieben Spiele in Serie mit mindestens drei Gegentoren verdeutlichen, dass der EHC auch im Spiel ohne Scheibe großes Verbesserungspotential hat. Auch dem 4:1 von Jordan Szwarz (46.) ging ein verlorener EHC-Zweikampf hinter dem eigenen Tor voran. "Wir haben zu Beginn der Partie einige Zweikämpfe verloren, speziell von Schlüsselspielern", sagte Jackson. Zwei krachende, aber faire Checks von David Wolf an Hager und Trevor Parkes standen stellvertretend für die körperliche Dominanz der Adler und untermauerten, dass die Mannheimer den Münchnern in den vergangenen Duellen unter die Haut gegangen sind.

In den kommenden Tagen muss der EHC noch dreimal in der DEL ran, ehe er am 4. Januar die Finnen von Tappara Tampere zum CHL-Halbfinal-Hinspiel empfängt. Vielleicht bringt ihn die Aussicht auf die geliebte europäische Luft wieder in die Spur zurück.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: