Der Spieltag in der Übersicht:Leipzig macht die Herbstmeisterschaft klar

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Abschied mit inoffiziellem Titel: Leipzigs Spieler dürfen als Herbstmeister in die Winterpause gehen. (Foto: Ronny Hartmann/AFP)

Gegen den FC Augsburg behalten die Leipziger trotz Rückstand einen kühlen Kopf und sichern sich zum ersten Mal in ihrer Geschichte den "Titel" als Herbstmeister.

Von Felix Haselsteiner und Lisa Sonnabend

RB Leipzig - FC Augsburg 3:1 (0:1) ; Tore: Niederlechner (8.), Laimer (68.), Schick (80.), Poulsen (89.)

Dass der FC Augsburg an diesem Samstag nicht um die Herbstmeisterschaft mitspielte, lag allein am miserablen Saisonstart des schwäbischen Klubs. Denn in den vergangenen Wochen überraschten die Augsburger die Liga, fünf der letzten sechs Spiele hatten sie gewonnen - und auch Leipzig überrumpelten sie kurz nach dem Anpfiff. In der 8. Minute traf der emsige Florian Niederlechner nach einer hübschen Flanke von Marco Richter.

Wie ein Herbstmeister spielte Leipzig an diesem Nachmittag lange nicht. Gleich vier Spieler hatte Trainer Julian Nagelsmann im Vergleich zum 3:3 gegen den BVB ausgetauscht und brachte damit das Team aus dem Gleichgewicht. Nach und nach steigerte sich Leipzig allerdings, sie erspielten sich Chance um Chance, doch es fehlte die Routine. Nagelsmann wartete bis zur 65. Minute, ehe er die Stütze Marcel Sabitzer einwechselte. Die Wirkung folgte prompt: Konrad Laimer nahm dem verdutzten Jan Moravek am Strafraum den Ball weg - und schlenzte den Ball aus etwa 15 Metern ins Tor. Nach einer Ecke stand dann wenig später Patrik Schick unbewacht da - und köpfelte ins Tor. Der Tscheche zog sich das Trikot aus, sah Gelb. Doch das war ihm natürlich egal: Er hatte die Herbstmeisterschaft für Leipzig klargemacht. Kurz danach traf auch noch Yussuf Poulsen. Am Abend spielt Gladbach, das nur drei Punkte in der Tabelle zurückliegt, aber 13 Tore weniger hat. Die Leipziger konnten die Herbstmeisterschaft bereits ausgelassen feiern.

FC Bayern - VfL Wolfsburg 2:0 (0:0), Tore: Zirkzee (86.), Gnabry (89.)

Beim FC Bayern scheint man sich in dieser letzten Bundesligawoche vor Weihnachten auf einen favorisierten Spielverlauf festgelegt zu haben: Wie schon am Mittwochabend gegen Freiburg taten sich die Münchner gegen starke Wolfsburger lange Zeit schwer, hätten gar in Rückstand geraten können - und entschieden die Partie dann spät mit einer zum vergangenen Spieltag fast identischen Geschichte: Joshua Zirkzee, Stürmer der zweiten Mannschaft und vor allem aufgrund einer verletzungsbedingten Alternativlosigkeit spät eingewechselt, entschied auch die zweite Bundesligapartie seiner Karriere mit einem in bester Stürmermanier erzielten 1:0. Kurz darauf legte Serge Gnabry - wie in Freiburg - das 2:0 nach, fixierte damit den nächsten Bayern-Sieg, der die Münchner nun mit der doch recht passablen Bilanz von vier Punkten Rückstand auf den Herbstmeister aus Leipzig Weihnachten feiern lässt.

Hertha BSC - Borussia Mönchengladbach 0:0

Das letzte Topspiel des Jahrzehnts hatte seinen Namen nicht verdient. Hertha und Gladbach lieferten sich am Samstagabend ein zähes Duell. Die ersten 45 Minuten verbrachte die Borussia im Winterschlaf, Jürgen Klinsmanns Team war immerhin etwas mutiger - Eduard Löwen traf in der 22. Minute bei einem Freistoß die Latte. Nach der Pause wurde der Tabellenzweite etwas aktiver, doch die Hertha hielt dagegen. Ein Tor fiel an diesem Abend in Berlin nicht mehr. Gladbach überwintert als Tabellenzweiter - mit nur noch zwei Punkten Vorsprung vor dem FC Bayern.

1. FC Köln - Werder Bremen 1:0 (1:0), Tor: Cordoba (39.)

Eine veränderte Herangehensweise hatte Werder-Trainer Florian Kohfeldt nach dem schockierenden 0:5 im Heimspiel gegen Mainz unter der Woche angekündigt, in Bremen spielt man offiziell gegen den Abstieg: Prompt stand mit dem 1. FC Köln ein direkter Konkurrent um den Klassenverbleib vor den Bremern, die auf den Schönspieler-Ansatz verzichteten und kämpften - mit eher dürftiger Erfolgsbilanz. 0:1 unterlag Werder bei den Rheinländern und lieferte vor allem in der ersten Halbzeit (38 Prozent Zweikampfquote) eine in allen Belangen schwache Leistung ab. Die Steigerung kam zwar in der Halbzeit, wurde aber nicht mehr belohnt: Einmal traf Milot Rashica die Latte, dann stand Claudio Pizarro bei seinem Treffer in der 84. Minute knapp im Abseits. Bremen bleibt damit in der Krise - und hat nun drei Punkte Rückstand auf den 1. FC Köln.

