DEL:Dort, wo es weh tut

Lesezeit: 3 min

"Wir spielen richtig mannschaftsdienliches Eishockey": Straubings Sandro Schönberger (Mitte) verkörpert den Einsatzwillen der Tigers zurzeit besonders gut. (Foto: Eva Fuchs/imago)

Nach ihrem mäßigen Saisonstart haben die Straubing Tigers ihre Linie gefunden und belohnen sich am Wochenende mit sechs Punkten - angeführt von Kapitän Sandro Schönberger.

Von Christian Bernhard

Es ist noch nicht lange her, da stand ein stinksaurer Sandro Schönberger auf dem Eis. "Ich kann es nicht fassen", schimpfte der Kapitän der Straubing Tigers Anfang Oktober noch während der Auswärtspartie bei den Grizzlys Wolfsburg, "mir fehlen einfach wieder die Worte." Schönberger war mit der Art und Weise, wie seine Mannschaft auftrat, überhaupt nicht einverstanden. "Wir spielen völlig unreif", klagte er nach dem Mitteldrittel, "keine Ahnung, was uns da wieder in den Kopf gefahren ist." Der verbale Ausbruch des Kapitäns zeigte, wie tiefgründig die Straubinger Probleme damals waren. "Wir haben gerade viel zu viele Passagiere an Bord", betonte der 34-Jährige - und stellte sogar die Einsatzbereitschaft einiger Teamkollegen infrage: "Wir müssen da hingehen, wo es weh tut, das machen einfach nicht alle." Am Ende jener Partie stand die sechste Tigers-Niederlage in Serie zu Buche. Die mit reichlich Vorschusslorbeeren in die Saison gestarteten Niederbayern hingen im Tabellenkeller der Deutschen Eishockey Liga (DEL) fest.

Seit Schönbergers Eruption ist etwas mehr als ein Monat vergangen. Tabellarisch hat sich seitdem aus Straubinger Sicht nicht wirklich viel getan, sie gingen am Sonntag als Tabellenelfter und damit weit hinter ihren Ansprüchen in das letzte DEL-Spiel vor der Deutschland-Cup-Pause. Doch am Auftreten der Niederbayern hat sich einiges verändert. "Wir sind wieder richtig in Fahrt gekommen", sagte Schönberger am Ende eines erfreulichen Straubinger Sonntages bei Magentasport und fügte einen Satz an, der ihm mit am wichtigsten sein dürfte: "Wir spielen richtig mannschaftsdienliches Eishockey." Diese Art von Eishockey bescherte den Straubingern das erste Sechs-Punkte-Wochenende ihrer Saison. Auf einen 5:0-Heimsieg gegen die Iserlohn Roosters am Freitag ließen sie am Sonntag, ebenfalls zu Hause, einen 4:2-Erfolg über die Kölner Haie folgen, die zuvor fünfmal nacheinander gewonnen hatten.

Gehörigen Anteil am erfolgreichen Wochenende hatte Sandro Schönberger. Seinen zwei Toren gegen Iserlohn ließ er am Sonntag einen weiteren Treffer folgen. Es waren seine Saisontore Nummer vier, fünf und sechs - der Kapitän ging diesmal nicht nur mit Leidenschaft und Einsatzwillen voran, sondern auch in Sachen Abschlussstärke. Schönberger, der in der Liga nicht als regelmäßiger Scorer bekannt ist, hat damit jetzt bereits so viele Saisontore auf seinem Konto wie in der torreichsten seiner vorangegangen sechs Spielzeiten. Auf seinen Lauf angesprochen, musste er erst mal lachen - ehe er grinsend und ironisch meinte: "Zum Punktemachen bin ich da, das weiß jeder." In den Mittelpunkt stellte er sich trotz seines Drei-Tore-Wochenendes nicht. Er sei froh, dass er der Mannschaft auch so helfen könne, erklärte er.

"Nix passiert", sagt Schönberger über die Wunde unter seinem Auge; die sei eben kurz "zammgenäht" worden

Schönbergers Tore an diesem Wochenende zeigten seine Vielfältigkeit und Routine. Gegen Iserlohn erzielte er sein erstes, indem er den Schoner des Roosters-Torhüters Hannibal Weitzmann aus spitzem Winkel clever anschoss. Freitagstreffer Nummer zwei gelang ihm sehenswert mit der Rückhand. Sein Tor gegen die Haie charakterisierte seinen Eishockeystil am besten: In einem Getümmel vor dem Kölner Tor stocherte er die Scheibe nach einigem Hin und Her zum 3:1 über die Torlinie (38.) - der Arbeiter Schönberger schuftete sie ins gegnerische Tor. Das kam beim Straubinger Publikum gut an, das ihn schon im Mitteldrittel mit Sprechchören feierte, als der Stadionsprecher verkündete, dass es Schönbergers 150. DEL-Scorerpunkt war.

Neben dem Kapitän waren am Sonntag auch Tim Brunnhuber (15.), Taylor Leier (36.) und T.J. Mulock (46.) für die Niederbayern erfolgreich. Darüber konnte sich Tigers-Trainer Tom Pokel besonders freuen, denn damit kam der Sieg gegen die formstarken Kölner auch ohne Scorer-Beteiligung seiner zwei Top-Angreifer Jason Akeson und Mike Connolly zustande. Diesmal lieferten die Arbeiter aus der dritten und vierten Angriffsreihe. Und wie es sich für solche gehört, schonten sie sich nicht - allen voran Sandro Schönberger. Beim Interview direkt nach Spielende fiel als Erstes eine Wunde knapp unter seinem linken Auge auf. Die Spur eines gegnerischen Schlägers, den er im Startdrittel ins Gesicht bekommen hatte. Die Wunde sei daraufhin "kurz zammgenäht" worden, erklärte Schönberger stoisch, "alles gut, nix passiert".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: