Start der Darts-WM:Nur eine betrübliche Eintagesparty

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Normalerweise ein buntes Spektakel - aber diesmal ist bei der Darts-WM das Gedränge verboten. Von Dienstag an lässt die Professional Darts Corporation immerhin 1000 Zuschauer in die Halle. (Foto: John Walton/dpa)

Seltsames Szenario bei der Darts-WM: Am Dienstag dürfen die Fans im Ally Pally zugucken, zumindest an Vierertischen und ohne Kostüme. Danach gehen die Geisterspiele weiter.

Von Sven Haist, London

Um sein Publikum hat der Dartssport nie wirklich werben müssen. Seitdem es die stets am Jahresende stattfindende Weltmeisterschaft ins Bewusstsein der Leute geschafft hat, reißen sich jeden Sommer die Fans um die Eintrittskarten. Sobald diese zu kaufen sind, sind sie schon wieder vergriffen, obwohl noch nicht mal die Teilnehmer feststehen. Wer wann wie die Pfeile wirft, ist nebensächlich. Eine feuchtfröhliche Sause ist im Alexandra Palace von London - Kosename: "Ally Pally" - eigentlich immer garantiert.

So ziemlich jeder Partygänger, der etwas auf sich hält, will einmal im Nachtclub-ähnlichen Ally Pally einen drauf gemacht haben, und wer dies mal erlebt hat, kommt meist dorthin zurück. Und obwohl nun eine Pandemie überall den Stecker fürs Publikum zieht, hätten es die WM-Organisatoren fast geschafft. Dank eines Hygienekonzepts durfte die Professional Darts Corporation (PDC) für die am Dienstag beginnende WM immerhin bis zu 1000 der sonst circa 2500 Zuschauer in den Saal lassen, im Rahmen des Programms "Schritt 5 - Rückkehr zum Leistungssport".

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Das Problem dabei: Schon am nächsten Tag bleiben die Zuschauer wieder draußen. Denn Londons Corona-Risiko ist ab Mittwoch kurzfristig auf Stufe drei gewertet worden, womit viele Lockerungen wieder aufgehoben sind. Wie es aussieht, wird es eine Eintagsparty.

Verkleiden ist auch verboten. Ausnahme: der im Dezember beliebte Weihnachtspulli

Immerhin, London bekommt am Dienstag einen kurzen Eindruck davon, wie die Corona-Darts-WM mit Zuschauern ausgesehen hätte. Und wahrscheinlich ist dieser Anblick ohnehin eher betrüblich, denn er hätte mit der feuchtfröhlichen Sause im Ally-Pally nichts zu tun.

Seit Monatsbeginn konnten Fans einen Tisch für vier Personen buchen. Die Besucher müssen dabei aus demselben Haushalt stammen - oder eine feste Support Bubble bilden, die nicht gewechselt werden darf. Und sie müssen aus jenen mit "Stufe 1" oder "Stufe 2" klassifizierten Gegenden des Königreichs stammen, in denen die Infektionszahlen einigermaßen unter Kontrolle sind. Für einen Tisch belaufen sich die Preise auf bis zu 280 Pfund (308 Euro) plus Mehrwertsteuer, kostengünstige Einzelkarten sind diesmal nicht erhältlich. Und während sich die Zuschauer bisher an Biertischen quasi gegenseitig auf dem Schoß saßen wie beim Oktoberfest, gleicht der Grundriss für diese Auflage eher einem riesigen Klassenzimmer: 239 Vierertische, vorschriftsgemäß separiert und verteilt auf zwei abgetrennte Bereiche, die über eigene Eingänge ("Palm Court" und "Rose Window") verfügen.

Jeder Besucher erhält eine bestimmte Einlasszeit. Zudem gilt Maskenpflicht, außer am Tisch. Im Vorraum fehlen die hoch frequentierten Imbissbuden, in denen hauptsächlich Bier, Burger, Bier, Pizza und Bier verkauft wurden. Den Bedarf deckt nun eine App auf dem Mobiltelefon ab, jede Bestellung wird an den Sitzplatz geliefert. Doch während Pubs und Restaurants auf der Insel in Regionen der Corona-2-Stufe Alkohol nur in Verbindung mit einer reichhaltigen Mahlzeit anbieten dürfen, ist das Dartsturnier von dieser Regelung ausgenommen. Bier gibt es also weiter.

Neben dem gesetzten Gabriel Clemens starten in Max Hopp und Nico Kurz drei deutsche Spieler

Bisher bestand die Anziehungskraft des Turniers darin, dass die PDC den Fans ein Verhalten durchgehen ließ, das im Alltag kaum geduldet werden würde. Umso mehr fällt jetzt auf, was in diesem Jahr alles untersagt ist. Der Weltverband hat angekündigt, jedem kostümierten Zuschauer den Zugang zu verwehren (Ausnahme: der in England beliebte Weihnachtspulli). Singen und Schreien sind ebenso verboten wie das Interagieren mit anderen Zuschauern. Die Einschnitte treffen das Turnier wie eine Diskothek, in der nicht getanzt werden darf.

Doch ohne sich selbst nach Lust und Laune austoben zu können, kann es im Ally Pally schnell eintönig werden. Zumal nun womöglich doch dem ein oder anderen auffallen wird, dass die Attraktivität des Teilnehmerfelds auch nicht mehr das ist, was sie mal war.

Titelverteidiger und Favorit: Der Schotte Peter Wright ist eines der Zugpferde für die auf ein Preisgeld von zweieinhalb Millionen Pfund angesetzte Darts-WM 2021. (Foto: Steven Paston/dpa)

Rekordweltmeister Phil Taylor hat seine letzten Pfeile vor drei Jahren geworfen; zwei Saisons später folgte ihm der beliebte Raymond van Barneveld in den Ruhestand. Als Zugpferde für die auf ein Preisgeld von zweieinhalb Millionen Pfund angesetzte WM 2021 gelten Titelverteidiger Peter Wright und der Weltranglistenerste Michael van Gerwen. Neben dem gesetzten Gabriel Clemens stehen in Max Hopp und Nico Kurz drei deutsche Pfeilwerfer im Tableau.

Am 23. Dezember soll die Zuschauer-Sperre noch einmal überprüft werden, vielleicht geht dann noch etwas, doch es bleibt fraglich. Der Großteil der Einnahmen ist ohnehin schon verloren, wobei der Kartenvorverkauf ohne die Fanscharen aus Deutschland und den Niederlanden ohnehin sehr schleppend ausgefallen wäre. Für die PDC wäre das Turnier in London eine wichtige Einnahmequelle gewesen, so bietet es vielleicht noch hochklassigen Darts-Sport.

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