FSV Mainz 05 - Bayer Leverkusen 0:1 (0:0), Tor: Alario (90.+3)

Kevin Volland konnte am Samstagnachmittag zum ersten Mal seit dem 6. November wieder ein Tor bejubeln und genoss seinen Treffer zum 1:0 in der 65. Minute gegen Mainz 05 sichtlich, ein breites Lächeln auf dem Gesicht. Einige Minuten (!) später musste Volland sein Lächeln durch eine etwas versteinerte Mine ersetzen: Videoschiedsrichterin Bibiana Steinhaus hatte vor dem Tor ein Handspiel von Nadiem Amiri erkannt, eine strittige Entscheidung.

Vier Minuten später versteinerte sich Vollands Mine erneut, als sein Mannschaftskamerad Wendell die gelb-rote Karte sah und das Spiel aus Sicht der Leverkusener noch einmal erschwerte: Mainz witterte nun seine Chance, es entwickelte sich ein offenes Spiel in der Schlussphase, allerdings mit besserem Ausgang für Leverkusen. Lucas Alario traf in der dritten Minute der Nachspielzeit zum 1:0 und rettete Bayer so gerade noch vor einem Punktverlust. Volland konnte wieder lachen.

Schalke 04 - SC Freiburg 2:2 (1:0) ; Tore: Serdar (27.), Petersen (54.), Grifo (67.), Kutucu (80.)

Die Anhänger vom FC Schalke können mit dem Verlauf der Hinrunde mehr als zufrieden sein, dennoch herrschte beim letzten Heimspiel vor der Winterpause gegen den SC Freiburg zunächst Stille. Am Mittwoch war ein Schalke-Ultra auf dem Weg zur Partie gegen Wolfsburg verstorben, schon während dieser Partie hatten beide Fanlager eindrucksvoll gemeinsam geschwiegen. Am Samstag erhoben sich nach wenigen Minuten dann wieder die Fangesänge, in der 27. Minute wurde es richtig laut: Schalke konterte, Benito Raman passte zielsicher, Suat Serdar donnerte den Ball aus kurzer Distanz ins linke Eck.

Laut wurde es aus nach der Halbzeitpause - aus Protest. Freiburg bekam einen Elfmeter zugesprochen, Nils Petersen verwandelte abgeklärt. Keine Viertelstunde später gab es erneut Elfmeter für Freiburg: Diesmal hob Vincenzo Grifo den Ball kunstvoll in die Tormitte. Doch in der 80. Minute hämmerte der Schalker Ahmet Kutucu den Ball von der Strafraumlinie ins Tor. Das Stadion in Gelsenkirchen jubelte wieder. Schalke überwintert auf dem vierten Tabellenrang, punktgleich mit dem BVB, nur das Torverhältnis ist schlechter.

Torschütze des Spieltages: Joachim Löw galt bislang als uneingeschränkter Anhänger von Nils Petersen, er berief den Freiburger Stürmer sogar in den vorläufigen WM-Kader. Doch nun dürfte sich das Verhältnis zwischen den beiden etwas abkühlen: Nils Petersen hat nämlich mit seinem Elfmetertor gegen Schalke den Freiburger Tor-Rekord vom Bundestrainer eingestellt. Löw erzielte 83 Treffer für den SC, Petersen hat nun gleich viele erzielt. Der 30-Jährige brauchte dafür aber deutlich weniger Pflichtspiele.

Idee des Spieltages: Günter Netzer betrieb Anfang der Siebziger die legendäre Diskothek "Lovers' Lane" in Mönchengladbach, Lukas Podolski baut sich derzeit im ausgehfreudigen Köln ein Döner-Imperium auf und Kevin Großkreutz besitzt ein Restaurant namens "Mit Schmackes" in Dortmund. Schon bald könnte ein weiterer Fußballer, den es in die Gastronomie zieht, hinzukommen. Allerdings an einem ungewöhnlichen Ort. Der Schweizer Nationalspieler Admir Mehmedi, Sohn eines Pizzabäckers, sagte in einem Interview mit dem T-Online-Portal: "Vielleicht mache ich nach meiner Karriere selber ein Restaurant hier in Wolfsburg auf." Warum ausgerechnet in der grauen, unscheinbaren Stadt an der Aller? "Ich fühle mich sehr wohl und gut aufgehoben hier in Wolfsburg", meinte der Angreifer. Was er an der Autostadt schätzt? "Die Wege in Wolfsburg sind kurz." Bleibt nur zu hoffen, dass sein Lokal dann nicht so leer bleibt wie das Stadion bei VfL-Spielen, die unter der Woche stattfinden.

© SZ vom 22.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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