DEL:84 Sekunden zur Fortsetzung einer Ewigkeit

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Frederik Tiffels (Foto: Heike Feiner/imago)

Fast fünf Jahre lang hat der EHC Red Bull München kein Heimspiel mehr gegen die Kölner Haie verloren. Am Sonntag musste er zumindest um diese Serie zittern.

Von Christian Bernhard

Uwe Krupp zögerte keine Sekunde, seine Geste in Richtung der Unparteiischen war unmissverständlich. Er wollte eine Auszeit, und er bekam sie. In dieser versuchte der Trainer der Kölner Haie seine Spieler zu beruhigen, denn das, was denen direkt davor widerfahren war, war ziemlich wild. 2:0 führten die Haie am Sonntagnachmittag beim EHC Red Bull München, alles lief nach Plan für die Domstädter. Doch 84 Sekunden reichten den Münchnern, um daraus eine Führung zu machen - und Krupp notgedrungen auf den Plan zu rufen. Am Ende eines wilden Eishockeyspiels siegte der EHC in der Münchner Olympia-Eishalle mit 6:4 (0:0, 4:3, 2:1) und schloss das Auftaktwochenende in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) mit dem zweiten Sieg ab. Am Donnerstag hatte er bei Meister Berlin mit 4:1 gewonnen. "Das war ein hartes Stück Arbeit", sagte Maximilian Kastner bei Magentasport. "Heute haben wir gesehen, dass wir noch ein bisschen Arbeit vor uns haben. Wir müssen defensiv kompakter stehen."

Die Münchner waren schon mit einem sehr guten Gefühl in ihr erstes DEL-Heimspiel vor Publikum seit 555 Tagen gegangen. 15 Mal in Serie hatten sie gegen die Haie gewonnen, die letzte Heimniederlage gegen die Rheinländer geht auf den 1. Januar 2017 zurück - im prall gefüllten DEL-Spielkalender sind knapp fünf Jahre eine kleine Ewigkeit. Damals steuerte noch der heutige EHC-Kapitän Patrick Hager einen Treffer für die Kölner zum 2:1-Auswärtssieg bei.

Nun kennt auch Frederik Tiffels das Gefühl, gegen Köln zu gewinnen

Diesmal stand Frederik Tiffels im Fokus. Der neue EHC-Stürmer traf erstmals auf die Haie, für die er die vergangenen drei Jahre gespielt hatte. Der Nationalspieler sprach von einem "aufregenden" Gefühl, er werde heute "das ein oder andere Mal noch Hallo sagen", sagte er vor der Partie. Sein erstes Hallo auf dem Eis hatte es gleich in sich: In Minute vier kam er zentral vor dem Haie-Tor zum Abschluss und schlenzte die Scheibe an den rechten Pfosten von Kölns Torhüter Tomas Pöpperle, der Justin Pogge im Kölner Kasten ersetzte, welcher am Freitag gegen Wolfsburg 96 Prozent der Schüsse auf sein Tor abgewehrt hatte. Bis auf diese Topchance ließen die Gäste in der Anfangsphase wenig zu, da sie die Münchner phasenweise selbst unter Druck setzten - meist mit Schüssen von der Blauen Linie, die für EHC-Torwart Danny aus den Birken problematisch waren, weil ihm regelmäßig die Sicht versperrt wurde.

Es entwickelte sich schnell ein "relativ offener Schlagabtausch", wie Haie-Stürmer Lucas Dumont, der freistehend vor aus den Birken das Tor verfehlte (10.), es bezeichnete. Die Abschlusspräzision fehlte im Startdrittel auf beiden Seiten, auch Tiffels verfehlte den Kasten in Überzahl bei seinem Rückhand-Nachschuss aus kurzer Distanz (17.). Im Mitteldrittel wurde aus dem Schlagabtausch ein Torfestival. Verteidiger Moritz Müller (26.) und Landon Ferraro nach einem Fehler von Zach Redmond (29.) brachten die Kölner mit 2:0 in Führung - und provozierten damit eine heftige EHC-Reaktion. Innerhalb von nur 84 Sekunden drehten Ben Street (30.), Redmond (31.) und Austin Ortega (32.) mit ihren Toren die Partie zugunsten der Münchner. Kurz nach dem 3:3 von Andreas Thuresson (38., Überzahl) war es erneut Redmond, der ebenfalls in Überzahl ein schickes Zuspiel von Tiffels zum 4:3 verwertete (40.).

Die Haie waren am Freitag mit einem 2:1-Heimsieg nach Verlängerung gegen die Grizzlys Wolfsburg in die neue Saison gestartet. Maury Edwards, einer der offensivstärksten Verteidiger der Liga, markierte in der Verlängerung den Siegtreffer. Trainer Krupp war nicht nur wegen der zwei Punkte gegen den Vorjahrsfinalisten zufrieden. Seine Spieler hätten "gekämpft, Druck gemacht, waren gut im Forechecking, haben Einsatz gezeigt und gut im eigenen Drittel gespielt", sagte er. In München konnten die Haie ihre Defensivkonzentration nicht hoch genug halten, wovon auch Tiffels profitierte: Per Nachschuss markierte er das 5:3 (44.), ins leere Tor dann das 6:4 (60.). Jetzt kennt auch er das Gefühl, das für die Münchner mittlerweile zur Normalität geworden ist: gegen Köln zu gewinnen.

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